Mittwoch, 28. November 2007

19. November 2007


Drei junge Europäerinnen, oder besser Weisse - ich halte die Frauen für Amerikanerinnen mit einem kaum verständlichen Slang, Ali hingegen findet, das sei überhaupt kein Englisch - kommen praktisch jeden Mittag in den Lukmaan essen und unterhalten sich angeregt. Das Besondere an ihnen: Eine der Frauen trägt wie die Einheimischen einen schwarzen, grässlich mit Goldstickerei verzierten Mantel, einen „Buibui“, dazu Kopftuch und Hennamalereien an den Armen und Händen. Eine andere immerhin Kopftuch und Hennazeichnungen. Die drei sind jung, so um die zwanzig. Und fordern mich dazu heraus, sie eines Tages zu fragen, ob sie denn hier mit Muslimen verheiratet seien, denn Henna wird nur von verheirateten Frauen verwendet und die Tatsache, dass sie sich derartig den hiesigen Kleidungsbräuchen anpassen, scheint mir ebenfalls ein Indiz. Frauen sind ja hier häufig in Gruppen und ohne ihre Männer unterwegs, das ist nichts besonderes, Männer umgekehrt ebenfalls. - Nein, nein, meinen sie verwirrt. Es müssen Studentinnen sein, die hier einmal den Islam selbst ausprobieren wollen.
Eine weitere verschleierte Weisse betritt den Lukmaan, Anissa, die Australierin. Von Ali für mich auserwähltes Vorbild, denn sie hat sich von sich aus zum Islam bekehrt. - Doch ich will je länger desto weniger bekehrt werden, langsam macht mich alles, was mit dieser Religion zu tun hat, aggressiv.

Vor Sonnenuntergang gehe ich wie meistens zum Strand hinunter, versuche eine Skizze zu machen. Nicht sehr erfolgreich, eine Mücke belästigt mich, ich habe vergessen, Mückengift einzustreichen. Dann kommt ein kleiner Junge zu mir, redet in Swahili auf mich ein. Er brauche Geld zum Essen. Ob er denn keine Eltern habe? Nein, das habe er nicht, er habe Hunger. Da meine Zeichnung sowieso nicht gelingen will und ich gerne mit dem Jungen schwatze, biete ich ihm an, mit mir in die Forodhani Gardens zu kommen, ich würde ihm dort etwas kaufen. Doch das will er nicht, er will Geld. Und ich will Kindern kein Geld geben.
So mache ich mich alleine auf den Weg, doch schon wieder werde ich in ein Gespräch verwickelt. Diesmal ist es der Sheik, der uns getraut hat, ein mir sympathischer Mann. Und stelle fest, dass auch er mich nie verstehen wird, der Islam ist eben eine andere Welt. Er meint, ich solle das doch versuchen mit dem Schleier. Und beten fünfmal am Tag. Und Ramadan machen. Jetzt sei ich doch bereits ein Jahr verheiratet. Ganz langsam einfach versuchen. Das sei wichtig für Allah. Obwohl wir sprachliche Schwierigkeiten haben, er spricht schlecht Englisch und mein Swahili ist für solch komplizierte Gespräche nicht genügend, ist nicht die Sprache das Problem. Auch er versteht einfach nicht, dass ich keine gute Muslimin sein kann und will. Versteht nicht, dass ich finde, das wichtigste sei doch, ehrlich zu bleiben. Und ich könne das ganze einfach nicht mit gutem Gewissen behaupten zu glauben. Auch die Auferstehung, Himmel und Hölle......., doch dies versuche ich erst gar nicht mehr zu erklären. - Beim Abschied frägt mich der Sheik dann, ob ich etwas Geld hätte, er wolle sich Chipsi kaufen. Wieviel? Das sei gleich, irgendetwas. Und scheint mit 1000 Shilling zufrieden zu sein.

Ich erzähle Ali, dass selbst der Sheik mich um Geld gebeten habe. Dass ich überhaupt erstaunt sei, wie einfach das den Leuten hier falle, wie gering doch ihr Stolz. Ali ist nicht zufrieden mit meiner Kritik. Vor 10 Jahren, da sei das hier auch anders gewesen. Diese Betelei jetzt, praktisch von allen Bevölkerungsschichten; wenn ein Weisser vorbei gehe, da hielten selbst ehrbare Leute ihre Hand hin. Man wisse ja nie, die Mzungus hätten überhaupt kein Verhältnis zu Geld, da sei es immer möglich, dass jemand einen Betrag gebe, der selbst für wohlhabendere Leute ein erfreulicher Zustupf in die Haushaltskasse sei. Der Fehler, der sei eben beiderseits. Auch Geben sei eine Verantwortung, das müsse man mit Vernunft tun. - Ich muss Ali recht geben. Doch für mich ist es schwierig, in einer Gesellschaft zu leben, in der ich nie sicher sein kann, wer den nun wirklich Hilfe benötigt und wer nicht.

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