Montag, 7. Dezember 2015

6.Dezember 2015



Christian und Luzia halten in Jambiani Ausschau


Segelmeister Mody


Abendstimmung im Hafen der Stown Town

Sonntagmorgen, etwas stiller als andere Tage, als Eingeweihte spürt man das, obwohl nur die Beamten und die kleine Mittelschicht, nun am Sonntag die Stadt Richtung Strände verlässt. Und länger schläft. Oder frühmorgens am Strand Gymnastik macht. Mgeni singt unten fröhlich mit dem Kind, sie scheint heute gut gelaunt zu sein und mir geht es auch wieder ordentlich. Der Start hier in Sansibar war mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen verbunden, nichts Schlimmes, viel Lästiges, ich hoffe nun geht es bergauf.
Das Ankommen und Einleben war rasant. Luzia und Christian aus der Schweiz waren bereits hier in meiner Wohnung, eigentlich wollte ich die erste Woche mit ihnen als Touristin verbringen. Doch das hat nicht ganz geklappt. Immerhin, wir sind zusammen auf der Sandbank schnorcheln gegangen, ein Segeltörn, Mody ist immer noch kein Segelmeister. Dafür sind die Korallen bei der Sandbank viel schöner als in meiner Erinnerung. Lange ist es her, dass ich das letzte Mal dort hinaus gefahren bin.
Ein Tagesausflug nach Jambiani. Die Farben des Meeres an der Ostküste faszinieren mich immer wieder. Mit meinen Besuchern des Abends in Touristenrestaurants. All dies hört jetzt wieder auf, ich werde mich wie immer hauptsächlich im Lukmaan verpflegen. Oder die drei vier Nachahmer testen, man muss ja wissen, was die Konkurrenz macht.




Im Hintergrund der Lautsprecherturm der Schiitischen Mosche.


Links die Moschee, besser der Versammlungsort der Alawiten,
rechts die Mosche der Indischen Bohora. Beide Gemeinschaften
sind für Aussenstehende geschlossen. Die Alawiten, meint Salum,
weil sie eher wie ein Club funktionierten. Von den Indischen
muslimischen Gemeinschaften stehen deshalb einzig die
Schiitischen Moscheen der Allgemeinheit offen.

Salums Morgenvisite unterbricht mein Schreiben.  Er erklärt mir die Teilung des Islam in Shiiten und Sunniten. Ich kenne die Geschichte bereits, in Afrika erzählt man Geschichten immer wieder, Wiederholung ist Prinzip. Die Namen der Beteiligten habe ich vergessen, ihren Verwandtschaftsgrad, es wird auch diesmal nicht in meinem Kopf haften bleiben. Die Nachfolgeregelung nach Mohammeds Tod hat die Gemeinschaft auseinander fallen lassen, eine hässliche und blutige Zeit.
Natürlich sprechen wir auch von den heutigen Konflikten. Salum ist pessimistisch, das werde noch lange so weiter gehen. Darauf zu sprechen kommen wir, weil ich ihn frage, was denn das für eine merkwürdige – für mich beängstigende Veranstaltung gewesen sei gestern Abend? Weil ich mich immer noch schwach fühlte, ging ich bereits um halb neun zu Bett und muss auch gleich eingeschlafen sein. Um neun wurde ich von laut dröhnenden Lautsprechern geweckt. Gesungen wurde, psalmodiert, rezitiert, auch in Englisch mit hartem Akzent, ich verstand bruchstückhaft etwas von Islam und x-Millionen Muslimen auf der Welt, fanatischer Klang in der Stimme. Der Lärm kam vom kleinen Platz, wo normalerweise Fussball gespielt wird. Scheinwerfer, Lautsprecher, sind die nun vollkommen verrückt geworden?
Salum erklärt mir, dass sei eine Zeremonie der indischen Shiiten gewesen. Ein Gedenktag für das Morden gerade nach Mohammeds Tod, das mit der Spaltung der Muslime endete. - Und damit sind wir wieder am Anfang der Geschichte.

Beruhigend finde ich, dass die Shiiten – in Sansibar eine Minderheit – diese Feier öffentlich machen und alle Leute eingeladen haben, Salum, Sunnit wie die meisten hier, war auch dabei. Hier ist von einem Kampf innerhalb des Islam nichts zu spüren. Salum findet bewundernd, dass die Shiiten im allgemeinen sehr gebildete Leute seien. Er hat mich bereits früher, anlässlich eines Telefonats aus der Schweiz damit überrascht, dass er fand, der Westen habe einen grossen Fehler gemacht damit, Assad unbedingt stürzen zu wollen. Dass da weit schlimmere Mächte an die Oberfläche gespült würden, das sei doch klar gewesen. Ein Diktator, klar, der habe Schlimmes gemacht, meint Salum, doch wenn wir Westler alle schlimmen Diktatoren dieser Welt stürzen wollten, dann hätten wir noch viel zu tun. Warum gerade Assad? – Auch ich erlaube mir zu glauben, dass der Westen doch recht unbedacht in dieser Geschichte seine Ideale ausgelebt, bzw. unterstützt, hat. Revolutionäre gegen Diktatoren, das passt in unser Weltbild. Aber die Verhältnisse dort sind unendlich viel komplizierter und für uns unvorhersehbar. Assad als Alawit gehört sicher zu der fortschrittlichsten Gruppierung im Islam und steht uns Westlern damit am nächsten.

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