Donnerstag, 19. Juni 2008

17. Juni 2008


Beim Privatfernsehsender ITV verrechnet man die TV-Spots in 15 sec Schritten. Eine Minute sei zu lang, meint der Mann dort, wohl auch zu teuer, denke ich. Es habe anfangs Juni eine neue Preisliste gegeben und die sei noch nicht hier. Ich solle am nächsten Tag wieder kommen. Auch heute klappt das allerdings nicht, doch dafür kommen wir ins Gespräch. Er zeigt mir seinen Presseausweis. Nachrichtenredaktor heisst es da. Mitfühlend meine ich, das sei hier wohl keine einfache Aufgabe. Wie ich das meine? Zu Neuigkeiten zu kommen, das Recherchieren. Zum Beispiel diese Stromangelegenheit..... Nein, findet er, da sei sehr gut informiert worden. Und wendet sich seiner Zeitung zu. Ich vermute, dass ich den Mann in seinem Berufsstolz verletzt habe. Ali hingegen meint, ITV, der Pressekonzern mit acht Zeitungen, einer Radio- und einer Fernsehstation sei zwar privat, aber eben der Regierungspartei nahe stehend. Als Journalist könne man sonst gar nicht erfolgreich sein.
Wartend habe ich reichlich Zeit, mich im Büro umzusehen. Bücherberge, Papierstapel, Schulhefte, Tafelkreiden, alles wild durcheinander. Wie man hier nur effektiv arbeiten kann. Bei einer einzelnen Person geht das ja noch, kraft ihres Gedächtnisses wird sie sich in ihrer Unordnung zurechtfinden. Doch wie ergeht es einer Aushilfe oder Ablösung in solch einem Wirrwarr? - Dieses chaotische Aussehen der Orte fällt mir hier ganz allgemein auf, sei es beim Fernsehen, in irgend einem Regierungsbüro, wo auch immer. Und eigentlich denke ich, dass das unorganisierte, uneffektive Arbeiten eben bereits hier anfängt. Jeder bastelt etwas vor sich hin, das Wissen wird nicht geteilt, kann so gar nicht geteilt werden. Ich stelle mir vor, dass diese Papierstapel, einmal abgelegt ewig liegen bleiben und Staub ansetzen. Wohl deshalb hat es hier unheimlich viele Regierungsgebäude, unheimlich viele Ministerien. Die Endlagerung des ganzen Papierausstosses braucht eben Platz. Und ich phantasiere weiter, dass alle Angestellten, wenn sie einmal ihren Raum bis oben hinauf angefüllt haben mit Akten, einfach einen neuen Raum beziehen. Kafka lässt grüssen. War Kafka in Afrika?

Heute bin ich mit dem Motorrad nach Bweni hinaus gefahren, ins Büro des Chumbwe Island Coral Parkes und habe dort die Leiterin getroffen. Doch, natürlich sei man interessiert, wenn ich mich dieser Ausstellung annehmen wolle. Es wird vereinbart, dass ich am Freitag mit einer Schulklasse auf die Insel hinaus fahre und so auch Gelegenheit haben werde zu schauen, was für Programme sie mit den Kindern machen. Zeit auch, die Ausstellung anzuschauen und mir Gedanken darüber zu machen, was man verbessern könnte. Und Mittagessen mit den Hotelgästen ebenfalls. Darauf freue ich mich sehr. Die Küche des Marinen Schutzparkes ist eine der besten, die ich hier auf der Insel kenne. – Bezahlen könne man mich nicht gross, das sei eben eine gemeinnützige Angelegenheit, doch in Naturalien liege das drin. Da könne ich auch einmal mit meinem Mann oder sonst jemandem Übernachten gehen. Mal schauen, ob das den Ali reizt.

Jaribu ruft Ali einem der Kellner, dem Jungen, der aussieht, als wäre er noch ein Kind. Viele Sansibaris sind von sehr kleinem Körperwuchs und wirken so viel jünger. Jaribu, frage ich? Das heisse doch „Versuche es“. Ja meint Ali, das sei eben ein Name. Gleich wie Fadhili, der Name eines anderen Kellners, „derjenige, der jemandem eine Gunst erweist“ bedeute. Oder Mtumwa, der Sklave. „Sklave Gottes“, meint Ali auf meinem ungläubigen Blick hin, eine Ehre sei solch ein Name.

Gestern Abend treffe ich Othman beim Arabisch lernen. Das sei eben Pflicht für einen Muslim, Arabisch sei die Sprache des Buches, die sollte jeder Gläubige sprechen können. Nein, das Arabisch des Korans sei nicht anders als das heutige Arabisch, denn die Sprache habe sich ja immer am Koran orientiert, findet Othman. Ich bin etwas erstaunt über seinen plötzlichen Glaubenseifer, bisher habe ich kaum etwas davon bemerkt. Aber wahrscheinlich geht es ihm mit zunehmendem Alter gleich wie anderen. Wenn man nicht älter würde, nicht krank werden könnte und sterben, meint Ali, dann wäre das anders, da wäre man kaum derartig strikt im Glauben. Aber sterben müssten wir eben alle und da sei es besser vorzusorgen.

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