Mittwoch, 21. Mai 2008
21. Mai 2008
Die Spatzen schwatzen laut in der Passionsfruchtpflanze. Ich schaue näher hin und entdecke ein Männchen, das sein Gefieder mächtig aufplustert, tänzelnd herumhüpft und einen grässlichen Krach von sich gibt. Ganz offensichtlich will es das Weibchen daneben beeindrucken. Dieses scheint zwar interessiert zu sein, doch hat das Männchen nicht genug Ausdauer, gibt seinen Werbetanz bald einmal auf und das Weibchen fliegt gelangweilt davon. Jetzt, allein in den Zweigen, ist das Männchen nur noch ein dünner Strich, sieht nicht besonders gut genährt aus. Der hat in Sansibar sowieso keine Heiratschancen, ein Habenichts, mindestens bei den Menschen würde das kaum klappen.
Hunde und kleine Affen scheinen hier die neuste Mode zu sein. Etliche dieser Herumhänger, die mit Touristen geschäften oder sie anbeteln, haben sich Jungtiere angeschafft. Ich schaue dem mit gemischten Gefühlen zu. Häufig haben sie effektiv bei den Reisenden Erfolg mit ihren Tieren. Doch befürchte ich, dass sie ihren Spass an diesen sehr bald einmal verlieren werden. Was passiert dann mit ihnen? Bereits jetzt scheint mir vor allem die Haltung der jungen Äffchen alles andere als artgerecht. Häufig werden sie im Lukmaan beim Essen einfach ins T-Shirt gestopft, das Shirt in die Hosen, so dass sie nicht entweichen können. Dort bleiben sie dann mit ihrem fiependen Klagen und Schubsen, bis es ihnen wieder gelingt zu entweichen.
Gestern Abend wurde ich von einem Grüppchen Touristen auf der Strasse angesprochen. Ich sei doch sicherlich eine Einheimische. Ob ich ihnen im Quartier ein gutes Restaurant empfehlen könne? So weit ist es also schon. Merkwürdig, ich kann mich gut erinnern, wie mir das plötzlich in Paris so ergangen ist. Irgendeinmal bewegt man sich in einer Stadt wohl mit solcher Sicherheit, mit solcher Selbstverständlichkeit, dass man von den Leuten als Einheimische wahrgenommen wird. Diesmal kam sicherlich dazu, dass ich im Finsteren alleine aus einem kleinen dunklen Gässchen der Altstadt auf die Hauptstrasse heraus trat. Das getrauen sich hier wenige Touristen. Und ist auch besser so. Nicht weil das um diese Zeit, es war acht Uhr, gefährlich wäre wegen Überfällen. Gefährlich ist es für Fremde sobald es finster ist, sich in den vielen Gässchen zu verirren. Häufig sind die ja auch über weite Strecken kaum beleuchtet. Deshalb empfehle ich dem Männergrüppchen auch nicht den Lukmaan. Dort hat es am Abend zwar schon Ausländer, aber eben nur sesshafte. Selten gelangen Touristen im Finsteren bis dorthin, die bleiben meistens im meernahen Shanganiquartier, wo auch wir wohnen, und selbst hier vorzugsweise auf den gut beleuchteten Hauptstrassen.
Anschliessend mit Ali und Othman eine Diskussion über Hexerei und Magie, wir können ja nicht immer nur über den Geschäftsgang des Restaurants diskutieren. Beide sind überzeugt davon, dass es Zoombies, Scheintote gäbe. Ich finde, doch nur in den Filmen. Das wollen sie aber nicht gelten lassen. Es gäbe Leute hier, die diese Hexerei praktizierten, an Begräbnisse gingen und die Toten stehlen würden. Die könnten die anwesende Trauergemeinde - eine riesige meist, die während Tagen im Haus des Verstorbenen bleibt - überzeugen, dass der tote Körper noch da sei. In Wirklichkeit aber, hätten sie den gestohlen und an einen geheimen Ort gebracht. Dort hielten sie viele dieser Scheintoten gefangen, die hätten keinen eigenen Willen, kein Bewusstsein mehr, die müssten wie Roboter machen, was der Hexenmeister wolle. Für ihn arbeiten, auch sexuell würden sie missbraucht. Ich frage, woher sie denn von diesen Orten wüssten. Man gibt mir zur Antwort, es gäbe eben Leute, die diese Hexer durchschauen könnten. Ich finde, solch eine Person sollten sie mir aber dringend vorstellen. Das können sie aber nicht, denn damit wollen sie nichts zu tun haben. Und Ali meint, dass man mit uns Mzungus, uns Weissen, sowieso nicht über solches diskutieren könne. Was uns nicht genehm, was uns unheimlich sei, da sagten wir einfach, das existiere nicht. Wenn wir etwas nicht sehen könnten, dann glaubten wir einfach nicht daran. - Dasselbe später mit der Magie. Wir kommen auf David Copperfield, den sie auch kennen, zu sprechen. Ich sage, das seien alles gut gemachte Tricks, doch sie glauben an Höheres. Warum man das denn nicht lernen könne? Weil das das ganze Geschäft kaputt machen würde, antworte ich, wenn wir wüssten, wie das funktioniert. Ganz abgesehen davon, dass es sehr wohl Lehrbücher für Magier gebe. Man müsse sich eben einen Lehrmeister suchen. Doch das wollen sie nicht glauben. Wenn man solches lernen könnte, dann gäbe es Schulen dafür, das sei eben mehr, das sei etwas anderes. Wir kommen zu keinem Schluss, ich kann ihre Gutgläubigkeit nicht verstehen – dies bei Leuten, die doch einigermassen gebildet sind – und sie werten wohl mein Nichtglauben als typisch weisse Arroganz.
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