Sonntag, 10. Januar 2016

6.Januar 2016



Garten des Kiponda Lukmaan

Salum berichtet mir empört, dass man nun von ihnen 100.-$ pro Monat wolle, weil sie mit dem Kiponda-Lukmaan öffentlichen Boden nutzten. Da sei ja vorher einfach eine Abfalldeponie gewesen, die Stadt habe sich nicht um den kleinen Platz gekümmert, alle hätten bloss ihren Abfall dorthin geschmissen. Nun sei es ein Garten, viel Grün, der Flamboyant-Baum, der zweite bereits, der erste war nicht gesund, der wachse nun bestens, die Nachbarn hätten Freude daran. Sie hätten investiert, Bodenplatten ebenfalls, und nun sollten sie auch noch bezahlen? Ich verstehe seinen Frust. Muss ihm aber trotzdem sagen, dass das auch bei uns in der Schweiz so wäre. Dass er eine Abgeltung bezahlen müsste. Offenbar ist man nun in Tanzania bestens informiert über die Abgabensysteme bei uns. Das Problem bleibt aber, dass die Einnahmen nicht dazu verwendet werden, die vielen Gassen und Strassen - auch in den Vororten - endlich zu asphaltieren, eine Gestaltung des öffentlichen Raumes, Bäume pflanzen, Bänke hinstellen, Abfallkübel wären dann so etwa das Höchste. All dies wird zwar nun von Muhammad in seinem Ministerium zur Entwicklung der Insel geplant. Doch zur Ausführung fehlt dann meistens das Geld. Das ist unterwegs irgendwo versickert.


Mit Abgaben einverstanden, findet Salum, aber in einer vernünftigen Höhe. Abgaben, die auch den Einnahmen entsprächen. Das sei ja mehr Geld, als das, was sie für die Miete des ganzen Lokals bezahlen müssten. So zerstöre man doch das Geschäft. Gut möglich, befürchte ich, denn so weit denken wohl die hungrigen Beamten nicht.

Am Morgen gehe ich in den Kiponda-Lukmaan Essen holen, denn ich habe für zwei Tage Gäste hier. Als ich für das Mitgenommene bezahlen will und meine, nein, nicht für mich, das sei ja okay, für meine Gäste sei das, da meint man „why? you are the boss here“. Wer das sage, frage ich? Auch mich selber, denn ich habe ja keine Ahnung, wie meine Position hier erklärt wird.


Den freien Platz vor unserem Haus hat unser Nachbar von
der Stadt übernommen. Leider hat er nur auf seiner Seite angepflanzt.

Im Mashariki Hotel, einem 5-Sternhotel, in dem ich bei Carlotta, der neuen Managerin, ein Zimmer für Samstag morgen reserviere, um dort in Ruhe ein Interview machen zu können, spreche ich das Problem mit den Angestellten an. Klauen, betrügen? Das sei ganz furchtbar bei ihnen! Was da alles für Wege gefunden würden! Vom Koch, der die Hälfte des zu servierenden Fleisches vor dem zubereiten abschneide und wegstecke, über den Kellner, der falsche Rechnungen schreibe und Geld für sich selber einkassiere, Küche und Service, im ganzen Restaurant sei es fast unmöglich Gewinn zu machen. Eigentlich müsse man jeden Angestellten beim Hinausgehen abtasten wie in der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Und noch so. Das abgezweigte Geld, das finde man natürlich nicht. Ja, vornehmlich Sansibari hätten sie angestellt. Die seien weit schlimmer als die Leute vom Festland. – Ich erzähle das Salum. Der meint, ja klar. Leute vom Festland, die hätten hier niemanden, und Angst vor einer Entlassung. Die Einheimischen, die könnten immer irgendwo bei Verwandten unterkommen. Der Verlust ihres Jobs, das mache denen nichts aus.

Mit Simone und Christoph verbringe ich zwei schöne Abende mit Gesprächen und Essen in Touristenrestaurants. Sie haben ein Ferienhaus in Jambiani und unterhalten dort verschiedene wohltätige Projekte und unterstützen die Bevölkerung. Und haben ähnliche Probleme. Man erwartet sehr viel von uns Mzungus.
Auch über die Dankbarkeit sprechen wir. Das kaum jemand sich für Hilfe bedankt oder auch nur Freude zeigt, ganz im Gegenteil. Je grosszügiger, desto mehr wird erwartet. Erst bestätige ich das. Doch immer stimmt es auch nicht. Die zwei invaliden Bettlerinnen, denen ich heute etwas gegeben haben, die haben sich riesig gefreut und mich angestrahlt. Das kann man mit Geld nicht aufwiegen.

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