Montag, 9. Juni 2008
3. Juni 2008
Gestern Abend soll der Präsident im hiesigen Fernsehen gesagt haben, am nächsten Tag gäbe es vermutlich Strom. Manche sind erleichtert, hoffen wieder, mir scheint das ganze nicht sehr wahrscheinlich. Weshalb soll denn nun plötzlich – nachdem am Tag zuvor verkündet wurde, die Norwegischen Experten seien nun da – plötzlich alles gelöst sein? Gestern gab es keinen Strom und heute auch nicht und inzwischen haben wir vernommen, dass der Präsident nach Italien abgereist sei. Wahrscheinlich zwecks Konsultation seiner Maffiafreunde. Und ich finde das doch etwas erstaunlich. Dass der nicht Angst hat, während seiner Abwesenheit gestürzt zu werden. – Das müsse der eben gar nicht, meint man, denn es gebe ja keine eigentliche Opposition. Die Oppositionsführer würden sich im Parlament ebenfalls fette Löhne ausbezahlen lassen und teure Autos anschaffen, woher denn – solle ich mich fragen – die ein Interesse daran haben sollten den Präsidenten zu stürzen? Man jage gemeinsam und teile sich die Beute. Wie Löwen eben.
Alle Gespräche hier werden nun rasch politisch, wütend und zugleich resigniert. Das werde noch Jahre gehen, meint Mohammad. Die Gesellschaft hier sei einfach nicht entwickelt, habe keine Ahnung von ihren Rechten, das sei ein weiter Weg.
Und erzählt das Beispiel von der Toilette an seinem Arbeitsort, im Stone Town Conservatory Office. Seit zwei Jahren kämpfe er für eine Renovation. Bis er die Toilette dann eines Tages plötzlich weiss geplättelt nach europäischem Standart angetroffen habe. Doch nun sei es noch weit schlimmer, jetzt könne er die Toilette überhaupt nicht mehr benutzen. Denn nun sehe man den Schmutz erst so richtig und das sei derartig etwas von unappetitlich. Und zeige ihm eben, dass er am falschen Ort gestossen habe, das Pferd am Schwanz aufgezäumt. Zuerst müsse die Bevölkerung erzogen werden, lernen, solche Toiletten auch zu benutzen. Erst dann mache die Installation von modernen Toiletten einen Sinn.
Auch der ehemalige deutsche Konsul ist zurück auf der Insel. Gut gelaunt habe ich ihn gestern auf seinem ersten Inselspaziergang angetroffen. Doch, er habe vom Stromdebakel gewusst. Seine Tochter, die in Namibia lebe, habe das dort in der Zeitung gelesen. Kein Strom und kein Wasser auf Sansibar und der Flughafen habe in den ersten Tagen auch nicht funktioniert. Letzteres haben wir gar nicht bemerkt und gesagt hat es uns natürlich auch niemand.
Jetzt hingegen kommen die Flieger wieder, die vielen grossen Flugzeuge seit letztem Wochenende sind auffällig. Auch die Touristengruppen in der Altstadt. Und die unzufriedenen Gesichter individuell reisender Traveller, die es einfach nicht schaffen, ihren selbst erwählten Führer ab zu schütteln. Den würden sie liebend gerne loswerden, doch einerseits sind manche extrem hartnäckig und andererseits auch nicht alle Touristen besonders begabt. Ich mindestens habe eine recht gute Methode entwickelt um lachend eine abwehrende Geste zu machen, wenn notwendig gefolgt von „ich brauche das nicht oder ich liebe es nicht“. – Obwohl ich da jetzt nicht mehr recht mitreden kann. Inzwischen bin ich in der Stadt bekannt. Viele Leute begrüssen mich mit „Mama Lukmaan“. Von Leuten, die dem Restaurant näher stehen, werde ich „Bi Hawa“ genannt. Nur noch ganz selten erkennt mich irgend so ein Touristenaufreisser nicht.
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