Windböen vertreiben mich
von meinem Hochsitz im TeaHouse, die zwei Rollos, die ich zum Schutz vor Regen
heruntergelassen habe, schlagen wild in der Luft, rasch rolle ich sie wieder
hinauf. Lieber nass drinnen, als dass diese aufwändigen und immer noch nicht
perfekten home made Schutzstoren abgerissen werden. Kein starker Regen, aber solche Sturmböen habe ich hier noch nie erlebt. Lose Teile könnten in
der Luft herum fliegen, das wird mir zu gefährlich, ich flüchte einen Stock
tiefer, und schliesse in meinem
Palastzimmer die Türe und die Fensterläden Richtung Meer. Im Dämmerlicht
schreibe ich nun und höre draussen immer noch dumpfes Donnergrollen. Der Regen
ist ein leichter Landregen geworden, Internet hat es keines. Auch der Strom
fällt nun aus, kein Licht, die Nähmaschine kann ich vergessen, selbst zu düster , als dass man lesen könnte. - Draussen höre ich ein Hämmern,
Kindergeschrei auch wieder. Und rieche den Geruch von frisch zubereitetem
Essen. Die Welt ist doch noch nicht untergegangen.
Das beständige Rauschen des
Regens dämpft den Lärm der Schleifmaschine unseres Nachbarn, er zimmert Möbel.
Ich denke an unseren Nachbarn in Shangani, den ehemaligen deutschen Konsul. Er
hat sich immer über den Möbelschreiner auf der anderen Seite seines Hauses
beklagt. Der beste in ganz Sansibar, meinte er, doch könne er ihn trotzdem
nicht empfehlen. Zu nervig der Lärm. – Nun habe ich hier also auch meinen
Schreiner. Und vertreiben wollen wir die ursprüngliche Bevölkerung des
Quartiers ja nicht, also muss ich mich wohl oder übel daran gewöhnen. Auch
daran, dass viele unserer Nachbarn Nachtmenschen sind, Fernseher, Radio, laute
Gespräche bis tief in die Nacht. – In Shangani war es dafür der Lärm der Discos
und Bars. Oder der Superpower, der wieder einmal sturzbesoffen herumjohlte. Jedem
Quartier sein Übel, bzw. seinen Lärm.
Das graue Wetter drückt auf
die Seele, rheumatische Rückenschmerzen halten auch nicht dagegen, ich denke,
heute ist ein Tag für einen Gin Tonic. Beim Sonnenuntergang, der sich heute
ziert, doch immerhin, der Himmel hat sich etwas geöffnet, sitze ich im
Livingstone direkt am Meer. Die Wellen wüten, ein Getöse, ich bin froh, dass
mein Haus etwas zurückversetzt ist. Laute Brandung erinnert mich immer an einen
Aufenthalt mit dem Sere in Portugal. Der wollte dort wieder einmal „clean
werden“. Vier grässliche Tage, er total deprimierend, ich ebenfalls kraftlos,
in einem Hotel direkt über der Brandung. Und als wir zurück in Lissabon waren,
hat sich der Sere sofort wieder davongeschlichen, der nächste Schuss lockte zu
sehr.
Vor dem Eindunkeln drängen
sich die Strassenverkäufer vor der Absperrung des Livingstone. An Toreros erinnern sie mich, als sie ihre Tücher schwenken um letzte Käufer zu finden. Wie Mosquitos, die
genau um diese Zeit am aufdringlichsten sind.
Recht gut besucht, das
Livingstone, ich bezahle für meinen Gin Tonic 10'000.-TS. Zweimal habe ich
heute gleich viel an Bettler verteilt, das schlechte Wetter, und für denselben
Preis noch einen grossen Regenschirm gekauft. 12'000.- wollte der Mann zuerst,
doch war er sofort mit dem gebotenen Betrag zufrieden, der Erlös war immer noch
gut.
Zwei Männer sitzen wie ich
alleine an einem Tisch und blicken auf das Meer. Einer schwarz, einer weiss,
beide in mittlerem Alter und mit Brille. Und wirken dadurch wie, oder sind
Intellektuelle. Blick in die Ferne, abwesend, an was, wen wohl verloren, ich
fühle mich ihnen verwandt. Die leise Melancholie der Dämmerung.
Auf dem Nachhauseweg werde
ich in den Gassen immer noch freudig begrüsst von Leute, die mir dieses Mal
erstmals begegnen. Balsam für meine Seele.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen