Sonntag, 20. Mai 2007

12.Mai 2007


12.Mai 2007

Jeden Morgen zerstampfe ich mir in einem Mörser die Gewürze, die für einen sansibarischen Gewürztee benötigt werden: Kardamonkapseln, Zimtrinde, frischen Ingwer und manchmal auch etwas Vanille. Zusammen mit wenig Schwarztee und Milch ergibt das ein weit besseres Frühstücksgetränk als den hier gebräuchlichen Nescafee. Merkwürdig eigentlich, bereits in Guatemala, wo ebenfalls Kaffee angebaut wird, war davon nur ein sehr schlechtes Gebräu erhältlich. Entweder ein gänzlich wässeriger Filterkaffe oder dann Nescafee. Die Einheimischen trinken eben selber kaum Kaffee, das hat hier keine Tradition. In Sansibar wird zwar auf der Strasse ein sehr starker Kaffee aus Thermoskrügen verkauft, der ungesüsst genossen und in winzigen Portionen wie ein Ristretto angeboten wird. Doch auch mit diesem Getränk kann ich mich nicht anfreunden.

Wenn ich bei meiner Teezeremonie das Tetrapack Milch mit dem Messer aufschneide (obwohl das auch hier ein Quader ist, doch der Name hält sich hartnäckig) spritzt wie jedes Mal der Inhalt hinaus und läuft über meine Finger hinab. Ärgerlich. Und irgendwo in meiner Erinnerung kommt eine schöne schwarze Serviceangestellte hervor, die ganz ohne Hilfsmittel, allein mit den Händen ein solches Pack perfekt, ohne etwas auszuschütten, aufreisst. Ich erinnere mich, dass ich dies ungemein bewundert habe. Diese elegante Bewegung. Und frage mich, wo denn dieses Bild herstammen könnte. Ich gehe sehr selten in „Mzungu“-Restaurants. Überhaupt kaum anderswohin als in den „Lukmaan“. Wo könnte ich diese Frau auch gesehen haben? - Bis ich mich schliesslich erinnere: Eine Stewardess der „Kenyan Airways“. Die machte das in luftiger Höhe und auf wackeligem Fussboden perfekt ohne die gerade darunter sitzenden Passagiere zu bekleckern. - Merkwürdig, die Erinnerungsfetzen, die manchmal ungefragt einfach wieder heraufkommen. Bilder, Gerüche, Sehnsucht manchmal auch. Und nicht immer finde ich heraus, wo sie herkommen.

Gestern habe ich mit Othmani die neue, von mir vorgeschlagene Speisekarte besprochen. Das war eine komplizierte und langwierige Sache. Und ist mir in vielem nicht besonders Afrikanisch vorgekommen, denn solchem begegnet man auch häufig in der Schweiz. Othmani vertrug es sehr schlecht, dass ich die von ihm gestaltete Karte nicht gut fand. Ali meint, dass sei seine Sturheit, doch ich bin mir da nicht so sicher. Ich glaube eher, dass er zu den Männern (doch, natürlich, solche Frauen gibt es ebenfalls) gehört, die einfach keine Kritik vertragen. – Die afrikanische Seite nun: Othmani schrieb in seine Menukarte viele Speisen, die man im „Lukmaan“ gar nicht haben kann. Er fand eine sehr reichhaltige Speisekarte offensichtlich eindrücklicher. Und ich musste lange auf ihn einreden, bis er verstand, dass wir „Mzungus“ es eigentlich nicht besonders mögen, wenn wir sechs mal auswählen müssen, bis wir dann auf etwas stossen, das es auch wirlich zu essen gibt. Häufig meinte er, ja das gebe es nicht zu essen. Er habe jedoch im Sinne, das dann einmal anzubieten. Und hier liegt wohl der „Afrikanismus“: Die Wünsche, die Träume, was man eben gerne hätte oder irgendeinmal machen möchte sind ebenso real, haben den gleichen Stellenwert, wie die tatsächliche Realität. Und wir Weissen haben dann das Gefühl, dass man uns Geschichten erzählt, gar anlügt. Doch so darf man dieses Verhalten nicht deuten. - Ein weiteres Problem der Karte war ihre „Unorganisiertheit“, auch dies etwas, was mir typisch Afrikanisch scheint. Die Reihenfolge der Speisen folgte keiner strukturierten Ordnung und manchmal galt der Preis für ein ganzes Menu, Reis plus Fleisch, Fisch, was auch immer, manchmal jedoch war nur das Fleisch gemeint und der Reis wurde dann zusätzlich berechnet. Was natürlich denn Touristen bereits wieder suspekt vorkam. Warum denn die Preise hier immer wieder änderten, wurde manchmal bemerkt? Natürlich gefallen mir auch die Fotos von schön arrangierten Speisen auf der Karte nicht, denn so sieht hier ein Teller nun wirklich nicht aus. Aber auch hier: Othmani hätte eben gerne, dass es so aussehen würde, deshalb wählte er diese Fotos aus. Ich habe im Sinne, sie durch einfache, freche schwarz-weiss Illustrationen zu ersetzen. Mal sehen, wie das ankommt........

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