Montag, 26. Mai 2008

26. Mai 2008


Bei meiner Krautkreation habe ich wohl etwas Pech gehabt. Der angeschnittne Kabis und die Peperoni riskierten ungekühlt zu verderben. Weshalb ich versuchte, daraus Sauerkraut zu machen. Zwiebeln und etwas geraffelten frischen Ingwer habe ich ebenfalls beigefügt, viel Salz und den Saft einer von der Verwesung bedrohten Limette. Und fand dies eigentlich eine interessante Mischung. Mit einem Teller bedeckt und einem Stein beschwert begann das Ganze auch bereits am 2. Tag zu saften. Heute nun, nach vier Tagen, sieht die Gemüsemischung immer noch recht frisch aus, schäumt zwar etwas obenauf und riecht stark alkoholisch. - Vielleicht habe ich statt tropisches Sauerkraut, tropischen Alkohol erfunden, irgendetwas gärt auf alle Fälle. Vielleicht gibt das ja auch eine Art Bier. Da warten wir am besten noch ein paar Tage, was mit dem Ganzen passiert. – Oder hat mir jemand einen Rat? Ich war ja bisher auch in der Schweiz nicht in der Sauerkrautproduktion tätig.

Der sechste Tag ohne Elektrizität. Gestern Sonntag endlich äusserte sich die Regierung zu der Panne. Begonnen habe es in der grossen Zentrale In Dar es Salaam. Die sei jetzt 28 Jahre alt und noch nie revidiert worden, Pannen da möglich. Nach einem Tag sei das Problem auf dem Festland behoben gewesen, dann allerdings, beim Wiedereinschalten des Stromes sei die Zentrale auf der Insel explodiert. Und da seien die einheimischen Spezialisten nun machtlos, auch die Profis vom Festland wüssten nicht weiter, man erwarte eine Equipe aus Norwegen. Die sollte Morgen oder Übermorgen hier eintreffen. In einer anderen Zeitung lese ich zusätzlich, dass nun Stromleitungsdiebe am Werk seien. Gefahrlos, da das Netzt ja momentan ohne Stom, seien bereits an mehreren Stellen Kabel herausgeschnitten worden, irgendwo ganze 200 Meter. Da sei beim Wiedereinschalten damit zu rechnen, das kleinere Zellen dann immer noch ohne Strom seien. Und ich frage mich, wie man so weit kommen kann, Starkstromkabel zu stehlen. Da habe es auch schon Tote gegeben, meint Ali. Wozu das Ganze, das nützt doch im Haushalt gar nichts und wem soll man das denn verkaufen? Wir kommen darauf, dass vermutlich das Kupfer darin lockt, das zu einem guten Preis verkauft werden kann. Nun hoffe ich nur, dass die Panne behoben werden kann, solange noch ein paar Stromleitungen intakt geblieben sind.

Auch sonst gibt es manche, die vom Stromunterbruch profitieren. Die Wasserträger, die den Leuten Wasser von weit her liefern, denn auch die städtischen Pumpstationen sind ausgestiegen, ein grosser Teil der Bevölkerung leidet nun darunter, dass es kaum Wasser gibt. Und wäscht sich im Meer. Oder überhaupt nicht. Das teuer erstandene Wasser der Träger wird zum Kochen verwendet. Auch die Elektro-Reparaturwerkstätte hinter dem Lukmaan hat mehr Arbeit. Normalerweise werden hier Kupferspulen gewickelt, doch im Moment versuchen sich alle fundis mit der Reparatur von Generatoren. Die könnten den elektrischen Teil der Maschinen flicken, meint Othman. Sei es der Motor, der Probleme habe, dann müsse man zu einem anderen fundi gehen. Auch die Kerzenverkäufer machen im Moment ein gutes Geschäft, Petrollampen sind hier eher selten zu sehen. Rund vier Franken zahle ich heute für eine solche, denn meine Kerzenlampen sind noch nicht ganz perfekt, werden durch die Hitze der Kerzen deformiert, da muss ich mir etwas einfallen lassen. Vier Franken, das sei zuviel Geld für die Leute, meint Ali, die könnten sich das nicht leisten. Obwohl auf die Dauer der Kauf von Kerzen viel teurer sei als die Anschaffung von Brennsprit. Doch so weit rechnet man hier gar nicht erst, denn Geld in Reserve für solch eine ungeplante Anschaffung, das haben nur ganz wenige.

Mindestens könnten sie sich entschuldigen, die von der Regierung, empört sich Othman. Und den Leuten in der Stadt Wasser mit Tankwagen bringen. Auch Kerzen, oder Lampen, das wäre doch das Mindeste. Doch soweit würden diese Leute eben nicht denken. Und ich bin erstaunt und froh, dass die Finsternis in der Stadt nicht vermehrt zu Diebstählen geführt hat. Ein Leichtes wäre es jetzt, im Finsteren zu entkommen. Auch auf der Polizeistation arbeitet man des nachts übrigens mit Kerzenlicht. Und im Spital, befinden meine Freunde, gäbe es sicher keinen Generatoren. Für solche Notfälle habe die Regierung doch nicht vorgesorgt, an so was denke man nicht bevor es passiere. - Andere denken daran. Im äusserst teuer gebauten neuen Gebäude der Bank of Tanzania, das traditionelle Stilelemente gelungen mit modernen vereint, brennt in der Nacht das Licht. Auch in anderen privaten Unternehmen laufen die Computer und die diesmal von den Dänen geleiteten Renovationsarbeiten im Hafen laufen normal weiter und die des nachts hell erleuchtete Hafenanlage zeugt davon, das offensichtlich auch die ihre eigenen Notgeneratoren mitgebracht haben.

Ich muss feststellen, dass man die Augen durch Training wohl nur wenig verbessern kann. Ich taste mich halbblind durch die finsteren Gassen, während die Leute rings um mich herum sich recht geschmeidig bewegen. Ich habe schon immer das Gefühl gehabt, dass die Schwarzen in der Nacht viel besser sehen als wir. Ist dies wohl jemals durch Studien erhärtet worden? - Stosse ich auf meinem Weg ins Restaurant auf eine Lichtquelle, die Hotels und der Arabische Laden lassen die Lampen in der Gasse brennen, so treffe ich immer auf eine ganze Schar von Menschen. Das Licht zieht sie an wie die Moskitos.

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