Donnerstag, 10. Dezember 2015

Obskure Geldflüsse und Vertrauen



ein Leck auf dem Nachbardach wird geflickt. In rund 10m Höhe ohne Sicherung


obskure Schatten und Ausblicke

Bereits in der ersten Woche hatten wir eine Sitzung mit Othman und Salum, den beiden Besitzern, und Franziska, der Schweizerin, die ich angestellt habe, damit sie den Lukmaan etwas „professionalisiert“.
In der Sitzung habe ich gefordert, dass die Kosten reduziert werden müssten im Restaurant oder die Preise erhöht, oder beides etwas, denn Franziska hat herausgefunden, dass der sehr gut laufende Lukmaan eigentlich gar keinen Profit abwirft. Das Geld versickert. Ohne dass man das bisher so richtig bemerkt hätte, denn wenn Investitionen anstanden, hat Salum das Geld vom Renovationskonto genommen. In Afrika wird Geld immer dorthin verschoben, wo es gerade benötigt wird. Solange genug Geld vorhanden war haben sich so keine Probleme gezeigt.
Mit Franziskas genauer Kostenanalyse werden die nun offensichtlich. Ich fordere deshalb, dass ein Geschäft sich selber tragen müsse, dass Reserven angelegt werden müssten, damit auch der Unterhalt und notwendige Investitionen selber bezahlt werden könnten.

Und frage mich plötzlich, allein Zuhause, ob die genaue Analyse der finanziellen Verhältnisse überhaupt wünschenswert ist. Vielleicht wird dann allzu klar, dass die Finanzen ungleich verteilt sind, dann ist der Friede zwischen den beiden dahin. Schliesslich hat das Geschäft zwischen Salum und Othman diese 10 Jahre rein auf Vertrauen basiert. Und selbst wenn Salum immer wieder sagt, mit Othman könne man nicht diskutieren - die zwei sind wirklich sehr unterschiedlich und beide gleichzeitig extrem starrköpfig, Salum weicht Othman deshalb oft aus - dann scheint da doch irgend eine Übereinkunft zu bestehen, denn sonst wäre der Lukmaan nicht während 10 Jahre gewachsen und erfolgreich geworden. – Umgekehrt: Könnte es in der jetzigen Grösse noch lange so weiter gehen, ohne zusätzlich einfliessendes Kapital? All dies scheint mir schwierig zu beurteilen. Gut möglich, dass ein Einheimischer, der überflüssiges Geld hat, bereits wäre, etwas einzulegen, denn der Lukmaan gilt als äusserst erfolgreiches Projekt. Dass kein Profit da ist, das merkt man von aussen nicht. - Wobei: Vielleicht ist eben doch ein Profit da, nur wissen wir das nicht, wenn wir nicht wissen, wie viel Geld Salum und Othman jeweils der Kasse entnehmen oder auch einlegen.

Salum, das merke ich heute morgen, ist bereit für einen Systemwechsel. Er findet, man müsse nun Klarheit schaffen. Das gehe eben etwas länger in Afrika. Othman mache das nicht aus Böswilligkeit, dass er die Daten nicht abliefere. Es brauche eben Zeit, sich anzugewöhnen, über Geldflüsse Rechenschaft ablegen zu müssen.

Ob ich nun enttäuscht bin, dass Geld von der Renovationskasse in den Lukmaan geflossen ist? Nicht wirklich, das habe ich vermutet.  Schliesslich habe ich nun ein schön renoviertes Haus – auch die Qualität der Arbeiten stimmt, ich bin sehr erfreut darüber, dass weder die Holzarbeiten gänzlich verzogen sind, das war also gut gelagertes teures Holz, noch die Böden gesprungen – für einen Betrag, der rund 20 Prozent über dem Kostenvoranschlag liegt. - Das haben wir in Biel auch nicht besser gemacht. Und wenn daneben auch viel Geld anderswohin geflossen ist, das Haus ist seinen Preis wert. Und wäre mit professionellem Architekten und Handwerkern sicherlich nicht billiger zu stehen gekommen.

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