Sonntag, 2. November 2008

Bagamoyo, den 23.Okrober 2008


„Usiku mwema“, gute Nacht, ich bin zurück in Afrika. Seit fünf Tagen.

Babs, Alex und Sophie habe ich in Sansibar getroffen - den Ali natürlich ebenfalls, doch davon später - und wir sind zusammen weiter gereist in den Saadani Nationalpark und nun bin ich hier, in Bagamoyo allein, nach zwei Flaschen Bier, und wundere mich, wie gut mein Swahili noch ist. Mindestens war es mir möglich, mich mit der Frau, die den Alkoholladen betreut und auch mit der Frau, die hier kleine Speisen zubereitet, zu unterhalten. Wir haben uns meistens verstanden. Ich habe der Getränkeverkäuferin „chipsi na mayai“ bezahlt, da sie zwar den Fisch ass, den ich ihr anbot, nicht jedoch meine Chipsi teilen wollte. Oder sich gescheut hat, mein Angebot anzunehmen und mitzuessen. Item, nachdem sie mir etwa dreimal sagte, dass sie „chipsi na mayai“, also Frites in einem Eiomelett sehr liebe, habe ich begriffen und ihr diese Speise bestellt. Ich meine das nicht sarkastisch, für zwei Teller Frites mit Salat, einmal mit zwei Fischen und einmal mit Ei und zwei Bieren und einer grossen Flasche Wasser zahle ich am Schluss weniger als acht Franken, das scheint mir okay – obwohl vielleicht ein Vermögen hier. Item, ich habe tapfer Swahili parliert: ein Kind, dreijährig und sechsundzwanzig Jahre alt, nein, ich keines und zweiundfünfzig. Ich ein Haus in Sansibar, sie ebenfalls Familie dort, man fühlt sich nahe, sie Muslimin, das stelle ich jetzt fest, der Schleier ist mir in der düsteren Beleuchtung gar nicht aufgefallen. Erst als sie mich fragt, ob ich das liebe (sie meint das Bier) und ich „ja“ sage und sie? meint sie nein, Soda liebe sie, und „chipsi na mayai“, erst da habe ich geschaltet. Item, man unterhält sich erstaunlich gut, ich erfahre, dass der Besitzer ein Schwede, seit zwei Jahren hier erst und ganz alleine, keine einheimische Frau, nein, der fühle sich gut so, das sei kein Problem und nein, es sei nicht ungefährlich hier des nachts. Für mich als Mzungu, als Weisse, sei es gefährlich, nachts auszugehen, nicht so für sie. Ich bestelle ein weiteres Bier und frage sie nicht, weshalb sie als Muslimin und Nichtalkoholtrinkerin mir überhaupt Bier verkaufe. Wir verstehen uns gut, die Frau gefällt mir. Und wir können auch gut zusammen schweigen. Merkwürdig, das funktioniert lange nicht mit allen Leuten, oft wird Schweigen peinlich. Nach dem zweiten Bier fühle ich mich müde genug, in mein Zimmer zu gehen und freue mich auf einen frühen Morgen hier im Dorf. Oder der Stadt. Wie gross ist Bagamoyo überhaupt? Ein Ort, in dem ich mich wohl fühle.

Gestern im Wildpark Sadaani auf Safaritour. Nicht besonders viele verschiedene Tiere wollten sich zeigen, doch der Park hat eine sehr abwechslungsreiche Vegetation und am besten gefallen mir sowieso die Giraffen und von denen zeigten sich sehr viele. Das Ressort im Norden des Parks, das meine Schwester gebucht hat, ist zwar etwas abgelegen, aber wunderschön. Der einsame Sandstrand, einige tote Bäume und Algen im weissen Sand, Kokospalmen dahinter und dazwischen eingestreut die Bungalows, besser komfortablen Zelthäuser unter Palmendach. Hoch gestelzt auf einer Holzplattform und mit Aussicht, das mag ich besonders.

Und noch einen Tag früher die Anreise mit Mody, „no problem“ meint er. Wie immer. Das Camp, das Babs gebucht habe sei gleich neben dem, das er kenne, er wirkt ganz sicher, das sei kein Problem, das finde man schon. Doch bei der Ankunft am Festland, in der Nähe der Flussmündung, muss man dann doch landen und Einheimische fragen. Nein, nicht hier, meinen die, weiter nordwärts. So fahren wir. Später ein Telefon der Lodge - es ist jetzt bereits drei Uhr - wo wir denn steckten? Mody übersetzt uns, gleich um die Ecke, dann seien wir dort. Die Landspitze, die er meint, ist dann allerdings etwa eine Stunde entfernt und hinter der Landspitze zeigen sich nochmals unberührte Strände, keine Behausungen weit und breit. Nach einer weiteren Stunde nordwärts segeln, wir haben bereits seit einer Weile keinen Empfang mit dem Telefon mehr, wird die Besatzung langsam sichtlich unruhig. Weiter könne es nicht mehr sein, meint Sharifu, der Kapitän, und irgendeinmal kommt das Gerücht auf, die Lodge sei gar nicht direkt am Strand, die hätten wir wohl bereits verpasst. Wir Mzugu schauen den Plan im Reiseführer an und sind überzeugt, dass es noch weiter nordwärts gehen müsse, eben nicht gleich nebeneinander, wie der Mody das sah, doch die Crew will wenden, irgendwo landen und dann schauen, dass man uns mit einem Auto suchen kommt. Wir willigen ein, eine Stunde lang wird zurück gesegelt, der Sonnenuntergang naht, immer noch keine Verbindung zu der Lodge, wir werden langsam alle unruhig. Ich finde, dass man im nächsten Dorf landen solle, ich habe genug vom Bootsfahren, die Wellen beginnen mich zu nerven, ich will an Land. Und merke erst jetzt, dass die Crew und vor allem Mody, dies verhindern wollen, im Halbdunkel am Dorf vorbeizufahren versuchen. Und werde wütend, denn erst jetzt begreife ich wirklich: Sie haben Angst an Land zu gehen. Löwen, auch sonst wilde Tiere, das gibt es nicht in Sansibar. Bereits die unbekannte Bevölkerung, die glauben, hier auf dem Festland, da gäbe es nur Halsabschneider und Menschenfresser, ich sollte mich daran erinnern, so war das doch immer. Vor allem, was sie nicht kennen, haben sie Angst. Jetzt werde ich wütend. Erst eine Tour anbieten, so tun, als ob man alles wie aus der Westentasche kenne, und sich nicht einmal bemühen, das ganze auch richtig zu organisieren. Typisch afrikanisch eben.
Erst am nächsten Tag vernehmen wir von der Leiterin der Lodge, dass sie dem Mody am Vortag der Reise telefoniert habe um im alles genau zu erklären. Doch der habe nicht zugehört, so getan, als ob er alles bestens kenne. Und erst jetzt begreife ich, weshalb der Mody immer von 30 Minuten gesprochen hat, die diese Lodge von der anderen entfernt sei. 30 Kilometer wurde ihm gesagt. Doch dies bedeutet für den Mody nichts. Nicht dass er das Wort nicht verstanden hätte, es ist dasselbe in Swahili. Aber was ein Kilometer in Realität ist, davon hat er offensichtlich keine Ahnung. Man hätte ihm sagen müssen, eine Distanz so ungefähr von der Stone Town bis Kendwa. Das kennt er, das hätte ihm etwas bedeutet, die 30 Kilometer eben nicht. Und so hat er das umgedeutet in 30 Minuten und Zuhören ist eh mühsam, also verliess er sich darauf, dass er sich dann schon durchfragen könne. Nur hatte er das Pech, dass an dieser Küste im Moment kaum Fischerbote vorbeikommen, denn es sind keine Fische hier. Doch so etwas hat sich der Mody ganz einfach nicht vorstellen können.

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