Sonntag, 23. November 2008

Sansibar, den 12. November 2008


Als ich dem Strand entlang nordwärts um die Shanganispitze herumgehe, empfängt mich nach der Biegung erfrischender Wind: Der „Kazkazi“ bläst, der berühmte Nordostpassat, der die Seefahrer aus Indien und Arabien bis nach Sansibar gebracht hat. Nach wechselhaften Tagen mit plötzlichen Regenfällen, viel Schwüle und kaum Wind, scheint sich der Sommerwind – zögerlich noch, kein wildes Wehen, das Meer aufwühlend und die Fische in tiefere und für die lokalen Fischer unerreichbare Gründe hinunter treibend – zu installieren. Alle ankernden Schiffe, selbst die grössten Tanker, haben heute ihren Bug gegen Norden gerichtet, die riesigen bis winzigen Leiber schön parallel ausgerichtet. - Und Zuhause flattert die Wäsche fröhlich im Hof, denn bis hierher reicht der erfrischende Wind.

Das Geisterschiff. Am vorigen Abend bin ich auf der Terrasse des „Archipelago“ gesessen, weil ich wieder einmal schauen wollte, wie weit die Arbeiten unten in den „Forodhani Gardens“ fortgeschritten sind. Doch, man sieht langsam Strukturen, Mäuerchen, die ersten Bäume sind gepflanzt worden, irgendeinmal wird auch dieses Vorhaben ein Ende nehmen, ich freue mich darauf, diesen grossen Strandabschnitt der Stadt, der nun bereits fast ein Jahr geschlossen ist, wieder in Besitz nehmen zu können. Und die neue Hafenanlage soll bereits nächstens fertig gestellt sein. Man muss ja auch das Positive sehen. Nicht nur an der Tatsache herumstänkern, dass die Abwasserleitungen beim kleinsten Regenfall den ganzen Inhalt der Kanalisation direkt am Strand ins Meer schwemmen, in Rohren, die eigentlich nur für das Regenwasser vorgesehen sind und dass es so bisweilen statt nach Regen riecht, nach etwas ganz anderem stinkt. In Swahili heisst duften „nukia“ und stinken „nuka“. Ist eben alles recht nahe beieinander.
Doch zurück zu dem Schiff. Im „Archipelago“ geniesse ich den perfekten Cappuchino und schaue aufs Meer hinaus. Es ist bereits praktisch finster und plötzlich bemerke ich ein hell erleuchtetes mit Lichtergirlanden dekoriertes Riesenschiff ganz nahe am Strand. Das muss ein Kreuzfahrtschiff sein, mehrstöckig, ein Hochhaus ist das, beleuchtete Fenster, langsam scheint es sich abzudrehen, weshalb habe ich das vorher nicht bemerkt? Ich bezahle, will dem Lichterbaum nachlaufen, kaufe unterwegs noch Brot, das dauert, viele Leute sind da und bis ich den Strand beim „Tembo Hotel“ erreiche, ist der ganze Spuk verschwunden. Ich glaube das kaum, keine Spur mehr von einem hell erleuchteten Schiff, die gewohnten, dürftig beleuchteten Fährboote im Hafen, sonst Dunkelheit. Habe ich Halluzinationen? Dem Strand entlang gehe ich südwärts nach Hause und als ich die Shanganispitze erreicht habe, dort wo die Halbinsel abdreht, da sehe ich es wieder, dieses Riesending, doch bereits recht weit draussen, mit Kurs Richtung Daresalaam. Das muss ja gewaltige Motoren haben, dass es mit solch einer Geschwindigkeit verschwinden konnte! – Später erzähle ich dem Ali von meinem Erlebnis. Nicht ein Kreuzfahrtschiff sei heute vor der Stone Town geankert, meint er, ganze zwei seien es gewesen. Hier weiss man doch immer alles. Der Ali kommt ja weit weniger häufig am Meer vorbei als ich, doch wissen die Händler, die Guides, die Bettler, die Restaurants, überhaupt alle davon, wenn die Stadt von einer Horde bleicher und schwach bekleideter Mzungus überschwemmt wird, die keine Ahnung von den Preisen hier hat. Und alle erhoffen sich ein gutes Geschäft.

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