Freitag, 16. Mai 2008

4. Mai 2008



Der Computer läuft bereits auf Reserve, kann also jederzeit abbrechen. Immer gut speichern, denn heute hat erstmals die Energie ausgesetzt. Sonntagmorgen, ich mache im Badezimmer meine Singübungen, Läden und Türe geschlossen. Dies gibt mir das Gefühl, dass man mich nicht hört. Genauso, wie die Tatsache, dass ich ohne Brille in der Ferne alles Verschwommen sehe, mich glauben macht, dass auch ich kaum wahrgenommen werde. Man tut es wohl trotzdem, mindestens Ali behauptet das. Aber die Nachbarn haben noch nie auf mein Singen reagiert, noch nie etwas erwähnt. Entweder interessiert es sie nicht, oder man tut das nicht hier. Was auch immer. Als ich einmal bei Verwandten Alis einem kleinen Jungen vorführte, wie man mit Orangen jongliert, gab es auch absolut keine Bemerkungen, das wurde einfach übersehen. Wahrscheinlich tut man solches hier nicht, mindestens nicht als erwachsene Frau, das ist wohl peinlich.

Heute Morgen gehe ich am Strand spazieren, es ist Ebbe, jetzt kann man rings um den Landzipfel bis zum Tembo Hotel laufen. Wenigstens dies. Ich komme mir eingesperrt vor: Die ganzen Forodhani Gardens bis weit gegen den Hafen zu sind mit einem meterhohen Wellblechzaun abgesperrt. Die bereits lange angekündigten und auch schon lange vergessen geglaubten Renovationsabsichten Aga Kahns haben sich nun doch bewahrheitet. 11 Monate soll die Bauzeit dauern. Das ist zwar einerseits lobenswert, aber andererseits eben auch mühsam, die ganze Fläche auf einmal. Bei Flut oder nicht starker Ebbe bleibt da mit Meersicht nur noch das Africa House. Zu wenig für meine allabendlichen Spaziergänge, das drückt auf die Laune. Doch nicht nur das. Jedes Mal stärker, wenn ich wieder hierher zurückkomme, beelendet mich der fortschreitende Zerfall. Wieder einmal sei ein Haus einfach in sich zusammen gefallen, berichtet Mohammed. Keine Reaktion, nichts. Es werde nicht darüber gesprochen und auch einen Zeitungsartikel sei solches nicht wert. Auch Mohammed hat im Sinne aufzugeben. Er habe nun ja eine Frau in Frankreich, er könne da nicht mehr darauf warten, dass sich noch einmal etwas verändere hier. Und versucht mich gleichzeitig glauben zu machen, dass dann schon einmal, so in fünf Jahren oder so, eine Änderung eintrete, für ihn einfach zu spät. Schwacher Trost! Ich glaube nicht daran.

Aber eigentlich wollte ich über das muslimische Paar heute morgen am Strand berichten, junge Frau, schwarzer Mantel, weisser Schleier, weisse Haut mit ebensolchem Mann in Kanzu, dem weissen Männergewand und Bebe auf dem Arm. Auch sie machen einen Morgenspaziergang. Reiche Touristen aus arabischen Ländern vermute ich. Doch, auch muslimische Paare scheinen glückliche Beziehungen haben zu können, das spürt man, obwohl natürlich keine Zärtlichkeiten ausgetauscht werden in der Öffentlichkeit. – So wie ich gestern Abend am kleinen Strand, wo die Fischer mit den Einbäumen landen, einer jungen Frau zuschaute, verschleiert natürlich, wie sie bei den Fischern unten stand, ganz offensichtlich verliebt in einen davon, der vermutlich auch in sie, das fühlte ich.
Ali ist daran, im Lukmaan neu einzurichten, zu putzen, das ganze soll wieder in Schuss gebracht werden. Ich muss schauen gehen. Eine Art moralische Unterstützung für dieses gefährdete Geschäft.

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