Mittwoch, 30. Dezember 2015

Frauengespräche



Sharifa, meine Hennapainterin, sitzt nicht mehr in ihrem Laden.
Nun doch verheiratet? Sie meinte im Frühling, sie glaube, sie werde
bald heiraten. Ob sie verliebt sei? Nein, einfach so ein Gefühl.

Nach der Sitzung im Lukmaan, es ging um die Preisgestaltung und den Einsatz der einzelnen Köche und Köchinnen, fragt Franziska Agba, die Besitzerin des Lokals des Kiponda Lukmaan, der vom Lukmaan betrieben wird, unvermittelt, wie denn das so sei, als eine von drei Frauen eines Mannes.  Agba, die zweite Frau eines reichen und einflussreichen Wirtschaftsanwaltes, findet das kein Problem. Vielleicht in den ersten paar Tagen, nachdem ihr Mann eine dritte Frau genommen habe, aber da gewöhne man sich rasch daran. Ihr Mann habe nun insgesamt 16 Kinder, sie selber habe mit ihm deren vier, er kümmere sich um diese Kinder, die würden alle zusammen zur Schule gehen und seien Freunde. Und der Mann schaue täglich einmal kurz herein. Bei allen drei Haushalten? Ja doch. Neben den zwei Gebeten allabendlich und der strengen Arbeit. Und je zwei Tage pro Woche sei er bei einer der Frauen. - Das sei auch angenehm. Wenn er komme, freue sie sich und wenn er weg sei, dann geniesse sie ihre Freiheit. So sei ihre Gesellschaft, man sei sich das gewohnt, sie habe da keine Probleme. Für eine Frau sei es auf alle Fälle besser verheiratet zu sein. Es gäbe keine Alternative dazu, allein selbstständig leben, das sei in ihrer Gesellschaft unmöglich. Eine geschiedene oder verwitwete Frau gehe wieder zu ihren Eltern zurück, allenfalls zu Brüdern, denn die männlichen Mitglieder der Familie, die seinen dafür verantwortlich, für den weiblichen Teil zu sorgen. Aber das sei dann natürlich nicht immer einfach, man bevorzuge einen eigenen Haushalt.
Überhaupt ist ja das Leben zwischen der Männer- und der Frauengesellschaft gänzlich getrennt. Man sieht selten ganze Familien herumspazieren. Männergrüppchen – jetzt aber immer häufiger auch Frauengrüppchen - sind unterwegs, in dem Sinne haben sich die Frauen schon emanzipiert.

Asfia und Mgeni im Ausgang

Ich sage zu Salum, er sitzt auch bei uns, dass ich denke, dass Asfia einmal anders leben wird. Dass sie sich ihren Mann selber auswählen wird, denn wir sprechen auch über Verliebtheit. Man müsse sich mögen, das schon, man werde sich zuerst vorgestellt und könne ablehnen. So entsteht bestenfalls - aber nach meiner Erfahrung hier eben doch häufig – nach einer gewissen Zeit Liebe. Ohne vorheriges Verliebtsein.
Salum meint, ja das sei schon möglich, dieser Wandel, der beginne im Nahen Osten bereits. Wir sind uns einig, dass dies wohl vor allem mit den wirtschaftlichen Bedingungen zu tun hat. - Aber ja, er als Vater, er wünsche sich das natürlich nicht unbedingt. Ich denke, dass gar mancher Vater auch bei uns in der Schweiz etwas Mühe hat, seine Tochter an einen Mann abzugeben, den er nicht mitbestimmen kann.


Eine Gruppe arbeitende Frauen in der Gärtnerei im Park

Die meisten Frauen, meint Salum, die seien mit dem System glücklich. Ein zuverlässiger, wenn auch nicht immer anwesender Mann, und die Kinder. Sicherheit, das sei das wichtigste was sie wollten. Ich denke ebenfalls, das Mgeni glücklich ist, ich höre sie unten oft lachen, mit Asfia spielen oder singen. Auch wenn ich überzeugt bin, dass sie nichts dagegen hätte, wenn er mehr Zeit für sie hätte und immer noch ab und zu mit ihr in die Forodhani Gardens gehen würde. So wie er das während der ersten Schwangerschaft mit Ahmedi getan habe. Junge Paare, auch Paare mit dem ersten Kind, die sieht man noch häufig zusammen im Ausgang. - Aber offensichtlich scheint sie sich mit ihrer Rolle zufrieden gegeben zu haben. Wichtig sind ihr die indischen Fernsehserien, wie sie mir erzählt (und wie sich Salum bei mir beklagt).  Einmal, als sie ein paar Tage zu ihrer Familie gegangen sei, auch dies ist hier sehr geläufig, da habe Salum einfach das Fernsehabonnement gewechselt, und sie habe die Sender, die sie möge nicht mehr gehabt. Das habe sie dann sofort zurück gewechselt, auch wenn Salum gemeint habe, dann müsse sie den Anschluss selber bezahlen, das sei ihr egal. – Ich denke mir erst, dass diese schwülstigen Liebesfilme doch eher zu Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, der eigenen Partnerschaft aufstacheln müssten. Aber das scheint nicht der Fall zu sein. Vermutlich ist die indische Gesellschaft der Sansibarischen doch recht ähnlich und die Sehnsüchte und die Romanzen, die finden im Kopf oben statt. Und scheinen auszureichen. - Vermutlich auch häufig bei uns.



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