Montag, 13. Januar 2014

12.Januar 2014








50 Jahre sind seit der Revolution in Sansibar vergangen, das wird gross gefeiert, der Sturz der Regierung im Januar 2014, gestern Nacht gab es ein Feuerwerk, das ich jedoch nur im Bett mit angehört habe, es war um Mitternacht angesagt, das war mir zu spät. Aufgeregte Menschenmassen, viel Militär, gepanzerte Lastwagen fahren herum wie bei schlimmen Demonstrationen in der Schweiz, gerade beruhigend ist das nicht. Trotzdem beruhige ich Salum, der bereits wieder schwarz sieht, all dies erinnere an die Revolution damals, ein neuer Putsch, viele hohe Regierungsmitglieder seien nicht glücklich mit dem Kompromiss des neuen Zweiparteiensystems, da würden die Pfründe aufgeteilt, der Selbstbedienungsladen etwas eingeschränkt.

Silvano meinte gestern - wir sprachen über Honorarforderungen für seine Mitarbeit - die 15% Steuern hier in Sansibar, die möchte er nicht unbedingt bezahlen, da unterstütze er lieber die Leute direkt. Im Moment baut er zwei Klassenräume für eine Schule in Pemba. Auch in Italien, wo er hauptsächlich versteuere, findet er, werde das Geld schlecht angelegt, da verschwinde doch viel zu viel in der Bürokratie in Rom. Aber dort gehe es nicht mehr anders, er werde das Honorar versteuern, die seien sehr genau geworden mit den Kontrollen. Wir vereinbaren, dass ich einen Teil hier bar auf die Hand bezahlen werde und einen Teil offiziell in Italien.

Der Junge, der mich grandma nennt, das könnte gut stimmen, er geht noch zur Schule, wir haben bereits öfter in den Forodhani Gardens zusammen gesprochen, meint, jetzt werde gefeiert. Er werde am Sonntag auch an die Militärparade im Amani-Stadium gehen. Viele Leute hätten damals ihr Leben geopfert. Ich werfe ein, das wohl mehr gemordet, als gestorben worden sei damals, schliesslich hat die schwarze Mehrheit der Sansibaris, die unter den Briten herrschende Klasse der Araber, Inder und Weissen hinausgeworfen, und deren Güter konfisziert, das war nicht ganz unblutig. Nachdem Sansibar ein Jahr vorher von den Briten in die Freiheit entlassen wurde und ein Mehrparteiensystem installiert worden war, bei dem alle beteiligt waren. Der Junge lacht weiter, er lacht immer, ich denke nicht, dass er versteht. Gerne möchte ich wissen, was denen heute in der Schule über die Revolution erzählt wird.
Ein Ende der Vorherrschaft der Weissen, Araber und Inder ist jedoch bis heute nicht abzusehen. Nachdem viele anfangs weggezogen sind, ist die Stone Town bereits wieder mehrheitlich in den Händen derselben Leute.  Manche der konfiszierten Häuser wurden den Besitzern zurückerstattet, andere verkaufte der Staat, man braucht Geld, und weitere dem Staat gehörende zerfallen vor sich hin, man hat kein Geld, leider. Mindestens für dies. Einheimische Schwarze können sich die aufwändige Renovation dieser ehrwürdigen Häuser gar nicht leisten. Ob es dann doch wieder einmal zu Neid gegenüber der besitzenden Klasse kommt? Ich bin nicht ganz sicher, ob ich den Mut hätte, in Afrika in grossen Stil zu investieren. Mein Projekt hier ist à fonds perdu, einzig meine Ferienwohnung zuoberst im Haus, die würde ich verlieren, einen finanziellen Nachteil hätte ich nicht.

Im Mercureys wird heute Morgen am Fernsehen die Parade im Amani-Stadion übertragen. Erstaunt sehe ich eine militärische Truppe, die roten Hüte und veralteten Uniformen sollen wohl Omanis darstellen, die lächerlich und übertrieben Marschschritte und Übungen exerziert, dauernd das Gebell der Vorgesetzten und ein Typ spielt den Hanswurst im Verein, einen Soldaten, der nichts kapiert und dauernd aus dem Takt fällt. Das finde ich erstaunlich, eine Komödie hätte ich hier nicht erwartet. Das Publikum im Mercureys lacht schallend, die Fernsehkamera wird auf das Publikum im Stadion gerichtet, Präsident und Minister, recht viele versteinert, nicht alle scheinen das lustig zu finden. Später dann exerziert eine heutige Truppe der sansibarischen Armee. Ebenso lächerlich das Brüllen der Vorgesetzten, finde ich, ebenso lächerlich die zackigen Übungen, aber kein Hanswurst im Verein. Niemand im Publikum lacht nun. Das scheint man – im Gegensatz zu mir - nicht lustig zu finden, das ist ernst.


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