Dienstag, 13. November 2007

3. November 2007







Nach meinen beschaulichen zehn Rhamadan-Tagen war ich für drei Wochen mit meiner Schwester Babs, dem Alex und Moritz hier in Sansibar einfach Touristin und habe ihnen die wunderschön verlotterte Altstadt gezeigt. Babs ist von den alten Häusern, dem bunten Leben hier, aber auch den vielen Läden extrem angetan und wird nicht satt vom Andenken einkaufen. Afrikanische Tücher, Mörser, Hornbesteck, Schmuck, Kleider und weiteres haben sich auf den Weg in die Schweiz gemacht. - Ein unangenehmes Überbleibsel von Babsens Shoppingtouren: Ich werde nun häufig wie eine alte Bekannte vor den Läden abgefangen und begrüsst und muss erst wieder allen erklären, dass ich hier wohne, mich shoppen nicht interessiert und sich das ganze um eine Verwechslung mit meiner recht ähnlich aussehenden Schwester handeln muss.
Ausgiebig ebenfalls haben wir die Touristenrestaurants getestet, auch dazu komme ich normalerweise kaum. Unser Urteil: Den besten Food gibt es beim Chinesen in der „Pagoda“. Allerdings muss man in Kauf nehmen, dass man in einem kitschigen vollklimatisierten Raum sitzt ohne Aussicht auf das Meer oder die Altstadt. Die vielen schwarzen und indischen Gäste hier bestätigen aber unsere Überzeugung, dass das Preis-Leistungsverhältnis stimmen muss. Überhaupt lässt sich als Gleichung wohl sagen, je touristisch-romantischer der Ort - etwa eine schöne Terrasse über dem Meer - desto teurer und weniger schmackhaft, europäischer Standart eben, ist das Essen. - Daneben haben Alex und Moritz ganz alleine die billigste Bierquelle vor Ort gefunden, das „Starehe“. Auch eine Terrasse am Meer, aber für ein anderes Publikum. Immerhin ist zu bemerken, dass der dortige Sonnenuntergang zu den besten gehört. Fussballspiel auf der Sandfläche zum Meer hin und Segelschiffe, die in der Dämmerung majestätisch aufs Meer hinaus gleiten. Im Publikum hat es Prostituierte, die auf weisse Freier warten, aber auch Weisse Frauen, die sich hier einen Lover suchen kommen. Daneben viele Schwarze, die sich gerne einmal ein Bier bezahlen lassen und auch ein paar ganz normale Travelers. Niemand stört sich daran, dass die Örtlichkeit doch etwas heruntergekommen ist.

Für fünf Tage reisen wir auf die Nachbarinsel Pemba, die weit weniger arm ist, als ich mir dies nach den Beschreibungen der ausgewanderten, hier in Sansibar lebenden, Pembanern so vorgestellt habe. Das Strassennetz ist erstaunlich gut ausgebaut, mindestens die Hauptachse, und überall werden neue Häuser gebaut, also keine Zeichen des Zerfalles. Das seien eben die vielen erfolgreichen Auswanderer, auch in Daresaalam und Tanga, ja selbst in Europa finde man solche. Irgendeinmal hätten diese dann das Bedürfnis, für sich oder auch die zurückgebliebene Verwandtschaft ein neues Haus in Pemba aufzustellen. All die Fotos dieses Berichtes habe ich auf Pemba gemacht. Die Landschaft ist sehr grün, etwas hügeliger als Sansibar - eigentlich Unguja, denn Sansibar ist die Bezeichnung für beide Inseln zusammen - aber auch wieder nicht so gebirgig, wie ich mir das vorgestellt habe. Sehr fruchtbares Land, neben Nelken werden Gemüse und Früchte angebaut und auf die viel touristischere Schwesterninsel exportiert, die ihren Nahrungsbedarf schon lange nicht mehr selbst decken kann.
Unser Fährschiff „Sepideh“ landet im Süden der Insel in Mkoani und hier finden wir auch ein einfaches, aber schön auf einem Hügel über dem Meer gelegenes kleines Hotel, zu dem uns der Besitzer, Ali Jondeni nennt er sich, geschickt von der Fähre weg hinschleust. Doch wir bereuen das nicht. Der Ort ist gemütlich, günstig und Alis Frau ist eine ganz ausgezeichnete Köchin. Zweimal fahren wir mit einem Schiff hinaus zum Schnorcheln. Die eine Tour ist vor allem bemerkenswert, weil wir dabei Hunderte von spielenden Delphinen kreuzen und uns schliesslich sogar einem Walfisch auf bis fast Angst erregende Distanz nähern. Wie riesig muss dieses Tier sein, dessen Flosse und Rückenlinie neben uns aus dem Wasser auftauchen! An diesem Tag sind zwar die Korallen nicht die besten, dafür das Wasser unheimlich klar, was beim Schnorcheln ebenfalls etwas Magisches hat.
Nach drei Tagen fahren wir vom Süden, über den Hauptort Chake Chake bis ganz in den Norden, wo eine „Manta Reef Lodge“ in den Führern angepriesen wird. Eine grosse Auswahl an Beach-Ressorts gibt es nicht in Pemba. Einzig im Süden noch die sehr luxuriöse „Fumba Lodge“, die uns aber wirklich zu teuer ist. Und die Ortschaften auf Pemba, in denen man kleine Hotels finden kann, sind nie in Badebuchten gelegen.
In der „Manta Reef Lodge“ wohnen wir in einem hübschen, auf Stelzen gebauten luftigen Holzhaus, das geschmackvoll eingerichtet ist. Leider scheint jedoch ein grösserer Teil der Kundschaft mehr Luxus zu wünschen. Bungalows mit verglasten Scheiben und Klimaanlagen sind im Bau. Auch das viel gerühmte Reef hier oben erschnorcheln wir nicht, weil wir den Preis, 80$ pro Person und Tag, überrissen finden und es so vorziehen, mit gemieteten Velos auf holprigen Wegen zum nahe gelegenen letzten Stück Urwald der Insel zu fahren. In den zerstreuten Siedlungen rennen freudig Kinder aus den Häusern und schreien uns „bye bye“ entgegen. Das letzte Stück Urwald der Insel ist klein, doch sieht es noch ursprünglich aus und kann auf einem Pfad begangen werden. Enttäuscht bin ich – wie bei all meinen bisherigen Exkursionen in tropische Wälder – davon, dass man kaum Tiere sieht. Wenigstens Vögel dürfte man doch erwarten. Doch auch Pemba, gleich wie Unguja scheint mir ganz merkwürdig arm an Vögeln zu sein. Einzig Krähen und Spatzen und häufig auch noch Reiher sieht man häufig.

Zurück in Sansibar sind wir mit dem Mody vor der Stone Town Schnorcheln gegangen. Auch hier ist das Reef immer noch sehr schön. Mich dünkt sogar, dass es jetzt weniger von diesen gefrässigen, Korallen-zerstörenden grossen Seesternen gibt. Auf Chumbwe Island, einer unter Naturschutz stehenden Insel mit den besten Korallen überhaupt, waren wir ebenfalls. Ich stelle fest, dass jetzt das ganze viel professioneller organisiert ist. Ein empfehlenswerter Ausflug. Auch die Nordspitze Sansibars, Nungwi, besuchen wir, denn mir gefällt die Atmosphäre in diesem Ort ganz besonders. Keine riesigen isolierten Ressorts mit europäischem Luxus, kleinere Hotels, auch günstige und eine freakige Atmosphäre. Allerdings bin ich erschrocken, wie viel gebaut worden ist seit meinem ersten Besuch hier vor zweieinhalb Jahren. Selbst ein italienischer Beachclub hat es bis hierher geschafft, bisher waren ja diese Etablissements auf die Ostküste beschränkt und passen sich dort mit ihren höchst freizügig herumlaufenden Gästen sehr schlecht zwischen die kleinen Fischerdörfer ein, in denen die Frauen noch tief verschleiert herumlaufen.
Auch schlechte Erfahrungen bringt das Touristenleben. Meine Schwester und ich gingen in der Bucht südlich der Stone Town am Strand spazieren. Wohl wurde ich in letzter Zeit verschiedentlich gewarnt, dass dies gefährlich sei, es dort Raubüberfälle gebe, einmal wollen uns die Fischer dort partout nicht vorbei lassen. Eigentlich hätten wir es ja wissen müssen, doch mitten am helllichten Tag. Auch waren wir nicht alleine am Strand, viele Jugendliche, wer geht hier schon einer regelmässigen Arbeit nach, hängten am Strand herum. Plötzlich werden Babs und ich von hinten angerempelt und heftig am Arm gepackt und bis ich begreife, was sich ereignet, sehe ich zwei Typen bereits mit unseren Taschen davon rennen und im Gebüsch verschwinden. Für uns beide ein Schock, für Babs zusätzlich der Verlust ihrer gesamten Ferienbilder, denn Kamera und Telefon hatte sie auch dabei. Und die Jugendlichen, die vorher auch am Strand waren und Babs zum Fotografieren verleiteten, waren dann ganz plötzlich ebenfalls verschwunden. Wollten wohl nichts mit dem ganzen zu tun haben.

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