Montag, 30. Dezember 2013

28.Dezember 2013



Detail aus dem Malindi House



Es gibt Tage, an denen man an böse Geister zu glauben beginnt in Afrika. Heute ist ein solcher Tag. Gestern Abend, als ich vom Lukmaan nach Hause gekommen bin, wollte ich rasch das Jogurt, das ich mitgebracht hatte, in Mohammeds Kühlschrank stellen, denn meinen habe ich abgestellt. Für etwas Milch und Jogurt rentiert das nicht. Im oberen Stock stinkt es merkwürdig nach verrottetem Fleisch und als ich mich dem Kühlschrank nähere, sehe ich plötzlich, dass darunter Blut hervor fliesst und sich bereits durch die Rinnen zwischen den Bodenplatten überall ausgebreitet hat. Ich verlasse den Raum fluchtartig und gehe hinunter. Was soll das? Ein Gruselfilm? Das ganze beschäftigt mich in der Nacht. Am Morgen schicke ich Ali hinauf. Der meint, da sei ein grosses Packet mit Fleisch im Gefrierfach, der Stromschalter zum Kühlschrank sei jedoch abgestellt. Ich habe diesen Schalter nie berührt, und bin auch überzeugt, dass vor zwei Tagen, als ich eine Mango kurz einfrieren wollte um sie besser schneiden zu können, das Gefrierfach gänzlich leer gewesen ist und abgestellt. Ali stellt den Schalter wieder ein und meint, jetzt könne man sowieso nichts machen. Müsse warten, bis die Sache wieder eingefroren sei. Und wahrscheinlich habe jemand einen Schlüssel zur Wohnung und habe dort das Fleisch lagern wollen. Ich bin bisher nie jemandem begegnet und wusste auch nichts davon. Vier riesige schwarze Fliegen verfolgen mich hinunter in meine Wohnung, ich bewaffne mich mit Insektenspray, langsam geht es ums Überleben, da ist mir egal, wenn auch ich etwas Gift abbekomme.
Als ich auf meine kleine Zehe blicke, bemerke ich, dass die schwarz geworden ist. Erst habe ich gedacht, dass sie unanständig schmutzig sei, mich aber dann erinnert, dass ich sie kürzlich angeschlagen habe, das ist ein tiefes Blau. Das i-phone kann ich auch nicht laden, verfluche das Gerät zuerst, bis mir dann in den Sinn kommt, dass Natels nicht allen Strom fressen, das ist mir in China auch schon passiert. Mit einem Zwischenstecker, der den Strom ausgleicht, ein nützliches Utensil in solchen Gegenden, klappt es dann schliesslich. Auch meine Funkmaus will wieder einmal nicht, das kenne ich, aber muss es gerade heute sein?

Im Lukmaan finde ich den besten Kassier, einen Bruder von Alis Frau und gut aussehend, zum ersten Mal nervös und übellaunig an der Kasse. So viele Leute hat es doch noch gar nicht im Restaurant. Im Malindi House muss ich den Terrazzogiessern erklären, dass mir das Resultat in der Toilette nicht wirklich gefällt, bei solchen Sachen hat mich der Ali immer gerne dabei. Wir werden uns nicht einig, wie man das besser machen könnte. Das Wissen, das müssten die Handwerker haben. Ich weiss lediglich, dass ich keine wolkenartigen Flecken will, sondern eine homogene Fläche. Und das zwischen dem Randbord, das dunkel vorgesehen war und dem Zentrum, das heller sein sollte, überhaupt kein Unterschied ist. Und mit all den Ideen, wie man die jetzt noch für Kinder gefährlichen schiessschartenartigen Öffnungen in bodennähe mit einer Metalldekoration sichern könnte, bin ich auch nicht zufrieden. Die richtige Idee scheint mir noch nicht gefunden zu sein. Ich habe keine Geduld heute, bin vielleicht immer noch zu krank, ich gehe auf einen Spaziergang durch die Forodhani Gardens. Das Kreuzfahrtschiff, das gestern im Hafenbecken ankerte ist verschwunden, dafür ist wieder einmal – selten nun, seit die neue Hafenanlage fertig ist – ein kleines Fährschiff beim Tembo Hotel am Strand gelandet, Fahrzeuge werden ein und ausgeladen. Das Meer zischt launisch, spritzt wilde Gischt über die Quaimauern hoch, keine grossen Wellen, denen man das zutrauen würde, aufgewühlt, nervös auch die See. Ich hänge mich im Schatten bequem an einen Balken und schaue dem Treiben zu, habe keine Energie zu Grösserem. Viele Einheimische sitzen mit mir reglos im Schatten. Zwischendurch springt einer auf, wenn ein Tourist in die Nähe kommt und versucht dem irgend etwas anzudrehen. Mit wenig Energie auch er heute, scheint mir, die Touristen bleiben sowieso nicht lange hier.

Als ich wieder Zuhause ankomme, bemerke ich, dass ich vergessen habe, den Schalter für die Wasserpumpe abzustellen. Zum Glück versickert hier überflüssiges Wasser einfach im Sand des Hofes. Im Badezimmer fliesst eine zähe braune Flüssigkeit an mehreren Stellen vom Dach hinunter, wenn sie beim Duschen nass wird, dann bröckelt es. Barton Fink lässt grüssen.
Der Himmel ist träge, enorm schwül ist es, zwischendurch ein paar Tropfen. Wenn dem heute auch noch einfallen würde, einfach hinunter zu fallen, dann würde mich dies nicht wirklich erstaunen.

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