Sonntag, 23. November 2008

Sansibar, den 6. November 2008


Die Wahl Obamas gestern habe ich in Sansibar miterlebt, vor vier Jahren ebenso den Tod von Papst Johannes Paul. Das hat die Leute damals erschüttert, erstaunlicherweise, sind doch mehr als 90% Muslime. Doch offensichtlich hat der selbst hier einen äusserst guten Ruf gehabt, man hat getrauert. Und das fand ich noch befremdlicher als die für mich unbegreiflich sentimentale Reaktion Elas, einer Polin zwar und katholisch, doch für mich ein modern denkender Mensch. Weshalb also diese Gefühlsregungen wegen einem Papst, den ich persönlich viel zu konservativ fand, Gefühle für jemanden, der mich – ich gebe das zu – völlig kalt liess? - Bei Ela sicherlich auch, weil sie Polin ist. Der Nationalstolz schwingt immer irgendwie mit.
Beim Ausbruch des Irakkrieges war ich in Belize City. Hier waren es weniger die Reaktionen der Bevölkerung. Sehr heiss war es, eine gefährliche Stadt hiess es, auch hatte ich mich eben von meinem Vater getrennt, der zurück in die Schweiz flog. Neu allein und billig reisend fand ich es notwendig, ein Hotel mit Klimaanlage und Fernseher zu buchen. Dort sah ich in den Nachrichten, dass die Amerikaner den Irakkrieg nun doch begonnen hatten. Gegen den Willen des grössten Teiles der Weltbevölkerung. Die Ereignisse der Weltgeschichte, verknüpfen sich mit meinen Reisen. Einzig von der Abwahl Blochers letztes Jahr im Bundesrat habe ich hier nichts mitbekommen. Das ganze erst einige Tage später vernommen.

Doch die Wahl eines amerikanischen Präsidenten ist etwas ganz anderes als die Abwahl eines schweizerischen Bundesrates. Ein Unterstützungskomitee für Obama gab es selbst hier in Sansibar. Und den Sieg eines Schwarzen empfindet man als Sieg Afrikas. In Kenya soll es zu Freudenfesten gekommen sein. Dort gäbe es ja sonst nicht viel zu feiern mit Odinga, dem ehemaligen Oppositionsführer und jetzigen Premierminister, und Kibaki, dem Präsidenten, witzelt man hier, deshalb werde lieber der Obama verehrt. - Besser ist wohl die Einstellung Alis. Das Gute an Obama sei, dass er ein Mensch sei, der auch zuhören könne, kein arroganter Alleinregent wie der Busch. Jetzt werde sich Afrika Amerika, das zu Buschzeiten – trotz grossen Entwicklungshilfegeschenken – sehr verhasst war, bestimmt wieder mit ganz anderen Gefühlen zuwenden. Effektiv glaube auch ich, dass der grösste Nutzen dieser Wahl ist, das man Amerika wieder Kredit gibt. Ob sich dies jedoch ebenso stark in den Arabischen Ländern auswirken wird, das muss der Obama erst noch beweisen, denn die Tatsache allein, dass er ein Schwarzer ist, wird die Araber wohl kaum versöhnlich stimmen. Ein weiterer Bonus dieser Wahl ist bestimmt, dass man Amerika wieder stärker zutraut, eine funktionierende Demokratie zu sein und nicht Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Wie sonst, so findet Ali, hätte ein Nachkomme ehemaliger Sklaven Präsident eines solchen Landes werden können? – Obwohl dies eigentlich in zweierlei Beziehung falsch ist. Einerseits, weil Obamas Vorfahren ja nicht als Sklaven nach Amerika gekommen sind, sondern viel später als Einwanderer, andererseits aber ebenfalls, weil Obama nicht ein ganzer Schwarzer ist sondern nur ein halber, die weisse Mutter sieht man seinem Gesicht sehr gut an, wenn man etwas afrikanische Physiognomien studiert hat. Eigentlich perfekt für Amerika – einzig noch etwas Südamerikanisches Blut würde dem ganzen gut tun.

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