Dienstag, 14. April 2009

8. April 2009


Lucy kommt aus Uganda und ist eigentlich Kenianerin - ich schätze sie auf etwa 18 Jahre - und in Paje, an der Ostküste eine Woche in den Ferien. Sie sitzt mir gerne Model. Etwas langweilig sei es schon hier am Strand. Ich habe sie vorher mit der Familie – scheint mir - zwei älteren weissen Männern, einer nicht mehr ganz jungen Afrikanerin und einer Horde Jugendlicher, Schwarze alles, im Restaurant gesehen. Von der Kleidung, dem guten Englisch und dem Verhalten her habe ich eigentlich gedacht, es seien amerikanische oder englische Schwarze. Da würde ich mich meistens täuschen, sagt mir Ali. Häufig sprächen die Leute vom Festland hier Englisch miteinander. Wenn sie etwas Besseres sein wollten. – Plötzlich sehe ich mein nächstes Strandbild vor mir. Im Vordergrund die typisch sansibarischen Schnürbetten, die hier am Strand gerne eingesetzt werden. Darauf die zwei verwestlichten Schwestern aus Uganda mit knapper Kleidung unter dem palmblattgeflochtenen Sonnenschirm, daneben das Grüppchen verschleierter Frauen, das hier immer auf Kundschaft wartet, sie bieten Massagedienste an, und im Hintergrund dann das Meer. Der Strand vor einem recht hässlichen kleineren Hotel in Paje, zweistöckige Betonklötzchen mit Fensterglas und Klimaanlagen, auch der Garten steril, obwohl man eigentlich einen Gestaltungswillen erkennt, einfach nicht mein Geschmack, noch weniger die Kollonaden der Balkone, die Fassaden in einem furchtbaren Himbeerrot eingefärbt, eigentlich habe ich gedacht, im Besitz von Indern, doch Ali weiss zu berichten, dass die Besitzerin eine Weisse sei und häufig in den Lukmaan essen komme, wenn sie in der Stadt am einkaufen sei. – Doch, hier könnte mein nächstes Strandbild entstehen. Das Essen ist übrigens gut, der Tintenfisch auf dem Salat perfekt gegrillt und zart, wenn diese Viecher einem nur nicht ihre furchtbaren, mit Saugnäpfen übersäten Beine entgegenstrecken würden. Das ist schwierig zu übersehen. Ich blicke beim Essen bevorzugt das tieftürkisfarbene Meer an, es ist gerade Flut. Das Nachbarressort übrigens, wir sind ja nicht das erste Mal hier, ist seit unserem letzten Besuch bis auf die Mauern abgebrannt. Die schönen, Palmblatt gedeckten Dächer sind ein leichter Frass der Flammen. Ein Unfall oder ein neidischer Nachbar? Vielleicht habe auch der Watchman - es ist ja offiziell Regenzeit und recht viele Hotels sind geschlossen - seinen Lohn nicht erhalten, meint Ali.
Der Strand um Paje ist bereits recht dicht und in mehreren Reihen bis zum Strand hin bebaut. Sympathisch daran ist, dass bisher keine grossen Ressorts hierher kam, alles eher kleinere, recht familiäre Hotels, kein italienischer Club. Störend sind vor allem die riesigen, von meterhohen, oben oft mit Zinnen bewehrten Mauern umgebenen Grundstücke nördlich des Ortes, die über weite Strecken den Strand bis zu der neuen Strasse tief im Land innen säumen. Privatgrundstücke reicher Araber und Inder. Man will offensichtlich nicht gestört werden.

Auf den Spuren der schweizer Kolonie. Heute Morgen, als wir an die Ostküste kommen, besuchen wir als erstes den Supermarkt an der Umfahrungsstrasse von Paje. Der gehört einem Sansibari, der in der Schweiz gelebt hat, mit einer Schweizerin verheiratet ist und zwei kleine Kinder hat. Inzwischen haben die beiden offensichtlich eine Rückkehr gewagt und wir sind neugierig, ihr Geschäft zu sehen. „Food and More“ der Name, für sansibarische Verhältnisse ist es bereits etwas, zwar klein, doch die Gestelle sind recht gut angefüllt, das Gebäude hat schon fast schweizerischen Standart, mindestens was die Toilette und die Küche anbetrifft, gekachelt alles. Sie selber treffen wir nicht an, denn sie wohnen in der Nähe der Stone Town, der Schulen wegen. Ob der Laden Gewinn abwirft ist schwierig zu sagen, ich kaufe mir eine Haarkur der Marke Nivea und Flüssigwaschpulver vom Coop, die Tube für 4.80. Für Sansibaris ein Vermögen, doch für Touristen vermutlich annehmbar. Offensichtlich fehlt der Schatten hier, Bäume müssten gepflanzt werden. Etwas entfernt vom Strand und vom Wind abgeschnitten ist die Hitze drückend. Und die neue Strasse Richtung Bwejuu, die eben erst fertig gestellt wurde, ist etwa einen Meter höher als das Terrain, es brauchte also dringend einen Abgang, damit man mit den Autos irgendwo parkieren könnte. Aber das Geld ist wohl langsam ausgegangen. Wir trinken Dosenmangosaft im schwülen Schatten der Veranda und fahren dann weiter.

Am Mittag ein kurzer Rast bei einer winzigen Moschee am Strassenrand. Ich setze mich unter den dichten Blätterschatten der umgebenden Bäume und warte, bis Ali sein Mittagsgebet erledigt hat. Kurz vor ihm kommt ein Mann aus der Moschee, der mit mir ein Gespräch in Englisch anfängt. Zimmermann sei er, nein nur zum Arbeiten hier, er komme auch aus der Stone Town. Deshalb kenne er den Ali. Wie sich später herausstellt, hat er unser Dach neu gedeckt und kennt mich deshalb ebenfalls. Ich bin gänzlich erstaunt ob seinem guten Englisch, das hätte ich bei jemandem, der nichts mit Touristen zu tun hat und Handwerker ist, nicht erwartet. - Über seine Fähigkeiten als Dachdecker hingegen, da lässt sich streiten, doch da sind wohl meine Ansprüche zu hoch. Immerhin ist das Dach seit zwei Jahren dicht und das ist ja auch bereits etwas bei den Regengüssen hier. - Auffällig und kennzeichnend ferner, dass Ali überall jemanden kennt. Und hat doch in meinem Film erklärt, er werde wohl in Sansibar niemanden mehr kennen, alle seien in die weite Welt ausgeschwärmt. Viele schon, doch viele auch bereits wieder zurück. Und, wie ich feststelle, hat der Ali wohl schon den richtigen Beruf ausgewählt. Er geniesst es ganz offensichtlich, hier wieder stark in das gesellschaftliche Geflecht eingebunden zu sein. Selbst der Othman, sein Partner, meint einmal zu mir, den Ali, den würden jetzt alle kennen. Er selbst, Othman, so lange er den Lukmaan geführt hat, war eben viel zurückhaltender, wohl nicht genau der Richtige, um eine Beiz zu leiten.

Nördlich von Bwejuu dann nochmals ein Schweizerhort. Allerdings haben wir auch hier Pech, Anne die Schweizerin, von der ich schon viel gehört habe, sei in Daresalaam, komme erst in zwei Tagen zurück. Sie selber, eine Krankenschwester aus der Umgebung von Bern, habe ich zwar noch nie getroffen, wohl aber ihren sansibarischen Mann, der auch in der Schweiz gelebt hat, Rasta-Eddy wird er hier genannt. Das Ressort ist sehr klein, drei einfache Häuser, doch individuell und sorgfältig gemacht, nicht simple Strohhütten, der Garten ist voll gepflanzt mit unterschiedlichsten Bäumen, die einen angenehmen Schatten spenden. Vor 12 Jahren seien sie hierher gekommen, weiss der Watchman zu berichten. Und jetzt sei Regenzeit und deshalb geschlossen. Ich verspreche anzurufen, denn ich möchte irgendeinmal drei Tage hier an die Ostküste malen kommen.

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