Dienstag, 17. April 2018

2018.04.13, Sansibar



Der Fährhafen von Sansibar frühmorgens
Mit dem ersten Schiff fahre ich nach Daresalaam, Abfahrt nach Fahrplan um 7 Uhr. Sobald ich unterwegs bin, stellt sich dieses prickelnde Gefühl ein, Freiheit, Schreibfreudigkeit auch. Im Fährterminal gibt es nun Sicherheitsschleusen, als „Resident“ werde ich durch den VIP Eingang geleitet, Sicherheitsvideos auf dem Schiff. Nun weiss ich, dass es unter meinem Sitz eine Schwimmweste haben müsste, beruhigend, es ist ein regnerischer Tag, das Meer ruhig, das Schiff „Lady of Zanzibar“ neu und sehr komfortabel. Erstmals fahre ich alleine nach Daresalaam, ich bin seit Jahren nicht mehr dort gewesen, denn die meisten Waren kann man nun ebensogut in Sansibar kaufen. 
Die Überfahrt dauert nur noch anderthalb Stunden. Ich sitze auf Anraten von Salum in der „business class“. In Afrika wird man als vermutlich wohlhabend immer sehr zuvorkommend behandelt. Eine hübsche junge Frau mit Baby im Arm, drückt mir beim Absitzen ihre riesige Tasche ins Gesicht. Ich bin nicht traurig, dass der Schiffsbegleiter sie in die „economy class“ verweist. Nach Daresalaam fahre ich, weil es dort die beste Veterinärklinik der Region gibt. Hier werden Tiere behandelt, aber auch Medikamente verkauft. Den Impfstoff gegen Katzenschnupfen haben sie zwar auch nicht vorrätig, der komme erst Ende Monat wieder. Trotzdem möchte ich wegen den übrigen Medikamenten für meine Katzenklinik dort vorbei schauen, denn ich bin im Moment etwas in Zweifel geraten über mein Projekt.

In der "Lady of Zanzibar"
Ist Dr.Rama der richtige Mann, oder besser, ist er der beste Mann, den ich hier finde? Den Tod von Jojo vergebe ich ihm immer noch nicht wirklich und die erste Katzenfang- und Kastrationsaktion, die ich letztes Wochenende durchführen wollte, ist ins Wasser gefallen. Auch buchstäblich. Die Regenzeit meint es nun ernster, täglich stärkere Güsse, da verstecken sich die Katzen. Ich fange einzig ein weisses weibliche Tier, das täglich vorbei kommt und sehr anhänglich ist. Am Abend dann zusammen mit Rama im Hafen noch einen Kater. Als er merkt, dass er gefangen ist, wehrt er sich fürchterlich, das gefällt mir gar nicht, diese Panik, wahrscheinlich bin ich zu dünnhäutig für solches, zum Glück beruhigt er sich bald. Die beiden Katzen bleiben über Nacht ohne Futter. Als ich am Morgen hinüber gehe, stelle ich fest, dass das kleine Weibchen, das merkwürdigerweise bereits grosse Zitzen hat, sich hinten am Kopf grossflächig alle Haare weggeschabt hat und an der Nase blutet. Salum erzählt mir, er habe es frühmorgens, den Kopf im Käfiggitter eingeklemmt, vorgefunden und befreit. Diese Käfige hat Rama machen lassen, sie haben viel gekostet und wir haben sehr lange darauf gewartet. Offensichtlich müssen sie nun noch nachgebessert werden, vorläufig fangen wir keine Katzen mehr. Auch dies ist nicht dienlich für mein Vertrauen, bei den Käfigen hat Dr.Rama sicher mitverdient. Dass er meinte, die Kosten für Medikamente betrügen pro Katze 30’000.-, Anna jedoch von  einem Drittel sprach - die Arbeit mache er gratis, meinte Rama - auch dies hat mich hellhörig gemacht. Nun gehe ich eben selber schauen.


Ankunft in Daresalaam
Daresalaam hat sich weniger verändert als ich gedacht habe, die alten Quartiere sind zwar grösstenteils verschwunden, viele Hochhäuser, doch sobald man aus dem Zentrum heraus kommt immer noch eine weitläufige grüne Stadt - mindestens jetzt, währen der Regenzeit - einzig die hohen Mauern mit Stacheldraht, die alle Besitzungen umgeben, stören das Bild. Die „Vet Care Clinic“ wirkt professionell, ich frage den Tierarzt Dr.Sinare, ob er mich etwas herum führen könne. Eine Luxusklinik für Stubentiger, ich darf selbst in die Behandlungszimmer. Nicht nur, meint der Veterinär und zeigt mir ein Gehege mit Strassenkatzen, die meisten sind jung. Zu einem Grüppchen zusammengedrängt wirken sie gar nicht unglücklich. Man versuche sie zu platzieren, doch mit der Krise sei das schwierig, die Leute dächten dann erst an sich selber. Die Krise, man hört das immer hier, welche genau, es boomt doch alles? Doch scheinen die strenger kontrollierten  Steuergesetze und das neu eingeführte Arbeitsrecht vielen auf afrikanische Art geschäftenden Betrieben - siehe Lukmaan - das Genick zu brechen. Selbst die Coastal Airlines sei in Schwierigkeiten geraten, hört man munkeln, jetzt wo die Massnahmen auf dem Festland langsam greifen.


Die alte Kirche neben dem Anlegeplatz der Schiffe steht noch, das Hochhaus dahinter kenne ich auch bereits, doch die drei Hochhäuser und ein paar weitere, meist nicht so hoch, sind neu und haben die Altstadt mehr oder weniger verdrängt.
Dr.Sinare erweist sich als sehr nützliche Person. Bestens gebildet, zusätzlich Populationsbiologe, kann er mir für vieles die Augen öffnen. Am Schluss gehe ich ohne Medikamente, dafür mit neuen Ideen nach Hause. Wie ich befürchtet habe, bringt ein planloses Eingreifen überhaupt nichts. Sinare erklärt mir, dass in einem ersten Schritt, die Bevölkerung sensibilisiert werden müsse, denn ohne die sei nichts nachhaltig. Man müsse alle Katzenbesitzer überzeugen ihre Tiere kastrieren zu lassen. Vom Islam her nicht einfach, meint er, da jedoch vor gut 10 Jahren eine Kampagne gut funktioniert hat, braucht es nur eine Auffrischung. Man müsse einen Verein gründen und die Kinder sensibilisieren. Wenn ich dann wisse, wieviele Katzenhalter bereit wären ihre Tiere kastrieren zu lassen, könne er mit etwa 10 Einsatztruppen herkommen, junge Tierärzte, die Erfahrung bräuchten, angeleitet natürlich durch eine erfahrene Person - da käme Dr.Rama ins Spiel - auch seine Kontaktperson in Sansibar meint Sinare. Man müsse nur Reise, Unterkunft, Verpflegung und ein Sackgeld übernehmen, für die sei dies ein guter Einstieg ins Berufsleben. Sinare nimmt kein Blatt vor den Mund, ist direkt, das gefällt mir, ohne Geld gehe nichts. Die Medikamente lasse man sich am besten von Europa spendieren, leider habe er aber im Moment keine Zeit solch einen Antrag zu formulieren. Ich denke an die Schweizer Chemie und sage, ich wolle das übernehmen, er müsse mir nur eine Liste der benötigten Medikamente zusenden.
In meiner kurzen verbleibenden Zeit werde ich nun versuchen, den Keim für einen Katzenverein zu streuen.

Nach dem ersten Schritt kommt dann der anspruchsvollere Teil, das Kastrieren der Strassenkatzen. Auch hier hat Sinare Konzepte. Man müsse in einer Region alle Weibchen kastrieren, die Männchen ebenfalls, bis auf ein Alphamännchen, das man nur sterilisiere. Bei dem bleibe der Geschlechtstrieb erhalten, der verteidige weiterhin sein Revier vor anderen Moudis, die einzudringen versuchten. Neu eindringende Weibchen müssten regelmässig eingefangen und kastriert werden. Verringere sich nämlich der Katzenbestand in einem Gebiet, dann werde der rasch durch neu ins Gebiet einwandernde Katzen aufgefüllt.

Schliesslich kaufe ich 20 Dosen Katzenschnupfenimpfung, sie werden später geliefert, mindestens für meine Schützlinge, ein teurer Spass, eine gesponserte Impfaktion wäre auch hier von Nutzen. Sansibar - weil kleinräumig - sei zwar in vielem einfacher als das Festland. Hingegen führe dies zu mehr Inzucht in der Katzenpopulation, was deren Immunsystem nicht gut bekomme, Katzenschnupfen sei weiter verbreitet als anderswo.


zurück in Sansibar

Bereits am Mittag fahre ich zurück nach Sansibar, den Einkauf und das Essen in Daresalaam lasse ich aus wegen dem starken Regen, der eingesetzt hat. Der Angestellte im Fährterminal nötigt mich zu einem Trinkgeld dafür, dass er mich auf das Schiff geleitet, dafür will er 10‘000.-,  ein Tagessalär, ich gebe ihm die Hälfte und finde bereits das eine Frechheit, wegen dem Regen meint er. Auf dem Schiff spricht mich mein junger Sitznachbar an, ob ich Nachrichten gehört habe? In Deutschland verbiete man alle Strassennamen von berühmten Personen. Nein, sage ich etwas beschämt, hier würde ich nicht regelmässig Nachrichten hören. Ich nehme mir vor, dem nachzugehen, sicherlich wurde da etwas falsch verstanden.

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