Freitag, 2. Februar 2018

2018.01.30, Sansibar

Besuch im Baobab Lukmaan, Salum hat eine Sitzung mit den Angestellten. Gut, wenn er langsam beginnt, seine guten Vorsätze fürs neue Jahr umzusetzen. Er beklagt sich, dass Othman wieder ohne Absprache begonnen habe, einen neuen Sonnenschutz auf der Dachterrasse oben zu montieren. Ich gehe mir das anschauen. Bereits die Tatsache, dass nun dort die Bäume wieder auf eine schlechte Art gestutzt worden sind nervt mich. Wozu haben wir denn Leute ausgebildet, wenn die Zweige wie gewohnt mit einer Machete abgesäbelt werden? Die beiden sind ja zurück auf der Insel, etwas Training täte Not, oder sind nicht sie das gewesen? Nein, behauptet Salum, die hätten nicht hier gearbeitet, die seien gehindert worden. Sie sollten kommen, wenn er, Salum hier sei, also heute Morgen. Auch Othman, dessen Büro ich wütend stürme, will nicht wissen, wer das gemacht hat, ebenso wenig kriege ich eine Antwort von den Angestellten, das übliche Spiel. Wenn ich bemängle, dass eine ganze Ladung Grillpoulets verbrannt statt gegrillt worden sei, wer denn das wieder gemacht habe, kriege ich auch nie eine Antwort. Man deckt sich.
Othman rechtfertigt seine eigenmächtige Bau-Aktion damit, dass was er hier mache, ja nur ein Provisorium sei. Dass man auch dies besser vorher abspräche, das will er nicht verstehen.

Je länger, desto mehr bin ich überzeugt, dass sich die afrikanische Seele nicht für gemeinsame Vorhaben eignet. So verkauft jetzt Ajba, eine Teilhaberin der Gesellschaft, dem Lokal nun ihre eigenen Säfte und Saucen. Mit eigenem Profit. Und Annuar, der Chefkoch vom Kiponda Lukmaan, sagt mir, dass sie am Abend den Tagesverdienst abholen komme, die meisten Rohwaren beziehe man ja vom anderen Lukmaan gratis. Sie bezahle dafür die Angestellten dort, wendet Salum ein. Aber dass man einen Gesamtüberblick haben sollte, wenn die Lokale zusammen gehören und dass so jegliche Berechnungen von Profit scheitern müsse, das scheint man nicht zu kapieren. Überhaupt: Das Hauptproblem sind die Besitzer. Solange sie sich mit Händen und Füssen dagegen wehren zu wissen, was sie alles gratis vom Restaurant beziehen, und wie viel Geld sie heraus nehmen, sind jegliche professionellen Berechnungen von vornherein zum Scheitern verurteilt, da nützt auch ein Manager nichts. Statt zusammen zu arbeiten, schaut jeder der Teilhaber möglichst gut für sich, nimmt vielleicht noch mehr, als er brauchte, da er vermutet, dass es beim anderen noch mehr sei.

Zwei Bilder, die Petra und Fabian, meine Schweizer Gäste, von Jambiani mitgebracht haben. Mir gefallen sie sehr.  Ist dies die Afrikanische Seele?
Unternehmen funktionieren bis zu einer gewissen Grösse. Planung, Logik - oder was wir logisch nennen, da zweifle ich ja auch manchmal, ob dies ein allgemein gültiger Wert ist - scheint den Leuten hier überhaupt nicht gegeben zu sein, ebenso wenig wie das Vorausschauen. Das sieht man bei allen grösseren Vorhaben, etwa auch den Flughäfen. Die sind derartig unpraktisch organisiert, dass man das Gefühl hat, da habe sich niemand etwas zu den Abläufen überlegt. - Und trotzdem habe ich ein unbestimmtes Gefühl, dass die Leute etwas haben, eine Art zu Denken, ein Geheimnis, das wir nicht haben und auch überhaupt nicht begreifen, etwas, das unsere Art Denken ersetzen kann oder immerhin macht, dass die Dinge hier, wider all unsere Logik, doch immer irgendwie funktionieren. Oder überleben.

Beeinflusst mich meiner momentane Lektüre, Tim Parks - Träume von Flüssen und Meeren?
Das Buch handelt von einem englischen Paar, sie selbstlose Entwicklungshelferin, er genialer, aber auch lebensunfähiger Wissenschafter, zusammen ziehen sie auf der Welt umher. Der Mann hat mit den exakten Wissenschaften begonnen, nähert sich aber immer mehr psychologischen bis gar spirituellen Gedanken, am Schluss wird er von seinen Mitmenschen kaum mehr verstanden, dafür jedoch als Genie angesehen, von etlichen auch als Scharlatan. Ein wichtiges Thema in diesem Buch ist genau dies. Das es möglicherweise jenseits unseres Denkens eine andere Art Denken gibt.

Keine Kommentare: