Montag, 26. Mai 2008
23. Mai 2008
Seit rund 40 Stunden sind wir nun bereits ohne Elektrizität. Immer noch greife ich - sinnlos natürlich - zu Lichtschaltern oder öffne Wasserhahnen. Auch unser Wassertank ist nun leer. Zum Glück haben wir wenigstens im Hof unten noch fliessendes Wasser, das kommt direkt von der Moschee. Wir sind damit privilegiert. Heute Morgen sehe ich viele Frauen mit Wassereimern zu den öffentlichen Zapfstellen laufen, denn die meisten Leute haben privat keine Generatoren, also auch keine Möglichkeit, das Wasser tief aus dem öffentlichen Leitungssystem, das leider keinen Druck hat, herauf zu pumpen. Im übrigen ist es sehr ruhig in der Stadt, als ich nach acht Uhr morgens zum Lukmaan laufe, um einen Gewürztee mit Milch zu trinken. Die meisten Läden bleiben geschlossen. Viele Waren, die gekühlt werden müssen, verderben nun langsam. Auch die Büros blieben geschlossen, meint Mohammad, der Architekt, gestern Abend. Kein Strom, der Staat kann sich keine Generatoren leisten und die Angestellten kommen sowieso nicht ins Büro. Von den rund 100 Angestellten sei kaum jemand an seinem Arbeitsplatz. Da gäbe es auch für ihn nichts mehr zu tun, Zwangsferien. Aber dies alles sei ja den hohen Regierungsleuten egal. Die hätten Generatoren selbst in ihren Privathäusern, würden ebenso wenig unter dem Stromausfall leiden, wie die Touristen, die im allgemeinen in mit Generatoren ausgerüsteten Etablissements einquartiert sind. Also kein Problem. Daran, dass seit zwei Tagen nicht mehr richtig gearbeitet werden könne, dass dies ein Ausfall für die Wirtschaft des Landes, an solches würden diese Regierungsleute erst gar nicht denken. Auch die Sache mit der Information: Nie in solchen Fällen werde die Bevölkerung auch nur aufgeklärt darüber, was genau passiert sei und wie lange das ganze voraussichtlich andauern werde. Die Leute würden schlichtwegs nicht für mündig genommen, die sollten halt warten und schauen, wie es weiter geht. – Wieder einmal eine Klagerunde im hellen Neonlicht des Restaurants gestern Abend. Viele Leute scharen sich noch spät abends dort, denn Zuhause erwartet sie Finsternis. Als ich gegen acht Uhr aus dem gut erhellten Touristenquartier quer durch die Altstadt laufe, treffe ich fast vollkommene Finsternis an. Kerzen erleuchten spärlich die wenigen Läden, die trotzdem noch Eier, Brot, Reis und natürlich Kerzen anbieten. Leute, die im Finsteren vor den Häusern sitzen, teils höre ich das, teils fühle ich es mehr, meine Augen haben Mühe, etwas zu erkennen, zum Glück kenne ich den Weg nun gut. Ab und zu gespenstisches Blau in einem Fenster. Natels lassen sich gut als Taschenlampen verwenden und narren mich erst als Fernseher, die ja unmöglich heute laufen können. Natürlich brauchen diese Telefone so ziemlich Strom. Deshalb sind alle Stecker im Lukmaan, die nicht für Apparate eingesetzt werden, von diesen Dingern besetzt, man kommt sein Telefon ins Restaurant laden. So wie ja auch ich meinen Computer im Internet zurücklasse bis er wieder genug Energie geschöpft hat. Da sind die Leute sehr grosszügig.
Heute gehen wir spät zu Bett. Ich habe Angst davor, in der Nacht aufzuwachen und dann wach, ohne lesen zu können, stundenlang herum zu liegen – grundlos eigentlich, denn normalerweise schlafe ich ja hier sehr gut. Und wache so auch wirklich auf, zwei Katzen streiten sich geräuschvoll. Daneben stelle ich aber fest, dass nun alle Generatoren ausgeschaltet sind, leise höre ich das Rauschen des Meeres, wunderbar ruhig ist es jetzt. – Auch hier scheinen wir zu den Glücklichern zu gehören, denn Mohammad freut sich über die nächtliche Ruhe im Moment. In seinem Quartier würden normalerweise die ganze Nacht Radios, Fernseher und Stereoanlagen in voller Lautstärke laufen gelassen. Die Leute hier hätten einfach keine Erziehung, nähmen überhaupt nicht Rücksicht. Das bestätigt auch Ali, beide haben in Europa gelebt und kennen die Regeln dort, haben die Nachtruhe schätzen gelernt. Hier sei das unmöglich. Die Polizei komme sowieso nur, wenn es etwas zu verdienen gäbe, also sicher nicht in solch einem Fall. Obwohl eigentlich diese Gesetze der Briten immer noch gültig seien.
Und nochmals haben wir Glück. Denn einerseits ist der Mond im Moment fast voll und erhellt die Stadt in der Nacht etwas und zweitens ist im Moment Winter, man kommt also recht gut ohne Ventilatoren oder Klimaanlagen aus. Allerdings nur, wenn man die Fenster offen lässt. Das muss ich eben bemerken, denn ich habe diese wegen dem lärmigen Generatoren des Chinesischen Restaurants in unserer Strasse geschlossen. In den Tropen wird jeder geschlossene Raum innert Kürze stickig feucht und heiss.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen