Mittwoch, 1. Januar 2014

29.Dezember 2013







Zum Frühstück schneide ich eine Passionsfrucht entzwei und löffle das gelbliche Fruchtfleisch aus. Das erinnert mich an Eieressen. Frohe Ostern.

Ich sagte Ali gestern – er trägt wieder einmal einen Kanzu, traditionelle Männerkleidung, einen crèmegoldenen, das finde ich besonders hässlich – dass ich es nicht mag, wenn er Kanzu trägt - er tut das nur noch ganz selten - weil mich das an seine erste Zeit hier erinnert, als nichts gelingen wollte und er deprimiert war. Die Interviews aus dieser Zeit schaue ich nur ungern an und habe fast keine in meinem Film verwendet. So mochte ich den Ali nicht zeigen, ganz neutral ist man ja nie.
Jetzt gehe es ihm doch gut, er sei glücklich. Erfolgreich in der Gesellschaft ja, aber glücklich? Er habe sich angepasst, meint er, mache mit, lüge wenn notwendig, Bestechungsgeld manchmal, alles gegen seine Grundsätze, er sei halt geworden wie die anderen. Mindestens fähig, das Treiben zu ignorieren. Sonst halte man es hier nicht aus. Dem Druck der Gesellschaft, dem könne man nicht lange widerstehen. – Auch Mohammed kürzlich wollte sich nicht als glücklich bezeichnen. Zufrieden sei er, dass er das Gefühl habe, hier doch etwas bewirken zu können. Aber glücklich?

Man gewöhnt sich an alles. Den Hustensirup, den ich anfangs kaum schlucken konnte, zwar süsslich, aber mit einem widerlichen Abgang, den trinke ich nun ohne Probleme. Meine Geschmacksnerven scheinen betäubt zu sein.

Mohammed ist heute zurückgekehrt, die grauen Schuhe mit den keck blauen Schuhbändeln standen plötzlich wieder im Eingangsraum. Da habe ich aber Glück gehabt, erst heute Morgen hat die Putzfrau die Blutspuren in der Küche gereinigt und überhaupt seine ganze Wohnung geputzt.
Mohammed ist wieder der alte Mohammed, so wie ich ihn aus Europa kenne. Wie lange wird das anhalten?



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