Donnerstag, 5. April 2012

Luxor, den 26.März 2012








Russische Touristen nur noch. Auch Chinesische, meint der Reiseführer, den wir heute für den Karnak-Tempel in Luxor gebucht haben. Jedoch kaum mehr europäische oder amerikanische und nur mit denen könne er – als englischsprachiger Führer - ein Geschäft machen. Russen und Chinesen brächten ihre eigenen Leute mit.

Für meinen Geschmack hat es immer noch genügend Touristen – Chinesen und Russen scheinen keine Angst vor Ägypten zu haben. Weshalb diese unterschiedliche Wahrnehmung der Gefahr? Mir scheint da einzig möglich, dass eben die Informationen in den Medien auch ganz unterschiedlich sind. In Ländern ohne grosse persönliche Freiheiten wird wohl weniger darüber berichtet, dass man in den arabischen Ländern daran ist, sich von den Diktatoren zu befreien.
Auch Ali ist der Meinung, dass wir in Europa diese aufständischen Bewegungen masslos aufbauschten. Was ich nach gut 10 Tagen Ägypten sagen kann: Von dem Aufstand fühlt man wenig. Mindestens nicht als Tourist. Auf dem Trahir Platz sieht man einzig dieses ausgebrannte Gebäude, das überall in den Medien gezeigt wurde. Das Museum selber, es steht gleich daneben, und die Sammlung, die ist – mindestens für den Besucher – intakt, von Zerstörung oder kürzlicher Wiederinstandsetzung ist nichts zu sehen. Und die Leute mit denen wir sprechen - sprechen können vielleicht, denn Englisch müssen sie sprechen können - die sprechen von der Revolution eher als von etwas, das nicht viel Gutes gebracht habe. Seither funktioniere der Abfallservice in Kario nicht mehr, die Sachen würden in den Vororten wieder einfach an die Kanalufer gekippt. Oder blieben liegen. Oder sind sie das immer und man sagt uns anderes? In Luxor seien Grabungen abgebrochen worden nach der Revolution, Bauprojekte gestoppt. Sehr erfreut über diese Revolution scheinen mir unsere Informanten nicht.

Frühmorgens der Flug von Kairo nach Luxor. Mit Agyptian Airways. Vor dem Abflug werden am Bildschirm Verse aus dem Koran zitiert, Reise-Suren, wie mir Ali erläutert. Danach zeigt eine hübsche, völlig westlich gekleidete Frau, kein Schleier, wie man sich im Falle eines Flugzeugabsturzes verhalten solle, Modernes und Tradition leben friedlich nebeneinander.

In Luxor angekommen, stelle ich erfreut fest, dass es nun doch langsam warm geworden ist, tagsüber hier sogar heiss. Wir kämpfen lange Zeit mit dem Taxifahrer um den Preis. Drei Mal soviel wie in Kairo will der Typ vom Flughafen ins Zentrum, obwohl die Fahrt nur einen Bruchteil so lange ist und es keine Staus gibt. Ali ruft unserem lokalen Vertreter von Kuoni an. Der bekräftigt erst, dass der Preis effektiv nur einen Drittel des verlangten ausmacht. Doch als dann der Taxifahrer wütend lange mit ihm diskutiert, sagt er später, dass er sich getäuscht habe, der Preis sei doppelt so hoch. Was natürlich nicht stimmt, doch hier hilft man sich. Die lokale Vertretung von Kuoni scheint mir nicht gerade vertrauenswürdig zu sein.

Der Führer hingegen, den wir am Nachmittag direkt beim Tempel gebucht haben, war gut. Karnak ist eine riesige Tempelanlage und erstaunt stelle ich fest, dass die alten Griechen offensichtlich ihre Baukunst von den Pharaonen abgeschaut haben, denn nach den Pharaonen waren die Griechen hier, später die Römer. Diese unheimlich mächtigen Säulenhallen. Nur dass die Säulen hier nicht gerillt waren, sondern über und über mit Reliefs bedeckt und mit Hieroglyphen. Alles bunt bemalt. Ich lerne, dass Karnak, auch der Tempel in Luxor, von den Pharaonen gebaut wurde um sich unsterblich zu machen. Auf die Wände ritzten sie die Ereignisse während ihrer Regierungszeit. Kriege die sie führten, doch auch Interessantes aus dem Alltag. Ihre Beziehung zu den Göttern wird immer wieder dargestellt: Der König und die verschiedenen Götter in vielen Szenen. Der Pharao gibt sich als Sohn von Rah, dem Sonnen- und Hauptgott aus. Eine Darstellung von einem Gott, der nur einen Arm und nur ein Bein hat fällt mir besonders auf. Der habe, erklärt unserer Führer, während den fünf Jahren Abwesenheit eines anderen Gottes dessen Frau geschwängert und sei deshalb derartig bestraft worden. Die Christen, eigentlich die Kopten, eine alte Gruppierung unter den Christen, hätten sich zur Zeit der Römer in diese Tempelanlagen geflüchtet und dort gehaust. Und eben diesem Gott dann noch seinen Penis abgeschnitten und auch sonst Zerstörung angestellt. Denn diese Götzenverehrung sei für sie des Teufels gewesen. Die Himmelsgöttin etwa, die jeden Abend die Sonne schluckt und diese dann am Morgen neu wieder gebärt.
An einem Ort in der Tempelanlage von Luxor steht über einem Tempelrest eine Moschee, denn offensichtlich wurden die Tempel irgendeinmal vergessen und vom Sand bedeckt. Später wurde hier ein islamisches Dorf gegründet. Die Dorfbewohner hätten zwar die Grabungen zugelassen, sich aber dagegen gewehrt, dass nicht nur ihre Häuser entfernt, sondern auch ihre Moschee versetzt werden sollte. Weshalb diese nun auf dem Tempel steht.

Diese riesigen Tempel, erfahre ich ebenfalls, waren mitnichten die Wohnstätten der Pharaonen, sie dienten lediglich dafür, deren Macht zu demonstrieren und deren Geschichte festzuhalten. Ihre eigenen Wohnhäuser wurden aus Backstein gebaut und sind nicht mehr erhalten. Wichtig war offensichtlich vor allem, dass man nicht vergessen wurde. Was im Allgemeinen auch gut geklappt hat. Nur dass sich nicht unbedingt die Mächtigsten am besten gehalten haben. So ist heute der Grabfund des Tutenchamuns am bekanntesten. Nicht weil dieser Pharao besonders mächtig war oder seine Begräbnisstätte besonders reich. Lediglich weil er das Glück hatte, dass sein Grab nie ausgeplündert wurde, bis es die heutige Wissenschaft entdeckt hat. Die Gräber wurden offensichtlich bereits in der Antike die meisten ausgeraubt.

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