Dienstag, 1. Oktober 2019

Kairo, 19.September 2019

Problemen bei meiner Ankunft mitten in der Nacht. Bei der Gepäckkontrolle in Kairo sind meine rund 120 Operationsbestecke, die ich für die Katzenklinik geschenkt erhalten habe, auffällig auf den Röntgenbildern sichtbar geworden. Der ganze Rucksack wird auseinander genommen, die Spritzenpackungen aufgerissen, sogar sterile Fadenpackungen, die ich dann dort lasse, weil nicht mehr steril. Ich könnte die Leute am Zoll umbringen. Wenn das so weiter geht in Daresalaam und Sansibar, werde ich wieder einmal gestärkt sein in meiner Abscheu gegen das Beamtentum dieser Länder.

Das grüne Quartier Kairos, in dem die Drosos Stiftung ihren Geschäftssitz hat
Um vier Uhr früh dann nochmals kurz ins Bett, dann fahre ich mit meiner Gastgeberin Catherine ins Zentrum von Kairo, wo wir als erstes ein Packet bei ihren Geldgebern, den Leuten der Drosos-Stiftung, abholen. Diese Schweizer Stiftung ist vor allem im nahen Osten und Nordafrika im Bereich Bildung von randständigen oder handikapierten Jugendlichen tätig und unterstützt auch Catherines upcycling Projekt. Als wir ankommen sitzen rund 10 Frauen um den Tisch herum. Auch wir werden zum Essen eingeladen. Es gibt extrem leckere Speisen von einem anderen unterstützten Projekt. Frauen aus einem Armenquartier werden dort im Kochen, in Hygiene und auch im Geschäften unterrichtet. Die Produkte werden an Caterer, Schulen etc. verkauft. Ich kann die Speisen wirklich weiter empfehlen und finde die Idee sehr gut. Einzige Kritik ist, dass zum Verpacken Plastikgeschirr verwendet wird, das ist noch verbesserungsfähig.
links der Schnellstrasse ein bereits etwas älteres Quartier und rechts eines der vielen Militärgelände , die mitten im Siedlungsgebiet platziert sind
Auffällig bei der sehr langen Autofahrt durch diese Grossstadt - 23Mio. Einwohner soll Kairo samt Agglomeration haben - sind die unheimlich vielen neuen Gebäude. Bürotürme und Wohnblocks werden hochgezogen. Auch neue Schnellstrassen und Brücken und eine U-Bahn sind im Bau. Die Strassenränder sind sehr häufig von Mauern und Wachttürmen gesäumt, Militärgelände überall. Viel schlimmer als vor dem Sturz von Mubarak sei es, meint Catherine. Aber die Wahl sei schliesslich auch nur zwischen Pest und Cholera gewesen. - Mir wird erklärt, dass Sissi und seine Entourage noch raffgieriger seien als früher Mubarak, ein Militärcoup eigentlich, der Sturz von Mursi, vom Regen in die Traufe. Woher das Geld genau kommt, weiss man nicht, die Saudis werden das Militär sicher unterstützen, die mochten den Muslimbruder Mursi ebensowenig wie die Amerikaner. All dies passt doch sehr schlecht in unser Bild von dem armen Ägypten, dass wirtschaftlich darbe. Darben tut ein grosser Teil der Einwohner, nicht das Land.

In den engen Gassen der Garbage City
Wir erreichen die garbage city. Eine Autofahrt durch beängstigend enge und holprige Gassen zwischen hohen Häuserzeilen, andauernd müssen wir ausweichen, wenn ein Lastwagen vollgepackt mit sortiertem Abfall entgegenkommt oder einer mit unsortiertem gerade entladen wird. Überall Abfall, der aber, merkwürdig, nicht schmutzig wirkt. Man spürt, das sind Rohstoffe, die Leute haben durchaus ihre Würde, wenn sie in den Abfallhaufen herum wühlen. Die ehemalige koptische Müllhaldengemeinde ist reich und gut organisiert geworden. Die Häuser sind massiv gebaut und schiessen in die Höhe, Platz wird rar, man findet Läden und Kaffees und selbst einen Coiffeur. Muslime, die nun  auch ins Quartier gezogen sind profitieren davon, dass mit dem Chaos in der Regierung hier ohne städtische Planung und Bewilligung gebaut werden kann, es herrscht ein richtiger Bauboom.

Platz wird langsam rar, so wird der Abfall auf die Dächer gehievt und dort oben sortiert.
Catherine, meine Gastgeberin und Hanna, auf dem Dach seines mehrstöckigen Hauses. Im Hintergrund Taubentürme
Wir besuchen Hanna, aus der Gründergeneration der Garbage City. Bereits als Kind habe er mitgearbeitet. Unterdessen hätten vielel der Kinder der ersten Generation gute Schulen besuchen können, ihre Bildung sei entsprechend gut. Er beispielsweise hat begonnen Solarpannels selber zu machen und zu installieren. Er lehrt das nun interessierten Leuten, die mitarbeiten müssen und etwas ans Material bezahlen.

Schweine - Kopten sind Christen - und Ziegen werden auf den Dächern direkt mit dem organischen Abfall gefüttert
Hanna wiederum, hat einen selber gebastelten Biocomposter kreiert. Seine Küchenabfälle sollen ausreichen, damit jeden Tag 2 Stnden gekocht werden kann.
Das Bittere am ganzen jedoch: Vor 8 Jahren wurde Hanna von einer ausländischen NGO nach Schweden eingeladen. Für 3 Wochen eigentlich. Er ist geblieben und hat unterdessen in Schweden eine Aufenthaltsbewilligung. Seine Frau und die beiden Kinder kommt er nur noch ferienhalber besuchen. Nein, mit dieser Regierung: Unmöglich hier erfolgreich ein Geschäft aufzubauen.

Keine Kommentare: