Samstag, 17. November 2007

16. November 2007



16. November 2007

In den Forodhani Gardens treffe ich vier ältere Frauen die deutsch sprechen. Drei Österreicherinnen und eine Schweizerin aus Solothurn, wie ich erfahre. Sie haben vor 40 Jahren in Ifakara, auf dem Festland, einen längeren Einsatz als Krankenschwestern gemacht. Und sind nun - jetzt wo das noch gehe, wie sie meinen - noch einmal nach Tansania zurückgekehrt, um ihre alten Bekannten, meist Leute von Missionsstationen, wieder zu sehen. Was sich denn in dieser Zeit verändert habe, frage ich. Viel und auch wieder nicht viel, meint die eine. Die Armut, da habe nicht viel geändert. Eine andere meint, ja aber vor 20 Jahren, da sei es noch viel schlimmer gewesen, da habe überhaupt nichts mehr funktioniert, weder Telefon noch Transportmittel. Dies hingegen, das habe sich schon verbessert. Trotzdem sind die Frauen glücklich über ihre Reise. Vielleicht müsse man gar nicht soviel wollen, die Leute hier seien ja zufrieden.

Heute bin ich etwas später am Strand, habe den Sonnenuntergang verpasst. Letzte Farben sind im Himmel verglommen, nur dunkle Wolkenbänke zeichnen sich noch vor einem etwas helleren Himmel ab. Der auf dem Rücken liegende Neumond bringt trotz seiner extremen Schlankheit das Meer gerade darunter zum Leuchten, ein silbernes Band zieht durchs Wasser bis zum kaum mehr sichtbaren Horizont. Heute schient der Schwarm der Sardinen weiter südwärts zu liegen, mindestens deuten die vielen Lichtpunkte der Fischerboote in der Nähe der Chumbwe Island darauf hin. Doch auch gerade vor der Stone Town versuchen sich ein paar Boote, man scheint sich diesmal nicht ganz einig zu sein über den Aufenthalt der Fische. Unheimlich langsam verglimmt die letzte Helligkeit am Horizont, die Finsternis verschluckt die Wolkenränder und taucht alles in ein gleichmässiges Schwarz. Einzig über den Fischerbooten im Süden scheinen die Wolken von unten angestrahlt zu werden. Am Horizont sehe ich ein schwaches Glimmen. Das muss der Widerschein der Lichter von Daresaalam sein. - Lange bleibe ich hier sitzen und schaue. Wieder diese Ruhe, die wohl zum Schönsten gehört, was ich hier in Sansibar erlebe. Einfach zuschauen. Mich irgendwie eins fühlen mit dem Universum. Obwohl das furchtbar kitschig klingt - ich finde keine anderen Worte. Und überlege mir. Ob man wohl Sonnenuntergänge und Dämmerungszustände mit Worten genügend umreissen kann, ob es möglich ist, beim Leser ein plastisches Bild davon zu erwecken? – Mit Fotografien geht das ja schwer, das wirkt sehr rasch kitschig, beim Malen sowieso. Einzig mit schwarz-weiss Skizzen fühle ich mich frei von diesem Risiko. Obwohl ja diese Sonnenuntergänge gerade durch ihre farblichen Nuancierungen so interessant sind. Aber dann kommt ja noch etwas anderes hinzu, dass man nicht mit den Augen erfassen kann. Vielleicht eben doch besser mit Worten.
Ich vergleiche meine Arbeit als Illustratorin und Malerin mit dem Akt des Schreibens. Die Tatsache, einmal wissenschaftliches Zeichnen gelernt zu haben erlaubt es mir zwar, sehr genau und in ausgefeilten Techniken die Realität abzuzeichnen. Sehr lange Zeit jedoch benötigte ich anschliessend, um zu einer freieren Malerei zu gelangen, denn irgendeinmal begriff ich, dass nicht reines Wiedergeben der Realität der Sinn von Kunst sein kann. Mindestens nicht mehr im Zeitalter der Fotografie. – Bin ich nun ein illustratorischer Schreiber, zu stark darauf erpicht, dem Leser ein vollständiges Bild von dem auszumalen, was ich sehe? Obwohl ja das Sehen immer auch mit Fühlen verbunden ist.
Auch habe ich mich nie wirklich in der Kunst des Schreibens geübt, keine ähnliche Ausbildung gehabt wie beim Zeichnen, eine Verbildung ist deshalb nicht zu befürchten. Es wäre interessant zu wissen, wie das die Leser wahrnehmen. Ob ich es schaffe, etwas von der Magie, die mich beim Betrachten ergreift, hinüber zu bringen. Oder ob ich sie langweile mit meinen langfädigen Beschreibungen.

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