Dienstag, 9. Oktober 2007
8. Oktober 2007
Erneut ein Chaostraum. Ich will mit drei Freundinnen (wem eigentlich?) ein Wochenende verreisen. Die Abfahrtszeit des Zuges rückt heran, doch ich schaffe es einfach nicht, meinen Koffer zu packen, finde meine Sachen nicht, stelle fest, dass ich zwei dicke Pullover eingepackt, jedoch kein Leibchen, reisse wieder alles aus dem Koffer, fange von vorne an, flehe die Freundinnen an mir zu helfen,......... und erwache schliesslich wie aus einem Albtraum. – Wo ich doch in meinem richtigen Leben ein sehr gut organisierter, ordentlicher Mensch bin. Und das Zuspätkommen. Fürchten tue ich mich schon davor. Zug und Flugzeug stressen mich, exakte Abfahrtszeiten machen mich nervös - meist bin ich dann aber viel zu früh vor Ort.
Vor Mitternacht Musik, Lachen, Fernsehgeräusche, die Leute scheinen während dem Ramadan nicht zu ruhen. Nach Mitternacht immer irgendwo Gesang, Gebete - der andere Teil der Bevölkerung. Auch Ali steht um 1 Uhr auf, liest im Koran oder anderen religiösen Schriften, betet, isst dann mit mir die letzte Mahlzeit, dann nochmals ein Gebet – und geht schlafen. – Das finde ich schade, gerade jetzt, wo der Tag erwacht. Was auch der junge Mann, der mich heute langsam joggend den Strand entlang begleitet, findet. Er stehe um drei Uhr auf, bete eine Stunde, lese eine Stunde im Koran, esse etwas, dann komme er an den Strand zum Joggen und um halb acht Uhr sei er dann in seinem Büro. Nach der Arbeit, sie hört jetzt um zwei Uhr auf, gehe er dann schlafen bis am Abend. Er warnt mich davor, hier am Strand mit meiner Kamera unterwegs zu sein. Er habe lange Zeit im Riffhotel am Ende des kilometerlangen Strandes - inzwischen heisst es anders, hat zweimal den Besitzer gewechselt - gearbeitet. Und dort leider ein paar Mal erleben müssen, wie Touristen beraubt, und manchmal auch von Schnittwunden verletzt, zurückgekommen seien. Gerade gegen das Ende des Ramadans würden die Leute viel Geld brauchen, das sei eine besonders gefährliche Zeit. - Er hat wohl recht, ich bin zum ersten Mal alleine an diesem Strand. So bin ich froh, den Weg zusammen mit ihm zu gehen, er joggt langsam, es ist Ramadan, da sei es nicht gut stark zu schwitzen, ich mit langen Schritten ausgreifend. Wir führen ein interessantes Gespräch, er arbeitet jetzt auf dem Finanzministerium. Beklagt sich aber trotzdem über die immense Korruption der Regierenden. Das sei leider überall in Afrika so, warum? Josephine, meine Lehrerin hat mich dies auch schon gefragt. Ich treffe an diesem Strand meist sehr gebildete Leute, die gut Englisch sprechen. Selbst das Bedürfnis nach Sport hat wohl etwas mit Bildung zu tun.
Ein Traumfetzen, als ich mich gegen 10 Uhr morgens zum Schlafen hinlegte. Meine Schwester Babs und ich im Meer. Doch wir schwimmen da nicht - was mich nicht zu erstaunen scheint – wir schreiten auf dem Wasser, indem wir bis zu halber Wadentiefe darin versinken. Plötzlich jedoch bemerke ich, dass das Meer unheimlich schmutzig-trübe wird, man sieht keinen Grund mehr, ich bekomme Angst und wache auf.
Die Öffnungszeiten der Läden sind während dem Ramadan noch unberechenbarer als sonst. Das Internet beim Markt ist auch normalerweise nur jedes zweite Mal, wenn ich vorbei gehe, geöffnet, dafür ist der Inder nur halb so teuer wie die Touristenplätze. Während dem Ramadan, verspricht mir der Angestellte, sei der Laden von 10 Uhr morgens bis 4 Uhr nachmittags geöffnet. Es sei denn – natürlich – es sei nicht gerade Gebetszeit, da sei auch geschlossen.
Mit der Änderung der Gewohnheiten, kein Essen und Trinken tagsüber, sehr früh aufstehen, auch durch den Tag hindurch immer mal wieder eine halbe Stunde sich hinlegen ohne Regel, werden einem viele Gewohnheiten erst richtig bewusst. Beispielsweise habe ich immer nach dem Aufwachen das Bedürfnis nach einem Kaffee oder einem heissen Tee. Aufstehen ohne, ist deshalb merkwürdig. – Mir gefällt das Herausfallen aus dem gewohnten Rhythmus. Schon früher waren die Morgen nach einer durchzechten Nacht immer etwas ganz besonderes – weil selten. Schön aber auch, festzustellen, dass eben alles gar nicht so notwendig ist, wie man meint. Dass es recht gut auch ohne geht.
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