Samstag, 30. September 2017

2017.09.26, Sansibar

Ich erwache früh, mit Ideen und Energie, ein Abfalltrennsystem, das müsste man hier haben, schon nur, weil ich Kompost für meine Pflanzen brauche. Ich gehe hinaus, will erfahren, wo genau die Leute ihren Abfall hinschmeissen, denn hier müssten meine Kübel stehen, getrennt nach organisch, also Küchenabfällen und dem Rest, denn kompliziert wollen wir es nicht machen. Auch können Metall, Pet und weiterer Plastik nun offenbar gewinnbringend verkauft werden, dazu braucht es weder die Stadtverwaltung noch die Politik, die Abfalltrennung wird von selber erledigt.
Draussen finde ich, dass es bereits weniger Abfall habe als früher. Das schon, meint Salum, doch das komme vor allem daher, dass in der Stown Town immer weniger Leute wohnen würden, dafür habe es immer mehr Hotels, Restaurants und Shops. Und doch, etwas besser sei das Bewusstsein schon geworden. Die verbleibenden Bewohner - nun immer mehr der Mittelstand, nicht mehr die Armen - beklage sich auch über den Schmutz und den Staub und mit dem Bewusstsein fängt alles an. NGO-Projekte, die das Abfallproblem beseitigen wollten, sind aber bisher gescheitert.


Noch vor sieben Uhr früh gehe ich mit meinem SUP auf das Meer. Diesmal ist es spiegelglatt und die Sonne scheint, ich getraue mich bis um die Shanghanispitze herum. Ein Vogel mit einem Fisch im Schnabel taucht neben mir auf. Dies ist bemerkenswert, da es in Sansibar kaum Möwen und weitere Wasservögel gibt.
Die Fischer, die mich im Hafen kaum beachtet haben, worüber ich etwas erstaunt bin - doch die kleinen Fischerbote hier werden ja auch stehend gerudert, nichts Besonderes - fahren nun doch neugierig sehr nahe an mir vorbei. Bis etwa 5 Meter hinter dem Motor gibt es erstaunlich wenige Wellen, zum Glück, am schlimmsten sind für mich Boote, die mich überholen. Dann treffen die Wellen von schräg hinten unerwartet auf mein Brett.


Offen neugierig gibt sich erst eine Frau in der Gasse, als ich das Brett abspüle. Was das denn sei? Ich erkläre es ihr und lade sie ein, doch einmal am frühen Morgen mit mir ans Meer zu kommen, was sie zu interessieren scheint. 

Donnerstag, 28. September 2017

2017.09.25, Sansibar


Sein und Schein
Othmans Bruder, der sich als grosser Geschäftsmann ausgibt - er stellt mir eine Frau aus den Philippinen vor, die für eine NGO arbeitet und den Leuten hilft, Gesellschaften zu gründen und Kredite zu bekommen - erzählt mir, er habe vorher in Sansibar bei einer Versicherung gearbeitet. Seit ein paar Jahren jedoch lebe er in Lindi, einer Küstenstadt im Süden von Tansania und machen „potri“. Pottery, töpfern, das kann er doch nicht meinen und auch kaum poetry, Poesie? Ich deute das „potri“ als „portry“ und denke, dass er dort wohl den Hafen leite. Doch erzählt mir der Mann von Hühnern und Kaninchen und so werde ich misstrauisch und schaue im Wörterbuch nach. Mein „portry“ für Hafenbusiness, das gibt es nicht, das habe ich frei erfunden. Dafür finde ich poultry, Geflügel, eine Geflügelfarm also betreibt der Mann. Mit Kaninchen, einem hier bisher unbekannten Nutztier, fange er erst gerade an. Er wolle vergrössern, Hygienestandards, Kühlung, deshalb brauche er einen Kredit von einer Bank, stolz zeigt er mir seinen Business Plan.
Ein Logo hat sich unserer wackerer Geschäftsmann bereits machen lassen
Nein, das habe nicht geklappt mit dem Kredit, meint Othman heute, der müsse sein Haus hier in Sansibar verkaufen um zu genügend Geld zu kommen. Und Salum erklärt mir später, Othmans Bruder, der versuche seit Jahren ein Geschäft aufzubauen, doch sei er gescheitert. Der Glanz fällt langsam ab von dem Mann.


Vom Wert der Arbeit
Der Mann, der Blumentöpfe, Pflanzenerde und Trinkwasser vom Parkplatz rund 10 Minuten durch die Altstadt zu unserem Haus bringt und mir dann in den 3. Stock hoch trägt, verlangt 10’000.- für seine Arbeit. Ich finde das viel, auch wenn Salum mich bereits vorgewarnt hat. So viel verdienen die Putzfrauen in einem ganzen Tag, bzw. in 5-6 Stunden, denn länger wird selten gearbeitet. Auch der Schreiner, der unten in der Werkstadt meine Stuhlsitze neu flicht, verdient nicht mehr pro Tag. Wenn ich sage, nun hast du kurz für mich gearbeitet und willst einen Tageslohn, das ist doch nicht recht, meinen die Leute hier häufig: Ja schon, aber ob ich am selben Tag nochmals einen Job kriege, das ist ungewiss, das muss nun reichen. - Auch eine Art, die Dinge zu sehen. Und wenn ich an unsere Managerlöhne denke, die noch weniger in Relation zu Aufwand und Fähigkeiten stehen, dann ist das hier eine Lappalie.


2017.09.24, Sansibar

Cyril, der Baumdoktor ist angekommen, bereits am Sonntag treffen wir uns ein erstes Mal mit Muhammad. Der kommt von einer anderen Sitzung, ist müde und wenig konzentriert. Sogleich schreibt er ein Konzept auf. Nursery, Baumschule zuerst, dann….., das ganze geht weiter bis Punkt vier, der Umgestaltung der Strasse beim Lukmaan, der „New Mkunazini Road“ in eine Fussgängerzone. Das Konzept tönt gut, bereits Daten setzt der Muhammad ein und ich sage mir, schön, aber wird das alles jemals passieren? Konkret wird nichts festgelegt, doch immerhin erfahren wir, dass Pläne der Wasserleitungen im Untergrund vorhanden sind und nein, der Strom, der werde oberirdisch geführt, da müsse man mit keinen gefährlichen Überraschungen rechnen.


Stromleitungen werden immer oberirdisch geführt
Cyril, der Baumdoktor im Komorenviertel, das zwischen dem Handwerkerviertel Mlandege und der Altstadt liegt.
In Mlandege, bei „Bin Dawod“, dort wo ich immer hingehe, wenn ich eine Auskunft benötige, der alte Inder weiss alles, erklärt man mir, nein Dünger, das habe man nicht, aber beim Containerhafen gäbe es eine landwirtschaftliche Genossenschaft. Erfreut über diese Nachricht gehen wir dorthin. Doch leider haben die im Moment nur gerade vier Produkte: Drei Pflanzengifte, und Sand für die Schwimmbäder, sonst nichts. Zum Glück weiss Salum, wo man Hühnermist bekommen kann, denn die Stadtbäume, die wenig Wurzelraum zur Verfügung haben, brauchen 
zusätzliche Nahrung.
Auf dem Rückweg aus der Hafengegend begrüst mich ein alter Mann euphorisch. Ich grüsse zurück, doch habe ich keine Ahnung, wer er ist. Erst später kommt mir in den Sinn, dass es der Lastenträger war, dem ich vor vielen Jahren die Reparatur seines Wägelchens  bezahlt habe. Er hat das offensichtlich nicht vergessen, auch wenn ihm unterdessen nur noch ein einziger Zahn im Mund geblieben ist. 

Sonntag, 24. September 2017

2017.09.22

Asfia, auch "Mami" genannt
Junus, der Jüngste, den man als kleinen Knaben auch"abui" nennt, mit Mgeni
"Mami“ erklärt mir Mgeni am Abend, als wir in die Forodhani Gardens gehen, sei der Name für ein kleines Mädchen, insbesondere Salum nenne seine Tochter gerne so und „Abui“ nenne man einen kleinen Knaben. Abui, eigentlich Junus, ein schöner Name finde ich, ist auch mit dabei. Der 1-jährige Sohn, ein fürchterlicher Schreihals, wegen dem Muezzin erwache ich nicht mehr, hingegen nun immer wegen Junus, ist zum Glück unterwegs ruhig und schaut mit grossen Augen erstaunt all dem Treiben zu.

Mgenis Schwester, eine emanzipierte Frau, die Ökonomie studiert hat und in Daresalaam gearbeitet - sie erzählte mir damals, zurück nach Sansibar, nein, das wolle sie nie mehr, zu eng das Leben hier, in Daresalaam sei sie viel freier - ist schwanger geworden und hat nun ihr erstes Kind geboren. Mit ihrem Mann ist sie daran, ein Haus in Fuoni, einem Vorort der Stown Town zu bauen. So schnell ändert sich offensichtlich etwas im Kopf von schwangeren Frauen.


Heute stellt mir Salum Theresa und Tina, die zwei neuen Putzfrauen vor, vom Mainland und dem Namen nach Christinnen, ich habe doch gedacht, das Haus sei viel sauberer als früher. Wir hatten vorher eine Putzfrau aus Sansibar, die jedoch sehr schwierig zu belehren war, sie putzte auf ihre Art und das passte vielleicht für ihr Haus. Wasserhähnen und Spiegel, das schien sie nicht zu kennen und den Staub, den wirbelte sie eher auf, als dass sie ihn zum Verschwinden gebracht hätte. Ganz nach Salums Art, suchte er ihr eine andere Tätigkeit, als er sie loswerden wollte. - Heute begrüsst sie mich überschwänglich im Lukmaan, sie ist nun dort angestellt. Da scheint sie nicht allzu viel falsch machen zu können. - Erstaunt hat mich ihre freudige Begrüssung, war ich doch nicht immer sehr nett zu ihr, denn ihre Unbelehrbarkeit hat mich gereizt. Doch alles scheint bereits vergessen.
Genau wie mich Othman erstaunt, denn auch er mag Kritik eigentlich nicht, obwohl er mich nach meiner Meinung gefragt hat. Ich habe ihm ehrlich gesagt, dass mir seine Bautätigkeit missfalle und auch sonst ein paar Sachen kritisiert. Insbesondere die Finanzen und dies selbst als sein Bruder, ein wichtiger Mann in der Hafenverwaltung von Lindi und gebildet, gestern zu Besuch war und die Professionalität der beiden Manager bezweifelt hat. Ich habe ihm Recht gegeben und dachte später, dass ich wohl etwas zu weit gegangen sei. - Aber nein, Othman begrüsst mich auch heute wieder freundlich.


Freitag, 22. September 2017

2017.09.21, Sansibar

Ist Asfia noch vor sechs Monaten schreiend davon gerannt, wenn sie mich gesehen hat, so ist die nun dreijährige grossgewachsene Tochter von Salum und Mgeni nun sehr anhänglich, sie scheint sich an Weisshäute gewöhnt zu haben. Will zu mir hinauf kommen und spielen. Nur dass es in meiner Wohnung für kleine Kinder ohne Aufsicht recht gefährlich ist. Ich überlege mir bereits, wie ich es schaffen könnte, die Treppe hinunter an ihrem Eingang vorbei zu schleichen ohne dass sie es bemerkt. Denn Lust, Kinder zu hüten, habe ich auch jetzt noch keine. Nicht dass ich Kinder nicht mag, Asfia sogar besonders, doch mag ich eben sehr viele andere Sachen noch viel mehr.

Ich sei sehr glücklich, dass es noch Einheimische im Lukmaan habe, bemerke ich am Abend, als an den Tischen Richtung Strasse, dort wo man zuschauen kann was passiert, Muhammad, der Sheika, der Vorsteher des Quartiers, Salum und ein paar weitere Gesichter die ich kenne, sitzen. Man lacht. Aber eigentlich ist es wahr, ich bin froh, dass diese paar einflussreichen Quartierbewohner am Abend gut sichtbar vor dem Restaurant sitzen. Das bekämpft die paar Komentare im Tripadvisor, die meinen, der Lukmaan sei nun eine „Touristenknelle“ geworden. Dem hätte ich am Mittag auch zugestimmt, da waren praktisch 90% der Besucher Weisse. - Aber Othman hat wohl recht, wenn er sagt, dass das bereits im Januar so gewesen sei. Nur damals waren ein grosser Teil der Touristen Schwarze. Aus Kenia, Uganda, Ruanda oder Südafrika. Die sind für uns Weisse gar nicht so einfach als Touristen zu erkennen. Und vielleicht waren am Mittag ja auch recht viele Weisse, die in Sansibar wohnen, dort. Aufgefallen sind mir einzig Paare mit weisser Frau und schwarzem Mann und Kindern cafeaulait. Aber von denen hat es schon immer viele im Lukmaan gehabt.



Falsch oder echt? Welcher dieser Mückensprays ist der richtige? Rechts falsch, das habe ich gestern gekauft, weil ich die Dose von früher noch in Erinnerung hatte, hat fürchterlich gestunken und in der Lunge gebrannt. Salum hat mich dann aufgeklärt. Ich hätte eben die falsche Dose gekauft, die linke sei die Richtige, da gäbe es nun Kopien. Ich beschliesse, den Kauf solcher Sachen in der Zukunft Salum zu überlassen. China lässt grüssen - vermutlich.

2017.09.20, Sansibar

In der Nacht auf Dienstag bereits etwas Regen, tagsüber schwüler als bisher, erstmals über 30 Grad, in der Nacht auf heute dann stärkerer Regen und heute scheint es einen regnerischen Tag zu geben, ich mag das. Natürlich auch, weil für morgen bereits wieder gutes Wetter angesagt ist. Daran glaube ich nun, hat doch Meteoblue, eine weltweite Wetter App, das bereits fünf Tage im voraus angesagt. Was mir bestätigt, dass diese Prognosen auch für das Gleitschirmfliegen in der Schweiz nicht schlecht sein können. Den Gang nach Mlandege erspare ich mir heute, das verschieben wir auf morgen und machen uns einen häuslichen Tag. Dafür werde ich am Mittag sicher in den Lukmaan beim Baobab gehen um zu schauen, wie stark dort der Regen das Geschehen behindert.


Nach Mlandege muss ich, weil in meinem Haushalt immer noch vieles fehlt, erst muss wieder alles organisiert werden. SIM-Karte und damit Internet reaktivieren, das habe ich gestern geschafft, neue Plastikeimer, Besen, Putzmittel, etc. einkaufen, denn aus unerfindlichen Gründen sind die jedes Mal entweder kaputt oder verschwunden. Wenn ich nicht hier bin vermietet Salum die Wohnung an Ausländer und die Putzfrau kommt weiterhin wöchentlich. Manchmal denke ich, ich habe wohl bereits die halbe Insel mit Plastikzeugs versorgt.



Keine Probleme im Lukmaan, viele Gäste wie immer. Als ich nach Hause komme fühle ich mich schlecht. Herzklopfen, keine Kraft, starke Kopfschmerzen. Nach dem Regen nun stürmischer Wind aus Südwest, habe ich wohl eine Migräne? Ich liege auf dem Bett und arbeite am Pad und ganz plötzlich - einem Geist gleich - sehe ich Asfia neben mir sitzen. Ich habe weder ein Geräusch gehört noch einen Schatten gesehen. Ohne etwas zu sprechen schaut sie mich an. Traurig scheint mir ihr Blick oder auch nur nachdenklich? Gerne wüsste ich was sie denkt. Etwas später blicken von der Dachterrasse gegenüber, sie wird zum Wäsche hängen gebraucht, ein paar kleine Mädchen zu mir hinüber. Ich winke und sie winken zurück. Und bleiben und schauen, ich scheine die Attraktion dieses Viertels geworden zu sein.



2017.09.17, Sansibar

Im Lukmaan trinke ich Tee und esse Vegetable Chapatis, nicht gut, finde ich, die Gewürze fehlen, simple Gemüsetaschen, die hat früher ein Inder viel besser gemacht. Sonntag Morgen, um die herausgeputzten Besucher der Kirche gleich nebenan zu bewundern, dazu bin ich noch zu früh, so beschliesse ich, den Muhammad besuchen zu gehen. Tee nochmals, Diskussionen wie immer, Muhammad ist nun zuständig für die Entwicklung der Insel. Er sei ungefähr zur gleichen Zeit wie ich zurück auf Sansibar gekommen, erinnert er mich, er hat in Europa studiert. Die Leute hier würden immer noch im Sippendenken leben. Wenige Chefs, ursprünglich die Dorfältesten, heute wohl die Reichen, und der Rest der Bevölkerung verhalte sich wie unmündige Kinder. Deshalb falle es ihnen so leicht, zu betteln, Hemmungen fehlten vollkommen. Die moderne Zeit, die Digitalisierung, die sei auch nach Afrika gekommen. Doch leider sei die Bevölkerung nicht dafür reif. Insbesondere mit seinen Sansibaris hadert der Muhammad. Kaum Bildung und lange zu stolz um im Tourismus zu arbeiten. Immer mehr gut ausgebildete Leute kämen vom Festland und würden verantwortungsvolle Arbeiten übernehmen. Das riskiere irgend einmal Konflikte zu geben, denn ohne Veränderung im Bewusstsein der Leute, werde die sansibarische Gesellschaft an den Rand gedrängt.
Wir sprechen auch über die neue Strasse zum Fährhafen. Die Palmen? Das seien die billigsten Bäume, deshalb hätten sie die gepflanzt. Und ganz in der Nähe unseres Hauses werde es auch noch einen schönen Platz geben, das werde unser Quartier enorm aufwerten. Einen guten Kauf hätte ich damals gemacht, findet er. Und ich hoffe, das Quartier wird damit nicht allzu touristisch werden.

Es ist Ebbe, ich spaziere dem Strand entlang um die Shanganispitze herum nach Hause. Ich sehe junge Leute vor den zwei neuen grossen Kunststoffbooten am Strand vor dem Tembo Hotel posieren und Selfis machen. In den Forodhani Gardens beobachte ich ein junges Pärchen, die Frau ist hübsch und flirtet enorm. Obwohl ich feststelle, dass ihre Hände in schwarzen Handschuhen stecken und die Füsse in schwarzen Socken. Einen Hijab trägt sie zwar nicht, doch muss sie aus einer sehr religiösen Familie stammen.


Donnerstag, 21. September 2017

2017.09.16, Sansibar

Angenehm kühl ist es um zwei Uhr nachts als ich in Sansibar ankomme, meine zwei Riesensäcke sind sofort da, keine Zollkontrolle, heute habe ich Glück, Salum wartet bereits draussen. Als erster Sinn wird der Geruchssinn wach. Nach der erstaunlich angenehmen frischen Luft beim Verlassen des Flugzeuges in Nairobi, hier ein leichter Modergeruch, aber auch nicht genau, etwas Süsses dabei, Blüten der Nacht. Als zweiter Sinn wird das Fühlen aktiv, der Staub wenn man etwas berührt, selbst wenn die Putzfrau vor zwei Tagen gereinigt hat. Die Feuchtigkeit der Stoffe, die ich aus meinem Schrank heraus hole. Das Hören kommt erst am Morgen, um zwei Uhr nachts ist die Stadt ruhig. Den ersten Muezzin um fünf Uhr morgens verpasse ich, da muss ich in verdientem Tiefschlaf gelegen haben, erst das Kindergeschrei am Morgen nehme ich wahr. Die auffälligsten Geräusche heute Samstag: Nach dem Wiederholungssingsang der Koranschüler am Morgen, am Nachmittag dann die spielenden Kinder, die haben heute frei, und zwischendurch die lästige Schleifmaschine unseres Nachbarn, eines Schreiners, doch zum Glück heute nie für lang. Doch ich will mich nicht beklagen, nicht zur Gentrifizierung beitragen, die Handwerker im Quartier, die waren vor uns da und die vielen Kinder ebenfalls. Erstaunlich finde ich, dass Salum sich über den Lärm der Madrasa beklagt. Dabei ist die normale Schule daneben nicht besser. Eine Lehrerin, die etwas in die Klasse hinaus schreit und ein Chor von Kindern, der antwortet. - Salum beunruhigt mich etwas, er erscheint in einem Kanzu. Beim Gespräch merke ich, dass er vieles vergessen hat und am Morgen, bei Tageslicht finde ich, dass er schlecht aussieht, auch gealtert. Hoffentlich ist er nur müde nach der Nacht mit wenig Schlaf.


Stimmt natürlich nicht, dieses Foto, Laila, unser Kater ist schon längstens tot. Ich brauche ihn als Platzhalter, im Moment wollen die Fotos noch nicht so recht vom i-phone in den Blogger rutschen, das braucht Zeit. Und hat mir bereits für 15'000 Shillingi Internet gekostet....

Fünf Uhr abends, ich bin hier um zwei Uhr in der Früh angekommen und habe noch keinen Schritt aus dem Haus gemacht, Herumnuschen bis alles wieder seinen Platz gefunden hat, ich muss jetzt raus. Immerhin. Arbeit mit den Händen, physisch ermüdend, vor allem heute wo ich kaum geschlafen habe - aber Abwechslung und Entspannung für den Kopf.

Spaziergang zum Mkunazini Lukmaan. Wenig hat sich verändert, finde ich, hier etwas renoviert, dafür dort bereits wieder verlottert, irgendwie schafft es diese Stadt, immer ungefähr gleich erbärmlich auszusehen. Auch zum Glück. Das übertrieben heraus geputzte Gesicht, das häufig nach einer Weile neue Tourismusdestinationen befällt, definitiv, das ist wohl nichts für die  Stown Town, vielleicht generell nichts für Afrika. Hier am Entstehen, dort am Vergehen,…… einem Naturgesetz gleicht dieser Kreislauf, wird es dem Lukmaan auch so ergehen?

Dienstag, 19. September 2017

15.September 2017, unterwegs


Der Sturm gestern Morgen hat meine gewohnte Nervosität kurz vor der Abreise verstärkt, der Himmel färbt sich hinter der schwarzen Silhouette des Juras sanft rosa, früh heute Morgen habe ich den Zug Richtung Flughafen bestiegen und beschliesse nun, dem Naturschauspiel zuzuschauen. Immer dieses Pad, früher habe ich auf Reisen noch etwas erlebt. Es wird beiseite gelegt. Nach Solothurn plötzlich Nebel, nur noch schemenhaft Leitungsmasten, manchmal ein Baum. Herbst und damit Zeit aufzubrechen. Bei Oensingen lichtet sich der Nebel zwar, doch der Zauber ist weg. Grau auch der Himmel dahinter, nordwärts in der Klus sitzt noch ein Nebelfetzen wie ein Wattebausch. Palmen gleich erscheinen mir auf einer entfernten Anhöhe die vier stehen gebliebenen Bäume, im Waldesinneren müssen sie gestanden haben, astlos fast bis zum Wipfel, Sansibar drängt sich vor.
Eine schlaflose Nacht. Nicht wegen der bevorstehenden Reise. Mein Atelierbau in Gsteigwiler lässt sich nicht aus den Gehirnwindungen verscheuchen, bis am Morgen ist fast alles klar, die Lösung, ich muss das nur noch aufzeichnen. Das Industriequartier von Olten, noch halb verhüllt, die Glasfronten der Büropaläste sind beschlagen, das Zugrestaurant wird von einer Schar Geschäftsleuten geflutet, sofort am Bildschirm, communication not wanted. Gestern Abend noch die Stimme von Salum, laut und wie von gleich nebenan scheint es, WhatsApp, er fragt, ob er mich diese oder die nächste Nacht vom Flughafen abholen solle. Erst morgen, beruhige ich ihn. Gelb der Himmel über Zürich, dramatisch beleuchtete Rauchsäulen, zwischendurch blendet die Sonne ins Zugabteil, Dunst wabbert über dem Fluss. Es wird einen strahlenden Herbsttag geben.



Mit meinen 4 Kilos Übergewicht im Handgepäck komme ich problemlos durch die Flughafenkontrollen, da war die SBB beim Einchecken des Gepäcks pingeliger,  600g musste ich von meinen 46kg Erlaubten entfernen. Warten auf die Kontrollen, warten auf die Toiletten, selbst für den Kaffee stehe ich an. Warten schliesslich beim Einsteigen ins Flugzeug. Spiessrutenlauf durch die 1. Klasse, den Passagieren wird hier bereits Champagner serviert, warum machen die das, man könnte doch hinten einsteigen oder früher? Die Hälfte dieser Sitze sind von Afrikanern belegt, während in der Economy praktisch nur weisse Touristen sitzen. Eine leise Wut steigt in mir hoch. Immer noch reise ich ich in der Economy. Das arme Afrika, die vielen Entwicklungsmilliarden, und die wenigen stinkreichen Afrikaner, die sich nun wirklich nichts vergönnen. 

Gestern habe ich  noch 500.- auf das Konto von Cyril eingezahlt, meinem Baumdoktor, Restposten ans Klettermaterial, mein Gott, 500.- Dollar, eine einzelne Ausrüstung koste 1500.-, wie schnell werden diese Kletterausrüstungen verschwunden sein? 50m Kletterseil, auch für den Fischfang sehr nützlich, sieben Monatseinkommen eine ganze Ausrüstung, natürlich eine Versuchung - das muss man verstehen - wie lange wird dieses Material seinem vorgesehenen Zweck dienen?  -   Und ja, ich bin sehr gestresst,  mit einem Baumdoktor nach Afrika zu reisen, der noch keine 3.-Welt-Erfahrung hat. Über der Küste von Ex-Jugoslawien nun, die Wolken haben sich gelichtet, der Blick lohnt, ich sollte optimistischer sein und mich entspannen. Diese Moral auf der wir so beharren. Leicht ist sie von unserem Blickwinkel aus. Doch wenn man kaum etwas verdient, die Lebenskosten in der Stadt aber trotzdem hoch sind..,,,,
Ein Flugzeug muss das sein links von uns, für meine Augen ein Schmutzfleck unter dem Flügel, parallel fliegend, wir sind über Dubrovnik. Die Farben haben geändert, Braunockertöne nun, das Flugzeug ruckelig nervös. Werden wir in Sansibar irgend etwas Sinnvolles machen können? Keine Zweifel nun, vorwärts, das Mittagessen wird bald serviert, die Küsten des Kosovo müssen schön und noch recht wenig verbaut sein. Pouletragout mit Rösti und Bohnen, Salat, Rüeblitorte, alles nicht schlecht, vielleicht auch, weil die erste Mahlzeit seit meinem Erwachen vor sechs Stunden. Mit Rotwein abgelöscht. Unter mir führen Strassen auf die scharfen Bergkanten im Peloponnes. Bei genauem Hinschauen sehe ich entlang der Grate Reihen von Windmühlen. Und einmal fliegt ein anderes Flugzeug der Swiss ganz knapp, finde ich, entgegenkommend, fast unter uns vorbei.
Meine Sitznachbarin geht nach Mombasa, in einen Vorort, sagt sie. Zweimal pro Jahr für drei Wochen, nein einmal pro Jahr zwei bis drei Monate, das könne sie nie, viel zu teuer. Sie arbeitet bei der CS Kreditkarten Hotline, häufig auch nachts, meint sie.


Der erste Landeversuch in Nairobi wird abgebrochen, zu nahe am vorderen Flugzeug verkündet der Pilot, durchstarten, ein zweiter Versuch, er klappt, wir landen mit etwas Verspätung. Die mich nicht stört, denn ich muss sowieso mehr als fünf Stunden auf meinen Flug nach Sansibar warten. Verwirrung im Flughafen, mein Gepäck, das müsse ich holen und für den nächsten Flug wieder aufgeben, meint meine Sitznachbarin, eine Keniagewohnte, doch zum Glück ich nicht, Transit, meine zwei mal 23kg plus 12kg Handgepäck, das hätte ich ich nie geschafft. Entspannen. Sich nicht aufregen, dass der Flughafen von Nairobi auch mehr als drei Jahre nach dem Brand immer noch ein chaotisches Provisorium ist, wo sind wohl die Gelder hingeflossen? Auch nicht darüber dass ich insgesamt dreimal eine Sicherheitskontrolle mit Röntgenmaschinen durchquere, die Aufsicht lümmelt träge in den Sitzen herum, dreimal schlecht kontrolliert, was soll daran besser sein? Doch der Mann im Parfumladen ist nett, öffnet verschiedene Flaschen, schliesslich kaufe ich für Salum Hugo Boss, ein Vermögen, und entscheide mich darauf, in einem Restaurant gut essen zu gehen. Nebenan sitzen Chinesen und essen Chinesisch. Zum Glück ist auch hier der Kellner äusserst nett, das versöhnt, vielleicht auch das Bier. Tuskers aus Kenia, nicht schlecht. Ich muss mir noch etwas zuliebe tun vor der muslimischen Zeit.