Freitag, 10. Januar 2014

8.Januar 2014








Die Fumba Beach Lodge ist bevölkert von einer gewaltigen und geräuschvollen Tierwelt. Am Morgen mache ich einen Spaziergang durch die grosszügig gestaltete Anlage, auf deren Rückseite noch ein Streifen ursprünglichen  Waldes stehen geblieben ist. Kein üppiger Tropenwald, kurzstämmig und buschartig, wir sind hier bereits auf kargem Korallenboden, wunderbare Baobabs zwischendurch, in einem ist ein Sitzplatz untergebracht, der dem erfrischenden Kazkaziwind ausgesetzt ist. Im Busch huschen riesige, etwas plumpe Echsen davon, von einem Baum schimpft ein Eichhörnchen mit dem Schwanz schlagend wütend herab, die zwei Hunde der Besitzer schauen deprimiert und müde und strafen meine Annäherungsversuche mit arroganter Verachtung, als Wachhunde angestellt wohl, Schmetterlinge flattern herum, lange schaue ich einem schwarzen Reiher zu, der auf einem Felskopf an der Küste steht, ebenso starr und unbeweglich geworden wie er. Die zufriedene Ruhe in mir ist wieder eingekehrt. Unterstützt durch den Medikamentencocktail.

Da waren die Tiere der Nacht schon weniger gemütlich. Ein Kakerlakenbaby fällt vom palmblattgedeckten Dach auf mich hinab, direkt über meinem Kopf, werde ich am Morgen feststellen, ist ein Loch im Moskitonetz. Auch eine Mücke hat den Weg in das riesige Netz gefunden, das, einem Zelt gleich, im Raum steht. Habe ich mindestens bei einem meiner häufigen Wachzustände das Gefühl. Später sehe ich die Mücke nicht mehr und höre sie auch nicht. Auch ein Geist? Durch die Nacht dringt von ferne das Bellen von Hunden, Hähne scheinen die ganze Nacht über das Nahen des Tagesanbruches zu fühlen, Buschbabys lärmen in der Nähe herum und bei Tagesanbruch rast eine Horde Affen über das Dach. Daneben viele undefinierbare Stimmen, kein Zivilisationslärm, von fern einzig das Plätschern der Wellen, kaum Wind, leider, Fumba hat den Kazkazi im Rücken, der dringt nur träge durch das dichte Gebüsch.
Nachdem ich am Vortag 24 Stunden lang mehr oder weniger geschlafen habe, scheint mein Kopf diese Nacht nicht mehr anhalten zu wollen. Gedanken so viele, andere Reisen kommen mir in den Sinn, die Geräusche und süssen Gerüche der Blumen bringen dumpfe und wehmütige Erinnerungen hoch, die Hängematte am Strand die Schifffahrten auf dem Amazonas zurück, die Chumbe Island Lodge, auf einer Insel etwas weiter nördlich gelegen, steht wieder vor mir, die Gebäude dort sind noch schöner gestaltet, eine richtige Ökolodge.
Obwohl sich auch die Fumba Lodge umweltfreundlich gibt und es, mit Verzicht auf Klimaanlagen und weiterem Komfort, ja auch ist. Hier wird ebenfalls, wie ich lese, vorwiegend lokales Personal eingesetzt, man entschuldigt sich für eventuelle Missverständnisse wegen nicht perfekten Englischs, ich jedoch denke, an der Sprache liegt es nicht, kulturelle Probleme sind es schon eher. Der Kellner lacht laut - wahrscheinlich verlegen - als ich sage, ich sei allein hier und weist mir einen Platz vor den übrigen Gästen zu und mit dem Rücken zu ihnen. Ich werde heute darauf beharren, genau umgekehrt platziert zu werden, denn ich liebe es, Leute zu beobachten und mir dazu meine Geschichten zu machen. Am Nebentisch höre ich die Frau sagen, nein, nein, so alt sei sie denn auch wieder nicht, auch dies wohl eine nicht ganz passende Bemerkung. Aber freundlich ist das Personal und gesprächig.

Doch eigentlich war ich ja immer noch in tiefer Nacht, in der ich von einer unheimlichen Unruhe getrieben wurde. Als ob all meine Lebensgeister sich wehren würden nochmals in einen dämmrigen Abgrund geworfen zu werden, lange Zeit wollte der Schlaf nicht kommen. Einmal eingenickt wurde ich alsbald von einem Albtraum geweckt. Später war es ein Tier. Das dauerte so bis in den Morgen hinein. Vielleicht ist eben doch wahr, was Salum sagt. Dass in den Häusern Geister wohnen, die einen gerne zur Begrüssung etwas erschrecken kommen. In der Stone Town mindestens sind Albträume selten geworden.

Der Frühruf des Muezzin kommt hier ab Band, da scheint keiner gerne zu singen - vielleicht fehlt es ja auch an freiwilligen Frühaufstehern - das Band läuft zu langsam, die Stimme ist schleppend und kaum als Muezzinruf zu erkennen.

Mit Tieren habe ich Glück. Bei Sonnenuntergang laufe ich im Gelände des Hotels in eine Horde Affen hinein. Einer sitzt etwa einen Meter neben dem Weg und schafft es, beharrlich an mir vorbei zu starren, ich scheine ihn weder zu ängstigen noch zu interessieren, blasiert schon finde ich sein Verhalten. Irgendeinmal springt er in den Baum hinauf und beginnt grüne Beeren zu fressen. Alle Affen kratzen sich dauernd, diese Tiergruppe schafft es nie wirklich, mir sympathisch zu sein. Später sehe ich ein Tier ungefähr in der Grösse einer Ratte, mit etwas längeren Beinen, demselben Schwanz und einer sehr feinen lang zugespitzten Schnauze. Insektenfresser und zur Nagergruppe gehörend, selten in allgemeinen, hier aber häufig anzutreffen, erfahre ich später von einem der Besitzer der Lodge, der auf der Durchreise nach Selous, später Johannesburg ist, wo er andere zur Gruppe gehörende Lodges besuchen wird. Er reise viel herum, meint der ältere Engländer und kann mir auch sagen, dass die Buschbabies, hier Komba genannt, ebenfalls zu der Familie der Affen gehören. Ich habe das Glück, auch noch ein solches aus der Nähe zu sehen, im allgemeinen muss man froh sein, wenn man deren Augen im Schein von Taschenlampen aufleuchten sieht. Das Tier sieht eher wie ein Raubtier aus, etwas katzenartiges, jedoch mit einem buschigen Schwanz wie ein Eichhörnchen. Hier werden die nachtaktiven Früchtefresser bei der Bar im Baobab oben gefüttert und sind so im Schein der Lampen gut zu sehen. Lange habe ich darauf gewartet, ein Komba aus der Nähe zu sehen. Selten ist das, obwohl das laute Geschrei dieser zierlichen Tiere allgegenwärtig ist.

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