Montag, 24. November 2008

unterwegs, den 20. November 2008


Halb acht Uhr im Zug nach Bern. Der Tag bricht langsam an, es regnet nicht und ist nicht beissend kalt.

Kurz vor unserer Landung in Zürich spreche ich meinen Sitznachbarn doch noch an. Wie bei jedem Passagier, der sich bei dem Nachtflug in Nairobi neben mich setzt, bin ich zuerst gar nicht erfreut, hätte lieber zwei Sitze zum Schlafen gehabt. Und habe eigentlich auch auf einen bequemen Flug gehofft, in Nairobi werden gleich acht Container - bei Flugfracht sind das Aluboxen von rund zwei-mal-zwei-mal-drei Metern mit Aufschrift „Jettainer“ - in den Frachtraum geladen, ich finde, damit dürfte das Flugzeug nun wohl genügend beladen sein. Doch weit gefehlt, neben Touristen steigt in Nairobi eine ganze Gruppe Schwarzer ein, die Frauen verhüllt, Kinder und junge Männer, Muslime offensichtlich. Auf den gelben Tüchern der Frauen ist UNSR aufgedruckt. Flüchtlinge aus Somalia meint mein Sitznachbar, der Leiter der Gruppe, die wüssten von nichts. Doch als ihm die Stewardess aufträgt, die Leute über die Toiletten zu instruieren, meint er kurz, die wüssten das schon. Er selbst – vernehme ich nun – ist Kenyaner und begleitet die Flüchtlinge bis nach Amerika, sie sind also nicht für die Schweiz bestimmt. Erstaunlich eigentlich, dass die „Swiss“ wählen und nicht etwa „Kenyan Airways“. Das arme Flugpersonal ist ziemlich gefordert mit einem gänzlich gefüllten Flugzeug und rund fünfzig Passagieren, die noch nie geflogen sind und folglich auch keine Ahnung haben von den Regeln und zusätzlich kein Englisch verstehen, mein Sitznachbar amtet als Übersetzer und Aufseher. Und irgendwie bin ich froh, ich muss es zugeben, dass die Gruppe für den Weiterflug bestimmt ist, ich werde wohl langsam rassistisch. Doch wenn ich die Leute anschaue, in ihre Gesichter blicke, mir überlege, dass die in ihrem bisherigen Leben wohl nur etwas kärgliche Landwirtschaft betrieben haben und wie sie gewohnt haben, wie gelebt, was sollen denn die in der Schweiz sinnvolles tun können, wie sich jemals hier einleben, mindestens die erwachsenen Frauen? Und wie werden die mit unserer Kultur zurande kommen? Ehrlich gesagt wünsche ich mir keine Islamisierung der Schweiz. Stelle mir vor, wie das wäre, wenn mich auch hier die Frauen plötzlich darauf ansprechen würden, weshalb ich mich denn nicht verschleiere? Das sei doch schön, würde mir bestimmt gut stehen, das sei doch gut. Selbst die Jungen, auch mein Modell Leluu vor ein paar Tagen, meinen das in Sansibar. Und wenn ich mich plötzlich auch hier wieder rechtfertigen müsste, dass ich keine Kinder habe. Und nein, auch keine wolle, Danke.
Muslimische Afrikaner für Amerika. Das war wohl bereits vor der Wahl Obamas eingefädelt worden. Im Flughafenshop von Sansibar stöberte ich gestern Abend etwas herum. Ob ich nach dem Kanga von Obama suche, fragt die Verkäuferin. Nein Danke, antworte ich. Und blicke auf das hässliche Stück Stoff mit dem Aufdruck Obamas, sein Gesicht ist zu einer lächelnden Fratze verzerrt, doch hier scheint das zu gefallen, die Kangas sind äusserst gefragt.

Als wir über Sizilien fliegen bin ich wieder hellwach. Der Schlaf war schlecht und kurz, ich habe seit drei Tagen rheumatische Schmerzen im Rücken und muss so immer wieder neue, für kurze Zeit schmerzfreie Positionen suchen. Schon bald dann eine Riesenstadt, Rom, stelle ich auf der Fluginformation fest. Auch der nette junge Steward, der erstaunlicherweise während dem ganzen Flug seinen Humor nicht verliert, bestaunt bewundernd das Lichtermeer. Ist wohl noch nicht lange dabei. Später die einseitig scharf abgeschnittene Lichterkette entlang der italienischen Westküste, spärlicheres Hell über dem Apennin, ein Lichternetz dann wieder über der weiten Poebene. Ob da auch bereits Weihnachtsbeleuchtung mitblizt? Dann das Tessin, ich versuche zu erraten, über welchen See wir fliegen, der Flugplan ist jetzt zu ungenau. Später stelle ich fest, dass nicht mehr Lichterlinien entlang von Küsten, sondern Lichterbänder die Täler hinauf kriechen. Unterscheiden kann man die daran, dass sie beidseitig ausfransen, keine scharfe Kante haben, die Gebirge dazwischen sind fühlbar. - Plötzlich verblasst der ganze Glanz, Wolken müssen sich unter das Flugzeug geschoben haben. Schwarz ist es dann lange, durch eine Nebelschicht sinken wir dem Boden zu und erst kurz vor der Landung leuchtet das Lichtermeer von Zürich auf.

Im Zug. Der heranbrechende Tag enthüllt mir eine Landschaft unter tiefen Wolken, verstädtert entlang der Geleise zwischen Zürich und Bern. Hässlich, die Bäume jetzt praktisch kahl, doch das Gras noch erstaunlich grün. Weidende Pferde, das fällt mir auf, in Sansibar sieht man nur Büffel und Ziegen und Esel. Deshalb habe ich gedacht, dass Pferde wohl tropisches Klima schlecht vertrügen, denn Touristen würden einem Strandritt sicherlich nicht abgeneigt sein. Das stimmt aber offensichtlich nicht, denn die Prinzessin Salme berichtet von edlen Pferden, die ihre Brüder geritten hätten. Und von weissen Maultieren, die für die Damen bestimmt gewesen seinen. Sehr edel und selten auch sie, nur für die bessere Gesellschaft bestimmt. – Maultiere gibt es heute in Sansibar kaum mehr, doch Esel sehr viele und meist sehr schlecht behandelt. Im „Passinshow“, dem Konkurrenzlokal zum „Lukmaan“, viel älter jedoch, mit vielen Jahren Erfahrung, gibt es nun eine gedeckte Terrasse. In der Mitte der Tische wurde ein grosser Teich mit Fischen gebaut. Daran eine Tafel, die von der Gründung der Tierschutzorganisation von Sansibar kündet, eine Weile bereits ist das her. Wenn man nur etwas davon merken würde.

Keine Kommentare: