Sonntag, 23. November 2008
Sansibar, den 4. November 2008
Ein grosses blindes Frachtschiff verlässt heute Morgen den Hafen Richtung Daresalaam. Blind nenne ich es, weil sich die hohen weissen Schiffswände gänzlich fensterlos emporheben, darüber nur kleine, barackenartige Aufbauten, ich frage mich, wo das Steuerhaus liegen mag? Unter den weissen Schiffswänden ragt der dunkelblaue Teil des Schiffsrumpfes aus dem Wasser empor, der beladen zum grössten Teil unter der Wasserlinie liegt, das Schiff muss gänzlich leer sein. Merkwürdig geformt ist dieser tiefe Teil des Rumpfes. Während sich der Bug oberhalb der Wasserlinie verjüngt, stösst unterhalb eine Art Spitze - abgerundet, vielleicht besser ein Horn - wieder weit ins Wasser hinaus. Und am Heck sehe ich einen Fortsatz, wie eine Treppenstufe aussehend, der normalerweise nicht sichtbar ist. Beängstigend muss es sein, mit einem Fischerboot nahe unter diesem Monster vorbei zu gleiten.
Das Frachtschiff ist leer bei seiner Abreise von Sansibar, hier wird kaum mehr etwas Exportwürdiges produziert. Nicht wie früher, als die Boote Wertvolles, Elfenbein, Gold und Silber, Luxus für den Sultan und weitere Reiche, nach Sansibar brachten und gefüllt mit Gewürzen – Sklaven auch, das darf man nicht vergessen, ihnen verdankte die Insel wohl den meisten Reichtum – wieder abreisten. Heute ist der einzige Devisenbringer der Tourismus. Gefährlich findet dies Da Silva. Eine Bombe, ein Attentat könne das ganze Touristengewerbe vernichten, die Wirtschaft zerstören. Wie dies bereits in mehreren Destinationen geschehen sei. - Doch Touristen sind vergesslich. Menschen überhaupt.
Bereits vor Monaten ging das Gerücht um, dass die allgegenwärtigen Plastiksäcke verboten werden sollten. Doch nichts passierte, überall wurde man mit Unmengen von Plastiktüten eingedeckt, blau meistens in der Farbe und so waren auch die Meeresufer, die Landschaft im allgemeinen, jedes Grundstück in der Stadt, das von einem zusammengefallenen Gebäude eingenommen wurde, auch die Zweige an den Bäumen, mit blauen Plastiksäcken übersät. Man regte sich etwas auf, dass nicht ausgeführt, was doch gut und beschlossen, und vergas diese Ankündigung.
Nun, nach drei Monaten Abwesenheit, stelle ich fest, dass plötzlich die Plastiksäcke fast vollständig verschwunden sind. Erstaunlich eigentlich das Tempo. Wahrscheinlich ist der Stock der Tüteneinkäufer – die sicherlich Druck auf die Regierung gemacht haben – nun aufgebraucht. Papiertüten jetzt wieder überall, die Leute, die geflochtene Einkaufskörbe verkaufen, machen ein gutes Geschäft und Brot und viel anderes wird eben wieder in Zeitungspapier eingewickelt. Nicht hygienisch? Ich erinnere mich daran, dass auch im Tessin zur Zeit meiner Kindheit die Salami oft in Zeitungspapier verkauft wurde. Wir Deutschschweizer fanden das zwar etwas komisch, haben die Esswaren aber trotzdem gegessen und ich erinnere mich an keine Probleme. So tue ich das jetzt auch hier. – Das einzig wirkliche Problem bleibt die Abfallentsorgung, in Papiersäcken lässt sich der Abfall schlecht lagern, doch hierfür wurde keine Ausnahme gemacht, so dass jetzt alle Leute ganz gierig auf der Suche nach den letzten Plastiksäcken sind. Ich schlage Ali vor, den Abfall in einem alten Eimer hinauszustellen. Nein, meint er, der werde sowieso gestohlen. Also eines der gebrauchten Wasserbidons abschneiden und dazu einsetzen. Man wird hier erfinderisch. Das liebe ich an Afrika.
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