Samstag, 31. Oktober 2020

1.November 2020

Die Hoffnung gestern auf eine Normalisierung war etwas verfrüht, um den Mittag herum ruft die Opposition auf dem Festland zu allgemeinen Demonstrationen am Montag auf. Schon schliessen erste Geschäfte wieder. Offenbar hat man vor allem Angst vor Plünderungen, das Militär, das seien die Schlimmsten.

So gibt es kein normales Wochenende, wie ich es mir gewünscht hätte, man hätte ja auch erst am Montag wieder schliessen können, die Lebensmittel gehen allen langsam aus, doch offenbar ist die Angst grösser. - Ich habe nun ein anderes VPN installiert, das scheint etwas besser zu funktionieren, meine Identität habe ich auf Bosten, USA, eingestellt.


Obwohl den ganzen Tag Ruhe herrscht, abgesehen vom Nachmittag, wo die Kinder lärmend draussen spielen, ertönt in der Nacht wieder laute Musik, ich habe das Gefühl, das es life bands sind. Vor 40 Jahren hätte ich mich wohl auch noch auf den Weg dorthin gemacht. Jetzt stelle  ich gerade einmal  fest - wenn ich wieder kurz wach bin - dass Afrika eine eigenständige Musik entwickelt hat. Das ist keine Kopie von unserer Westlichen, höchstens eine Anlehnung.


Falls mich übrigens jemand erreichen möchte, dann geht das am besten per email. Das hat bisher gut funktioniert. Und zeigt, dass es in Afrika wenig verwendet wird. Hier kommuniziert man über facebook oder WhatApp oder ein anderes Social Medium. Beide werden im Moment immer wieder unterbrochen.

31.Oktober 2020

Der Lukmaan öffnet heute wieder, nach dem Füttern in Vuga gehe ich in den nahegelegenen Baobab Lukmaan. Alles frisch gereinigt, eine Freude, Essen hat es erst wenig, es ist 8 Uhr, Knochen- und Hühner- und Fischsuppe, braune Bohnen und Spinat und frisches Weissbrot. Nicht gerade das, was ich um diese Zeit esse, doch hier beliebte Frühstücksspeisen. Ich gebe mich mit einem Gewürztee mit Milch zufrieden. Die Angestellten sehen zufrieden und ausgeruht aus, ihnen haben die zusätzlichen freien Tage offenbar gut getan. Fast glaube ich eine Freude zu spüren, wieder hier, bei den Kollegen zu sein.


Der Lukmaan ist wieder geöffnet.

Noch wenige Geschäfte sind geöffnet, doch für Sansibar ist es noch früh, die Leute meinen, bis am Montag werde sich die Situation normalisiert haben. Gestern Nacht wurde nochmals von der Regierungspartei tüchtig gefeiert, laute Musik bis früh morgens.

Auf dem Festland sei es auch schlimm gelaufen. Zwar keine Tumulte, doch statt mehr, wie allgemein erwartet, noch weniger Leute der Opposition im Parlament. Alle scheinen vor allem erleichtert zu sein, dass die Wahlen glimpflich verlaufen sind. Wenige Tote, alle in Pemba, dem bekannten Oppositionsherd. 

Freitag, 30. Oktober 2020

30.Oktober 2020

Der Morgen danach.

Ich habe mein Büro im Hyatt Hotel eingerichtet, denn hier funktioniert das Internet immer, selbst meine WhatsApp Nachrichten kommen herein. Die Angestellten sind sehr freundlich, obwohl ich schlecht hierher passe. Allerdings  scheint mir, dass es viele normal nicht 5-Sterngäste hat, die von den tiefen Preisen profitieren wollen.

Bis um 3 Uhr früh habe ich die Anhänger der Regierungspartei feiern hören. Ich bin froh, dass sich das Zentrum der Ereignisse - das erinnert mich an Biel - von der Altstadt in einen nahe gelegenen Vorort verzogen hat, von dort dringt die Musik nur noch leise bis zu mir hinauf. 

Im Mizenghaniquartier hat die Regierung einen neuen Festplatz errichtet. Die neue aber noch vollkommen leere Shopping Mall - keine Mieter bisher - wurde daneben errichtet, das zukünftige Geschäftszentrum der Stadt ist hier geplant. Mehr und mehr verlagert sich auch das Nachtleben. Da habe ich gar nichts dagegen - obwohl hier die Altstadt zu einer reinen Touristenkulisse verkommen könnte.


Um 8 Uhr durchquere ich die Altstadt Richtung Vuga. Eine Katerstimmung frühmorgens. Jetzt um zehn Uhr höre ich bereits wieder den Fischverkäufer in der Gasse hupen, gewohnt Geräusche dringen zu mir hinauf. Die Spannung scheint gewichen zu sein.


Ich bleibe frustriert. Wenn man das Wahlen nennen will. Eine reine Farce! Die Opposition wurde vor und während der Wahlen derartig eingeschüchtert, dass sie gar keine Chance hatte. Und an die Wahlresultate glaubt sowieso niemand. Magufuli scheint auf dem Festland überall - selbst dort wo man die Opposition als sichere Sieger sah - gewonnen zu haben mit mindestens 75%. Der Sansibarische Präsident, ebenfalls von der Regierungspartei, soll 83% der Wählerstimmen erhalten haben. Das sind schon fast Putin-Werte. - Aber ja, die Spannung und die Angst, die in den letzten Tagen die Bevölkerung lähmten, ist etwas gewichen, es bleibt ein Kater, wie nach einem Saufgelage.

Die meisten Läden bleiben noch zu, so auch der Lukmaan. Einzig im Touristenquartier sind Hotels und Restaurants offen, die dort spärlichen Läden bleiben jedoch geschlossen.

29.Oktober 2020

Der Tag danach verläuft ruhig, das Internet funktioniert teilweise, Blogger ja, facebook und WhatsApp hingegen nicht, VPN, eine App die Zutritt zum Darknet verschafft - ich habe sie gestern auf Anraten von Fahmi herunter geladen - hilft mir wenig.

Aus dieser Distanz ist fotografieren problemlos.

Vorbei der Tumult, denke ich schon, dann kurz vor dem Mittagsgebet wieder Schusssalven, die Leute verschwinden in ihre Häuser. Ein Demonstrationszug habe sich im Mkunazini Quartier gebildet und wolle Richtung Michenzani Blocks marschieren. Alle Oppositionsmitglieder werden aufgerufen, dorthin zu gehen. Doch die Demonstration wird rasch aufgelöst, der Nachmittag ist wieder ruhig. Nach 5 Uhr gehe ich hinaus, dem Meer entlang in die Forodhani Gardens, die hungrigen Katzen füttern, dort war nun zwei Nächte überhaupt nichts los. Als ich beim Eindunkeln nach Hause komme, sammeln sich auf der Rückseite unserer Hauses die jungen Leute, die dort immer Haschisch rauchen, und plötzlich ertönt laute Musik. Die Wahlergebnisse für Sansibar seien heraus gekommen, der Kandidat der Regierungspartei habe gewonnen, klärt mich Salum auf. Später dann aus der Richtung der Mizenghani Wohnblocks, etwas ausserhalb der Altstadt, Lautsprechermusik, Magufuli - wie Trump - liebt es, sich mit jungen Musikern  zu umgeben. Zwei Drittel der Tansanischen Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt, eine grosse Wählergruppe. Die vermutlich auch weniger als ihre Eltern darunter leidet, dass der Präsident in seinen ersten 5 Jahren die Wirtschaft auf dem Festland abgewürgt hat.

Meine Hoffnung auf eine weitere friedliche Nacht ist nun verflogen. Laute Musik bis um 3 Uhr früh.

28.Oktober 2020

Frühmorgens gehe ich ins Hyatt Hotel Kaffee trinken. Es hat recht viele Leute beim Frühstück, Weisse und Schwarze, wahrscheinlich zum Teil Wahlbeobachter. Das Internet funktioniert hier, die paar Touristen, die es hat, scheinen nichts besonderes zu bemerken.


Auch Salum und Mgeni gehen abstimmen. Der ganze Wahltag verläuft ruhig, die Luft scheint bereits gestern hinaus gegangen zu sein. Optimisten glauben nun, das Schlimmste sei vorbei und die Pessimisten warnen davor, dass das erst komme, wenn die Wahlergebnisse heraus kämen.


Sobald die Dunkelheit fällt, wird es wieder gänzlich ruhig, man könnte meinen, eine Ausgangssperre sei verhängt worden. Die Leute bleiben freiwillig drinnen, sie scheinen der Sache nicht zu trauen. Zugegebenermassen sind die nebst dem Militär herum patrouillierenden ORF, nicht gerade Vertrauen erweckend. Auf einem PickUp, schwarz gekleidet, vermummt und bis zu den Zähnen bewaffnet, erinnern sie mich an die Islamisten, doch ist das eine Spezialeinheit der Armee. - Ich schlafe sehr gut diese Nacht.


Keine Fotos. Es ist nicht ratsam, von solchen Einheiten Fotos zu machen. Überhaupt von der Polizei oder dem Militär. 

Donnerstag, 29. Oktober 2020

27.Oktober 2020

Vor dem Lukmaan läuft heute nicht viel.

Um 7 Uhr früh gehe ich quer durch die Stadt. Es ist sehr ruhig, nur wenige Menschen draussen, praktisch alle Geschäfte und Restaurants sind verriegelt, einzig der Lukmaan bleibt offen. Ich esse zwei Samosas und trinke Tee, sitze mit dem Handwerker Abu auf der Terrasse und beobachte die Strasse und wir scherzen über die Angsthasen, alles besten so far. Auf dem Rückweg hinter dem Markt in Darajani sammeln sich ein paar Männer, einer mit Stock, eher eine gereizte Stimmung, doch bald bin ich zu Hause.

Die leere Marktstrasse.

Um 10 Uhr, hören wir etwas wie Gewehrsalven, Naima meint rasch, das seien Schreckschusspatronen, doch ich muss zugeben, dass ich Schiss kriege,  denn manche davon sind sehr nah. Ich fülle ein Becken mit kaltem Wasser und lege zwei Frottiertücher daneben, feucht auf das Gesicht gedrückt soll das helfen bei Tränengas und Pfefferspray. In meiner Wohnung kann ich kein einziges Zimmer luftdicht abschliessen.

Ich muss zugeben, dass mir nun doch etwas mulmig zumute ist. Ich, die bereits Angst vor dem Knallen von Feuerwerkskörpern hat. Offensichtlich hat die Opposition ihre Drohung wahr gemacht, und versucht, in die Wahllokale einzudringen, die heute nur für Regierungsmitglieder geöffnet sind.


Knapp elf Uhr, die schwarzen Wolken über der Stadt bringen wirklich Regen, kein Riesenguss, doch hoffe ich, das dies die Gemüter abkühlt.

Unterdessen versuche ich, den Post vom Vortag hochzuladen, und merke, dass das Internet nun doch abgestellt wurde, verständlich, denn damit kann man die Leute sehr rasch sammeln und verschieben und das wäre in der angespannten Situation nicht gut. Wenn ich daran denke, was für Videos bereits am Sonntag auf Youtube zu finden waren, befürchte ich, dass dies einen Teil der Bevölkerung in Panik versetzen würde und den anderen Teil vielleicht noch mehr anstacheln. Sobald der Regen etwas nachlässt, erneut Schüsse und von fern das Schreien von Frauen, einzig die Katzen scheinen vor solchem nicht gross Angst zu haben.


11:30, der Ton, der die eingehenden mails ankündigt, erklingt, offenbar funktioniert das Internet wieder - für ein paar Minuten. Komisches Gefühl, in dieser Situation von der Welt abgeschnitten zu sein.


12:15, nach längerer Ruhe, glaube ich ganz nahe Kampfgesänge zu hören und denke für mich, diese Idioten, das kann nicht gut kommen. Doch dann merke ich, dass meine Nerven blank liegen. Langsam kristallisiert sich in meinem Gehirn der eindringliche Gesang eines einsamen Muezzins heraus, es ist Mittagsgebetszeit.


Um 13 Uhr erneut ein Regenguss, diesmal ein richtiger, Donnergrollen, auch davor habe ich Angst, heute bleibt uns wirklich nichts erspart. Wenigstens kaum Wind, so dass das Risiko einer Überschwemmung meiner Wohnung gering bleibt. Weil der Regen auf die Blechdächer hämmert, ist es sowieso nun sehr lärmig, Gewehrsalven oder Geschrei wären nicht hörbar. Hoffentlich dämpft solcher Regen das ganze Geschehen ab. Im Haus sprechen wir per Telefon miteinander, der einzige Weg der Kommunikation. Wir finden heraus, dass wenigstens die SMS immer noch funktionieren.

Ich telefoniere mit Hidjam, dem Mann, der auf dem Grundstück wohnt, in das wir die kleinen Kätzchen gebracht haben. Ob er die füttern könne, ich möchte im Moment niemanden quer durch die Stadt schicken. Er meint ja. Und auf meine Frage, wie die Situation denn dort sei, ob der Lukmaan immer noch offen? Nein, auch der sei nun geschlossen worden.


15 Uhr, nur schwacher Regen, ruhig draussen, ich rieche Essengerüche, Naima oder Mgeni scheint zu kochen, ich esse ein Stück Sauerteigbrot mit Salzbutter. Dann ein Telefon mit Fahmi, ich solle die App VPN herunterladen, dann könne ich ins Internet. Schon gut, doch wie tut man dies ohne Leitung? Damit würde facebook und WhatsApp und alles ganz schnell laufen, meint er. Die Nachbarn kämen bei ihm vorbei und er haben eben eine Gruppe Bewaffneter mit Hunden herum laufen sehen. Algeciras, die Arabische Fernsehstation habe über Unruhen in Sansibar berichtet. - Salum wiederum meint, er nutze die Zeit zum Schlafen. Nein, keine News schaue er, Mgeni schaue ihre Filme. Er scheint von nichts wissen zu wollen. Auch ich will versuchen zu schlafen. Doch was war das Grollen, das man vorhin durch den Regen hindurch gehört hat? Vielleicht doch die Tankwagen, die manche bereits vor Tagen gesehen haben wollten?


Sogar das Abendrot wirkt heute bedrohlich.


16 Uhr, wieder Gebetszeit, der Himmel klart etwas auf und die Welt draussen erwacht. Ich gehe Fahmi besuchen und trinke Kaffee mit ihm. Immer wieder schauen Nachbarn hinein, die Türe zur Strasse bleibt offen. Die Wahllokale seien ab 4 Uhr geschlossen, auch die Krawallmacher müssten schliesslich einmal essen und zu ihren Familien gehen und schlafen. Jetzt könne ich schon hinaus gehen und zu den Kätzchen in Vuga schauen. Fahmi leiht mir Ahmed’s Velo aus und rät mir, auf der Hauptstrasse durchs Touristenquartier zu fahren, so sei ich sicher. Ich folge seinem Rat, und effektiv schnappen auf der Strandpromenade ein paar Einheimische frische Luft und plaudern und   ein paar Touristen laufen im Shanghaniquartier herum. Das Serena Hotel, das Hyatt und das Tembo Hotel haben offen, aus dem Afrika Haus klingt Musik, einzig zwei kleine Lastwagen mit Militär stehen herum und erinnern an die Unruhen vom Morgen. In Pemba habe es 9 Tote gegeben, vernimmt man, die Männer, die ich draussen antreffe, geben sich locker, sogar Fussball wird gespielt.


Ein Schiff der Armee ankert vor dem Touristenquartier.


Bis zum Abendgebet. Ab 18:30 und damit dem Niedersinken der Dunkelheit, sind die Strassen bereits wieder leer und es ist unheimlich still, das Nachtgebet um 19:30 dröhnt ungewohnt in vollkommene Stille.

26.Oktober 2020

Wegen aktuellem Geschehen spule ich den Film etwas vorwärts, es sind Wahlen. Diesmal auch ohne viele Fotos, das Internet ist meistens abgestellt, der Upload von Bildern praktisch unmöglich.


In zwei Tagen sind Wahlen, die Schulen sind seit Samstag geschlossen, überhaupt scheint das Leben etwas erstorben. Gestern Abend, als wir von Makunduchi zurück in die Stadt gefahren sind, kriegte ich erstmals Angst. An allen grossen Kreuzungen war Militär postiert, bis zu den Zähnen bewaffnet, verhüllt, und dies nicht wegen Corona. Schuhe lagen irgendwo auf einer Kreuzung herum, ein Mann lag regungslos auf dem Bauch in einem Lastwagen des Militärs. Heute war der letzte Kampagnentag. Im Taxi im Verkehrschaos stecken zu bleiben, gab mir ein mulmiges Gefühl.
Fahmi - er ist doch geblieben, man könne nicht feige fliehen -  erzählt mir später, dass nach dem Umzug der Regierungspartei, die Teilnehmer feiern wollten, wie das so Brauch sei, viele würden sowieso nur wegen dem Johlen und Trinken teilnehmen. Das Militär habe die Leute aber brutal vertreiben. Komisch, bei der Regierungspartei. Ganz offenbar ist das vom Festland hierher gebrachte Militär sehr nervös.

Später kriege ich ein Video zugeschickt - diesmal mit einem Umweg über Europa - das einen massiven Angriff auf das Militär zeigt, grosse Steine werden geworfen, da hätte man in der Schweiz auch reagiert. Und Salum meint, das Problem sei gewesen, dass die Opposition gleichzeitig mit der Regierungspartei eine Veranstaltung durchgeführt habe. Die einen im Süden der Stadt, die anderen im Norden. Nach dem Ende der Veranstaltungen habe die Polizei versucht, die zwei Gruppen nicht aneinander vorbei kommen zu lassen und den Verkehr umzuleiten versucht. Das sei kläglich gescheitert, die Leute seien wütend geworden, bis dann das Militär haben eingreifen müssen. - Das tönt schon wieder ganz anders. Beide Gruppierungen geben derartig martialische Sprüche von sich, dass bei einem Zusammentreffen effektiv Schlimmes zu erwarten war.


Hier in der Stone Town merkt man wenig davon. Die Leute warnen mich aber, in den nächsten Tagen noch spät draussen zu bleiben. Ajba erklärt mir, dass sie sich überlegt hätten, den Lukmaan zu schliessen, sich jedoch entschieden hätten, während den Wahltagen offen zu halten. Mit all den Leuten, die wegen der Wahlen hier auftauchen würden, vielleicht sogar gute Tage. Der Lukmaan  hat sich politisch nie positioniert - wie die meisten Leute hier. Gerade mal ein Viertel, die ich gefragt habe, wollen abstimmen gehen. Im Festland sei das anders, meint man. Nicht wegen der Präsidentschaftswahl - sowieso eine Farce - aber bei der Wahl der Abgeordneten, da könne man schon etwas bewirken.


Der Mann, der mir zwei Mal pro Woche kleine Fischchen für die Katzen bringt, fragt heute, ob ich nicht gleich für drei Mal einkaufen wolle, denn in den nächsten Tagen komme er nicht auf den Markt.  Und Fahmi rät mir, genügend Essen und Wasser Zuhause zu haben, man wisse ja nie. So denke auch ich langsam vorsorgen zu müssen. Morgen ist dieser ominöse Wahltag der Regierung. Die Opposition befindet, dann gehe sie auch gleich an diesem Tag abstimmen, obwohl die allgemeinen Wahlen erst am Folgetag angesagt sind. Das lässt Ungutes befürchten, wahrscheinlich besser, nicht in der Nähe von Wahllokalen vorbei zu kommen. Am zweiten Tag dann die richtigen Wahlen und schliesslich der Tag danach mit den Wahlergebnissen, der wohl der gefährlichste werden könnte. Will heissen, dass man schlimmstenfalls erst wieder am Freitag einkaufen kann.



Doch ein Affe vereitelt, dass ich mir einen Notvorrat anlegen kann. Als ich die Kätzchen in Vuga füttern gehe, macht der Affe des Nachbarn die Bäume unsicher und kommt neugierig immer wieder in den Unterstand mit den Kätzchen, manchmal berührt er sie, was sie mit einem quietschenden Schreien quittieren. Ich frage den Tierarzt, was zu tun sei? Er will vorbei kommen. So warte ich etwa eine Stunde dort, bis schliesslich alle Läden geschlossen sind, ich wollte mir noch Salzcrackers und Salznüsse holen. Der Affe geht bei Einbrechen der Dunkelheit in die Bäume zurück schlafen und Goodluck meint ankommend, der werde den Kätzchen nichts tun, ausser sie zu erschrecken. So gehe ich durch das Shanghiquartier und will mir noch ein Bier genehmigen. Sowohl das Livingstone, dieses ohne Kommentar, wie das Marumaru, „wegen ausserordentlichen Umständen momentan geschlossen“, wie das Upendo, ebenfalls mit Schild, wollen mir irgend etwas anbieten. Es wird langsam ernst und ich bereue es jetzt, nicht doch irgendwo einen Notvorrat angelegt zu haben. - Zum Glück hat mir Salum jede Menge Früchte vorbei gebracht, sogar Trauben, die sind ausserordentlich gut, also verhungern werde ich sicherlich nicht in den nächsten Tagen.
Es wird ein merkwürdig ruhiger Abend. Kein Kindergeschrei - wie machen sie das nur - kein lauter Fernseher, keine Musik, überhaupt keine Geräusche, selbst die Katzen sind ausnahmsweise verstummt, Stimmen nur gedämpft, die Ruhe vor dem Sturm?


Das Internet funktioniert noch, ich müsste profitieren, viele sind darüber erstaunt. Die Regierung würde das gerne abdrehen, meint man, doch heute seien die Banken, die Regierung selber, überhaupt alle Geschäfte derartig davon abhängig, dass das wohl nicht mehr zu machen sei.

Mittwoch, 28. Oktober 2020

15.Oktober 2020

Zügeltag für 12 Kätzchen, die wir von den Müllhalden geholt haben, und die für zwei Tage bei uns einquartiert waren. Es wurden immer mehr Kätzchen dort, sei es, weil Kinder nicht widerstehen konnten, sie einzusammeln, dann meist einzelne, oder ganze Würfe, die dort ausgesetzt wurden. Offenbar lud ein Ort, wo man wusste, dass die Kleinen gefüttert werden, dazu ein, sich der eigenen Brut zu entledigen, wir musste damit aufhören.

Heute zügeln wir unsere Kätzchengruppe in diesen Unterstand im Vuga Quartier.

Hier stellen wir auf Holzplatten vor Feuchtigkeit sicher zwei Kartonschachteln mit kleinem Eingang hin. Sie sind innen mit leeren Zementsäcken und Tüchern ausgepolstert.

Der Jüngste Bewohner ist nur ein paar Tage alt.



Nun haben wir einen idealen Ort im Vuga Quartier gefunden, vermutlich war dort früher eine versteckte Alkohol- und Tanzbar. Dies mindestens lässt die schwarz-weiss geplättelte Fläche vermuten. In dem kleinen Häuschen, wo wir unsere Kartonboxen für die Kätzchen aufgestellt haben, wurde sicher früher der Alkohol ausgeschenkt. Ein idealer, geschützter und verborgener privater Ort, wo ich all meine Träume für Aussengehege realisieren könnte. Doch leider ist dies nur ein Provisorium, der Besitzer will viel zu viel Geld dafür, hat aber immerhin zugesagt, dass wir die Kätzchen dort grossziehen können.

Freitag, 23. Oktober 2020

14.Oktober 2020

Neben dem Kiponda Lukmaan hat es nun einen Laden der eine Kühlvitrine mit Frischmilch in der Auslage hat. Ich profitiere davon und kaufe, denn Mishmish, mein Lädeli in der Gegend, hat nur sehr kurze Öffnungszeiten. Frühmorgens offen und auch bis spät in die Nacht, doch tagsüber bleiben die Türen meistens geschlossen. Dann sehe ich Mishmish mit seinen Kindern und Schnorchelmasken und Harpunen an den Strand laufen. Der für Sansibar sehr fürsorgliche Vater - die Mutter ist Beamtin - geht häufig mit ihnen fischen.

Ich bewundere die Fähigkeit der Leute hier zur Improvisation.

Im neuen Lebensmittellädeli also - solche gibt es immer weniger in meinem Quartier - fragt mich der Typ, was ich denn normalerweise für Milch bezahle? Offensichtlich hat er sich seine Preispolitik noch gar nicht überlegt. Ich antworte ihm wahrheitsgemäss, bei Mishmish 3000.-, in den meisten Läden hingegen 3500.- Shilling.

12.Oktober 2020

Heute ist ein guter Tag. Keine Ahnung warum, nichts Besonderes, ich fühle mich entspannt und glücklich und bemerke immer häufiger, dass dies Prozesse sind, die innerlich ablaufen. Chemie wohl, vielleicht die Sterne, auch alle Katzen sind friedlich und faul.







Donnerstag, 22. Oktober 2020

11.Oktober 2020

Ich gehe in den Laden, wo wir das Katzenfutter einkaufen. Der Mann, ein Omani, kauft seine Waren in Amerika ein, teuer, doch ist er beim afrikanischen Mittelstand sehr beliebt. Nebst Tierfutter hat er vor allem Schönheitsprodukte und die scheinen sich die sansibarischen Frauen ohne zu zögern zu leisten.Wir diskutieren die nächste Bestellung, denn er bot mir an, in Zukunft meinen Teil selber vorzufinanzieren und ihm so weniger abgeben zu müssen, was für mich okay ist, denn das Katzenfutter ist hier wirklich viel zu teuer, wir müssen einen Weg finden, das billiger zu kriegen. Betreffend der nächsten Bestellung meint er, er wolle nun warten bis nach den Wahlen. Alle Entscheiden werden momentan bis nach den Wahlen vertagt, eine Art Angststarre sowohl bei Privaten wie in der Regierung, es werden keine Entscheide gefällt.

Ich ernähre mic h im Moment vor allem von diesem Sauerteigbrot. Das erste Brot, seit 15 Jahren, das ich in Sansibar wirklich erfreulich finde.


Richtung Flughafen und in Mbweni, dem Vorort mit vielen Weissen haben verschiedene neue Supermärkte eröffnet, es ist Konkurrenz entstanden, schon bald werde ich kaum mehr Produkte aus der Schweiz mitbringen müssen. Einer verkauft nun sogar ein dunkles Sauerteigbrot. Das beste, das ich in all den Jahren hier gegessen habe, ich bin ganz süchtig darauf.

10.Oktober 2020

Heute ist bereits der Abreisetag von Raffael, wir bringen ihn am Abend an den Flughafen. Es waren geschäftige zwei Wochen, ernüchternd auch, die Beurteilung unserer Geschäftsbemühungen vom Schweizerischen Standpunkt aus, doch auch wieder gut für mich. Eile mit Weile, drei Felder zurück. - Wobei das etwas Druck von mir nimmt, was auch nicht schlecht ist.

Die Mutter ist überglücklich, ihre Jungen zurück zu haben.

Daneben ein unglücklicher, aber wiederum auch glücklicher Tag. Naima hat frei, deshalb kümmere ich mich auch um unseren Aussenposten in den Müllhalden. Dort finde ich drei neue, winzige Kätzchen, die noch nicht selber trinken können, hier unweigerlich dem Tod geweiht. Sie sind alle gutgenährt und sauber, zwei schneeweisse und ein weisses mit schwarzen Flecken, eine Familie, die wurden direkt von der Mutter weggeholt. Doch die Kinder geben das nicht zu, keiner der Buben will es gewesen sein. Also mitnehmen, und mit dem Schoppen füttern, eine Arbeit, die ich eigentlich nicht übernehmen will, doch was sonst? Sie einfach hier langsam vertrocknen lassen? - Zum guten Teil nun. Nach zweimaligem mässig erfolgreichem Füttern, kommt mir plötzlich der Gedanke, dass die Mutter mit grosser Wahrscheinlichkeit auch weiss sein muss. Es gibt eine weisse Mutter mit Milch, die regelmässig am Abend beim Füttern vorbei kommt. - Wir haben Glück, sie ist es, und nimmt die drei überglücklich wieder an.


Auch eine zweite Rettung schaffe ich. Auf dem Vorplatz des Marktes mitten im Verkehr, sehe ich ein etwas grösseres Kätzchen merkwürdig am Boden liegen, ist es verletzt? Ich hebe es auf und wickle es in ein Tuch. Freude macht mir, dass einer der anwesenden Männer sich bei mir bedankt und ich fühle, dass alle Anwesenden froh sind. - Die Tierärztin Laura meint später, einfach völlig entkräftet, das müsse wieder aufgepäppelt werden und sich ausruhen.

Montag, 19. Oktober 2020

Ein neuer Bewässerungsdamm wird erstellt...

Mit Raffael, dem Besucher aus der Schweiz, gehen wir nach Mangwapani, um ihm unseren Garten zu zeigen und anschliessend ein Stück Land, das verkauft werden soll. Daneben wird ein Staudamm erstellt, der das Wasser der natürlichen lehmhaltigen Senke aufstauen wird. Damit sollen die neu angelegten, grossfächigen Reisfelder bewässert werden, die nördlich de Dammes erstellt wurden. Gebüsch und Bäume wurden ausgeräumt, endlos flache Felder, eine koreanische Gesellschaft hat das angelegt. Nebst Bemühungen Richtung Permakultur und biologischem Landbau, geht es rasant in die andere Richtung.

......in einer lehmigen Senke


Sonntag, 18. Oktober 2020

7.Oktober 2020

Heute ist Fahmi zurück auf die Insel gekommen. Das wurde Zeit, seine Katzen verwahrlosen ohne ihn, insbesondere Felix, ein ganz witziges Tier.

Fahmi mit Felix, einem sehr witzigen jungen Kater, der leider schlecht mit anderen Katzen auskommt.

Doch so lange wird Fahmi nicht hier bleiben. Für die Wahlen, meint er heute bei Kaffee und Süssigkeiten, denke er, zurück nach Daresalaam zu gehen. So schlimm wie die politischen Diskussionen nun bereits seien, mache er sich Sorgen, auf der Insel zu bleiben. - Fahmi kommt aus einer Araberfamilie, die nach der Revolution 1964 aufs Festland und anschliessend nach Dubai gegangen ist. Ob in seiner Familie Opfer zu beklagen waren weiss ich nicht. Fahmi selber ist zu jung, als dass er Erinnerungen an diese Zeit haben könnte.

Auch etwas beängstigend, doch keineswegs politisch. Die Schiiten hier feiern, bzw. gedenken der Ermordung eines ihrer Führer. Die Häuser sind schwarz verhängt in der Strasse der Schiiten, viele Leute aus Daresalaam  auch viel Polizei. Bei der mehrtägigen Feier habe man sich traditionell selber blutig geschlagen. Heute würden die Schiiten das zivilisierter machen und Blut spenden, vernehme ich.

Die Opposition hier in Sansibar ist erwacht. Gestern blieben wir - zurück aus Mangwapani - in einem Verkehrsstau stecken, der durch Manifestationen der Oppositionsparteien verursacht wurde.

Samstag, 17. Oktober 2020

Helfen und Moral

Der Mkunazini Lukmaan mit dem mächtigen Baobab, der wie ein gigantischer Elefant mitten im Restaurant steht.


Ich habe mit Geld den Aufbau vom Lukmaan finanziert. Nach 15 Jahren ist daraus ein erfolgreiches Unternehmen mit zwei Standorten geworden, das vielen Leuten Arbeit gibt. Praktisch alle der Angestellten, die vor 15 Jahren mager und arm begonnen haben sind nun wohlgenährt und haben eine Familie gegründet, besitzen ein Haus und mindestens ein Motorrad. - Allerdings hätte dies nie von ihrem Lohn finanziert werden können. Das funktioniert so nur, weil niemand - selbst die Verwandten - sich loyal zu seinem Arbeitgeber verhält, alle bereichern sich. Sei dies durch Einnahmen, die in den eigenen Sack gesteckt werden, durch Nahrungsmittel, die entwendet werden oder manchmal sogar dadurch, dass gekochte Speisen mit eigenem Gewinn anderswo verkauft werden. Das schmälert natürlich den Gewinn des Restaurants enorm und macht es schwierig, die Steuern und weiteren offiziellen Abgaben überhaupt zu bezahlen. - Umgekehrt kann man sagen, dass es doch 50 bis vielleicht sogar 100 Personen dazu verholfen hat, sozial aufzusteigen. Einige arbeiten nun anderswo, ich habe sogar einen am Flughafen arbeiten gesehen, andere haben eigene Geschäfte aufgetan.


Auf der anderen Seite kann man alle sozialen Vorgaben erfüllend hier  Geschäfte machen, wie dies Ausländer gerne mit einer Social Enterprise tun. Das bedeutet für diese zwar immer noch Geschäft und Gewinn, ermöglicht aber auch den partizipierenden Einheimischen ein besseres Auskommen. Wobei der Hauptgewinn eben doch in der Firma bleibt und zur Vergrösserung des Umsatzes und zur Steigerung des Wertes der Firma dient. - Auch das ist gut, denn wenn mehr Leute dort mitmachen, geht es mehr Leuten besser. Selbst wenn am Schluss vermutlich mehr Geld ins Ausland fliesst als im ersten Beispiel. Dafür werden in diesem Beispiel Steuern und Abgaben dem Staat abgeliefert, so wie es eigentlich sein sollte.



Das Resultat ist im Endeffekt bei beiden Varianten ähnlich. Einem Teil der Bevölkerung wird ein sozialer Aufstieg ermöglicht. - Doch halt, könnte man als Moralist sagen, die Leute im ersten Beispiel bereichern sich auf unmoralische Weise! Wie könnte man solches gutheissen? Zusätzlich werden die Abgaben für den Staat nicht vollumfänglich bezahlt, auch dies kann als unmoralisch gewertet werden. - Aber umgekehrt, wenn man sieht, was mit dem vom Staat eingenommenen Geld geschieht, die Paläste, die sich die Abgeordneten auf Staatskosten bauen lassen, die Fahrzeuge, die sie damit bezahlen, kann man denn dies Moral nennen? Warum soll die Moral beim kleinen Mann stärker gewichtet werden als der viel grössere finanzielle Schaden, den Mächtige der Gesellschaft zufügen? - Immer häufiger stellen sich mir Fragen, die für mich nicht mehr einfach zu beantworten sind. Wie soll man sinnvoll helfen? Eine sehr komplexe Angelegenheit, die mich im Moment stark beschäftigt.


Dienstag, 13. Oktober 2020

4 Oktober 2020

Vor unserem Hotel, dem Misali Sunset Beach Hotel, liegt die Insel gleichen Namens. Sie soll von einem wunderbaren Korallenriff umgeben sein, schade das wir nur so wenig Zeit haben. Farouk erzählt, dass dort eine riesige Hühnerkolonnie lebe, sonst sei Misali nicht bewohnt. Niemand gehe diese Hühner stehlen, denn die seien dort für Wodoozauber freigelassen worden, das Essen dieser Tiere sei deshalb viel zu gefährlich für die abergläubischen Leute. - Der Hotelangestellte widerspricht dem. Inzwischen seinen die Hühner verschwunden, die Angst offenbar gewichen.

Das Misali Sunset Beach Hotel wird seinem Namen gerecht.

Während den Autofahrten wird viel über Politik gesprochen, am 28.Oktober sind Wahlen. Magufuli, der Präsident von Tansania, war gestern auf Werbetour in Sansibar, er will für seine 2.Amtszeit gewählt werden. Auch hier in Pemba hängen ein paar Wahlplakate der Regierungspartei. Traditionell ist jedoch Pemba praktisch zu 100% Opposition. Auch auf der Hauptinsel Sansibar ist unter den Einheimischen eine erdrückende Mehrheit gegen die Regierungspartei. Da dort jedoch in den letzten Jahren viele Leute vom Festland zugewandert sind, ist der Anteil der Opposition nun weniger gross.



Das Hotel ist in einer Mangroven bestandenen tiefen Bucht gelegen. An dem winzigen Sandstrand kann nur bei Flut gebadet werden, doch ist die Lage sehr idyllisch.

Der frisch gewählte sozialistischer Präsident Magufuli war vor 5 Jahren der grosse Hoffnungsträger. Aufräumen mit der Bestechungsmentalität und Verschwendungssucht unter den Beamten und Regierungsmitgliedern. Rasch hat er sich jedoch, wie die meisten Afrikanischen Potentaten, zum sozialistischen Alleinherrscher gewandelt. Parlament und Gericht werden übergangen, der Präsident entscheidet alles selber, vor Kritik hat er Angst. Die Geschichten von Oppositionellen, die verschwinden, mehren sich.

Ein Vertreter der Opposition wurde vor 3 Jahren auf dem Regierungsgelände von 17 Kugeln durchsiebt. Bis heute wurden keine Täter benannt, die Überwachungskameras hätten damals gerade nicht funktioniert. Der Mann hat überlebt und ist als Kandidat zurückgekehrt, etwas, das niemand erwartet hat, er macht Magufuli ernsthaft Konkurrenz. Bereits seine Geschichte wird ihm viele Stimmen sichern. - Natürlich ist es in Afrika immer schwierig, zwischen Wahrheit und Gerücht zu unterscheiden. Doch selbst wenn man die Mitte dazwischen nimmt, sind die Geschichten haarsträubend.


Nur wenige Autominuten von Chakechake entfernt, ist es hier bereits sehr ruhig. Fischerboote laufen bei kommender Flut aus.










3.Oktober 2020

Ausflug nach Pemba um die Kooperativen zu besuchen, die für Zenji Spices biologisch zertifizierte Gewürze produzieren. Farouk, der leitende Angestellte, Raffael aus der Schweiz, er ist seit einer Woche hier und soll mich von der Geschäftsseite her beraten, Salum und ich sind dabei. In Pemba war ich 2008, damals sind wir mit dem Schiff gegangen und an der Südspitze in Mkoani angekommen.


Diesmal fliegen wir direkt in den Hauptort Chakechake.

Sehr viel hat sich nicht verändert, immer noch ein wuseliger Marktplatz. Ein paar höhere Häuser im Zentrum, alles chaotisch durcheinander gewürfelt, sehr wenige alte Häuser, mehr Verkehr, doch durchaus wiedererkennbar. Durch seine Lage erinnert mich der Hauptort der Insel stark an Myanmar. Auf sehr hügeligem Gelände gebaut, Bergrücken, steile Flanken, Mulden, immer Aussicht, manchmal bis zum Meer, die ganze Insel ist viel hügeliger als Sansibar. Zwar keine wirklich hohen Erhebungen, doch stark von der Erosion zerfurcht. Viele Erinnerungen kommen hoch. China im Süden oder Gegenden im tropischen Südamerika.


Der Hauptort Chakechake bietet viele Ausblicke.

Die Strassen verlaufen auf den Graten. Eine Neue, die zickzack von Nord nach Süd verläuft - die ganze Insel ist sehr ausgefranst und hat mehrere wichtige Ortschaften - wurde von den Amerikanern gesponsert. Sie erleichtert die Erschliessung stark. Die übrigen Strassen sind zwar meist geteert, doch in unterschiedlichem Zustand der Zersetzung angelangt.


Unten Gewürznelkenknospen, oben reife Früchte und schliesslich rechts oben ein Same.


In Pemba pflanzen die Bauern traditionell viel Gewürznelken an. Die Ernte der Knospen zwischen Januar und März ist sehr aufwändig.


Ein Bauer zeigt Salum, wie die Orchideenblüten bestäubt werden müssen. 


Im April und Mai werden die Vanilleschoten geerntet. Vanille ist sehr aufwändig. Erst müssen Trägerbäume gepflanzt werden, an denen die schlingenden Orchideen hochwachsen können. Die Blüten müssen von Hand bestäubt werden,  da die Bestäuber, Bienenartige, hier fehlen. Das bedeutet täglich frühmorgens durch die Felder gehen. Auch die Ernte der reifen Schoten erfolgt über einen längeren Zeitraum. Dafür ist der Preis für Vanille sehr gut - was allerdings wiederum Diebe anlockt. Auf der Insel, die sonst als sehr sicher gilt, verschwindet ein Teil der Ernte während der Nacht, klagen uns die Bauern.


Die Blüten von Zimtbäumen

Bauern der Kooperative mit geernteter Ziumtrinde.

Das dritte Gewürz, das angepflanzt wird ist der Zimt. Beim Zimtbaum werden dickere Zweige geschnitten und dann geschält. Die buschartigen Bäume produzieren so laufend neue Triebe. Zimt ist sehr praktisch, denn weil keine Frucht oder Blüte, kann er das ganze Jahr über geerntet werden und die leeren Zeiten überbrücken.