Viertel vor neun, noch gut eine Stunde bis zum Abflug, am Tisch gegenüber sitzt ein Holländer, der mit typischem Akzent Deutsch spricht, Englisch auch, dies mit der „Honey“, furchtbar, Kopfhörer, wie viele Telefongespräche will der noch führen? Vielleicht hätte ich doch besser, statt in das Café auf dem Gate, in die First Class Lounge gehen sollen, wie mir das beim Einchecken empfohlen wurde. Da wäre erst noch alles gratis gewesen - gratis ist unterdessen im Flughafen das Internet auch hier. In die Frist Class Lounge ging ich nicht, weil ich in Doha, ohne business classTicket, aber mit einem Lounge Pass von der Credit Suisse, vom Türsteher schnöde abgewiesen wurde. Offensichtlich gibt es verschiedene Lounge Klassen, da muss man sich auskennen.
Der Flughafen in Zürich ist nun bestens organisiert, der Holländer versucht sich auch noch in Schweizerdeutsch, „mau luägä“, dä Schnuri, hört denn der gar nie auf? Direkt vom Zug und eine Rolltreppe hoch kann man bei der Swiss nun einchecken, ein Grund mehr Swiss zu fliegen. Passkontrolle, automatisch, das Dokument wird gescannt, auch meine Augen. Anstehen nirgendwo, obwohl doch sehr viele Leute aus dem Zug ausgestiegen sind - nun spricht er auch noch über Ferien in Kanada und zappelt mit den Beinen, wirklich ein extrem nerviger Typ. Wozu er sein MacBook aufgeklappt hat ist nicht ersichtlich, vermutlich, dass man es sieht. Auch die Sicherheitskontrolle passiere ich erstaunlich einfach, habe ich doch Angst gehabt wegen der Impfstoffe, die ich in einem Kühlbeutel transportiere, dessen Gel bestimmt mehr als 100ml wiegt.
Später, im Flugzeug, verspüre ich erneut eine Unsicherheit. Ich sitze erstmals in dieser Klasse und begreife nicht, wie die Sitzeinstellung hier funktioniert. Ist der komplizierte Schalter wohl vor dem Abflug blockiert? Die Stewardess ist sehr nett, ich wähle Wasser statt Sekt, und die Impfstoffe werden problemlos im Kühlschrank aufbewahrt. Das heutige Menü, vom Starkoch der „Cheesery“ in Gstaad kreiert, verspricht Grosses und die Decke ist flauschig, ich finde es kühl. Platz für die Beine, eine Ablage neben mir, leider Richtung Fenster und nun begreife ich auch weshalb, man sitzt diagonal verschoben, so stört man sich nicht beim Liegen, alles extrem gut konzipiert.
Die Alpen, verzuckert, scharf die Grate, die mir helfen zu verstehen wo ich bin, Schatten um 11Uhr früh immer NW. Inzwischen bereits über dem Meer, etwas Wolken, lustige Formationen, das Blau des Meeres, ich habe Zeit zu schreiben, dieser Rausch immer, sobald unterwegs. Unterstützt vom Gin Tonic, den mir die Stewardess bringt. Wunderbar das Fliegen, noch immer. Habe ich doch befürchtet, mein erstes Flugerlebnis nach dem Absturz letzten Juli, könnte auch unerfreulich sein. Bereits serviert man das Entree, eine Terrine mit Crevetten und Gurkengazpacho, selbst die Salatsauce im Glas. Weisses Tischtuch und Stoffserviette, die Vorspeise ist sehr gut, etwas mehr südlich als gewohnt fliegen wir, mitten über der Adria. Brindisi werden wir noch streifen, das dunkelblaue Meer ist aufgewühlt, weisse Krönchen, etwas schade, ich fliege lieber über die exjugoslawische Küste. Der Engländer auf der Gangseite meckert, was meint der eigentlich, ich bin rundum zufrieden, toller Service, jetzt gerade eine unangekündigten schlimmere Turbulenz, doch das Geschirr fliegt noch nicht herum, wie zu erwarten sieht man überhaupt nichts davon in der Luft. Nun streifen wir Brindisi, breite Schaumstreifen vor der Küste, es hat wohl auch hier oben etwas viel Wind. Das Flugzeug schüttelt sich, doch fahren die Stewardessen fort mit Servieren. Zum Hauptgang wähle Poulet mit Ingwerkarotten und Kartoffeln. Die Sitzeinstellung funktioniert übrigens nun auch perfekt. Eine geschlossene Wolkendecke, es wird ruhiger, durch ein Wolkenloch sehe ich Land. Bereits eine Insel vor der griechischen Küste, nun sind wir nördlicher als gewohnt. Zum Käse verlange ich ein Glas Rotwein, die Wahl nun, zwischen argentinischem Malbec, einem Bordeaux oder Schweizer Pinot, rechts unter uns liegt Olympia, verborgen unter den Wolken. Im Mittelteil des Flugzeuges ein Paar in meinem Alter, Hochdeutsch sprechen Sie, dass sie ein Paar sind, merke ich erst jetzt, sie sprechen zum ersten Mal zusammen. Sie spindeldürr, verschmäht Käse und trinkt Wasser, auch das Dessert nimmt sie nicht, darin sind wir uns einig. Wir überfliegen die Westspitze von Kreta. Zum zweiten Mal gehe ich auf die Toilette, der Arzt hatte wohl recht, die Antibiotika wirken erst nach zwei bis drei Tagen, Meer unter dem Flugzeug, ich freue mich auf mein Siesta im Bett. 12:57 Ortszeit, bei Tobruk erreichen wir die ägyptische Küste. Mein Herzt klopft wie wild, warum wohl? Zum Glück weiss ich, das es gesund ist.
Die Siesta ist wunderbar, der Sitz, der stufenlos vom Fauteuil zum Bett wird, ist genial. So kann man sich bestens erholen. Um 14:30 erwache ich wieder, gerade rechtzeitig, um Abu Simbel und den Nasser Stausee zu sehen. Gut sichtbar sind nun die felsigen, im Sand etwas versunkenen schwarzen Gebirge östlich des gestauten Nils. Um 15 Uhr überfliegen wir einen sehr ähnlich aussehenden etwas kürzeren See. Er ist gegen Süden hin aufgestaut. Ich sehe, dass wir uns nun nördlich von Karthoum befinden. Mehr als die Hälfte des Fluges ist vorbei und ich fühle mich bestens erholt. Über sandigem Boden neckische weisse Wölklein, die sich später zu lockeren Wolkenfeldern verbinden, immer noch befinden wir uns über Sand. Die Schatten der Wolken liegen weit östlich, 17 Uhr Ortszeit, wir haben zwei Stunden gewonnen, die Sonne steht bereits sehr tief.
Eine knappe Stunde Zeit zum Umsteigen in Nairobi, dieser Flughafen ist seit dem Brand vor rund acht Jahren chaotisch geblieben. Als Business Passagierin werde ich vom Flugzeug direkt mit einem Minibus zum Transitgebäude gefahren. Weshalb es hier Fingerdocks gibt weiss ich nicht, bisher wurde noch nie eines benutzt. Im Transitgebäude zuerst wieder durch den Sicherheitscheck. Ich gebe mir nicht die Mühe etwas zu erklären, die Medikamente bleiben verpackt, von den 5 Leuten bei der Kontrolle bemerkt niemand etwas Ungewöhnliches, diese Art Terrorismus scheint in Kenia unbekannt zu sein. Am Gate 15 rase ich vorbei, es biegt mitten in der Duty Free Zone rechts ab. Nun bin ich im Bus, der mich wieder irgendwo ins Dunkel hinaus fährt. Dort wird ein Flugzeug stehen, ich habe es geschafft.
Das Flugzeug der Precision Air hat rund 70 Sitze, den Typ sehe ich nirgendwo, Flügel oben angeheftet, Propeller, von den Plätzen besetzt sind gerade einmal acht. Die Maschine hat sicher bessere Zeiten gekannt, Barton Fink lässt grüssen, doch die Sessel sind bequem und zum Glück hat der Pilot eine optimistische Stimme als er meldet „ready for starting“. Das Flugzeug ist laut, aber die Luft bleibt ruhig, so döse ich vor mich hin, es geht ja nur anderthalb Stunden.
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