Dienstag, 21. Mai 2024

13.Mai 2024

oben: Genau über dem Dorfhaus sieht man die höchste Bergspitze, den Mbeya Pick. Ich habe es nicht bis dort hinauf geschafft.

rechts: Ausblick von der Utengule Coffee Lodge über die Weite des Rift Valleys zur südlichen Bergkette


13.Mai

Die Arbeitslast hier übersteigt meine Kräfte und so musste ich heute dringend in ein Flugzeug steigen und in den Süden fliegen auf eine Kaffeefarm in der Nähe von Mbeya. Man möchte ja seinen 68igsten Geburtstag nicht unbedingt mit einem Burn Out feiern.



Schattige Wege führen auf die ersten Hügel hinauf


Ich war noch nie im Landesinneren und im Süden,  Rift Valley Gegend, Berge am Horizont, die Landschaft erinnert mich etwas an die Schweiz, insbesondere ans Tessin, doch im Tessin fehlt die Weite, ähnlich sind einzig die bewaldeten Steilhänge. - Doch, ich mag es, Berge am Horizont zu sehen. Obwohl das Meer natürlich auch schön ist. Dass die Kaffeefarm und dazugehörige Lodge einem Schweizer gehört, hilft sicher auch noch, mir eine Art Heimatgefühl zu geben. Obwohl dann eben doch vieles nicht funktioniert. Zum Beispiel das Internet.

Ich höre Grillen zirpen und hörte vor dem Sonnenuntergang Vögel tschielpen, sonst ruhig. Keine Leute, ausser den Angestellten, auch keine Katzen. Wird vielleicht doch etwas gar einsam sein, es ist nicht Saison im Moment. - Dafür gerade Kaffeekirschenernte, ich muss morgen einen Spaziergang machen.



Das mit dem Rundlaufen, man spürt es, läuft etwas eierig, ich glaube in höherem Alter geht einem etwas die Gelassenheit verloren. Manchmal habe ich das Gefühl, mental bereits ins Kindsalter zurückzukehren, die Gefühle sind intensiv und stark, lachen und sich aufregen und traurig sein liegen nahe beieinander. - Kürzlich hörte ich einen Vertreter von Spitalbedarf laut im Restaurant telefonieren, man musste zuhören, keine Wahl, doch einen Satz, den er gesagt hat, der ist mir geblieben: Ich bin nun in einem Alter, wo man nicht mehr so viel Geduld hat und sich nicht mehr darum schert, was die Leute von einem denken. Genau.


Meine 8 Angestellten in der Klinik haben mir heute telefonisch "Happy Birthday" gesungen, das fand ich schon süss. Aber sonst finde ich es nicht einfach, hier der Boss zu sein - vielleicht ist das in der Schweiz auch nicht viel anders, dort habe ich das immer vermieden.

Beim Arbeiten mit Leuten - ich habe ja auch noch all die Bauleute - begreift man vieles, was als Gast oder Tourist, nicht unbedingt sichtbar wird. Zum Beispiel ist mir klar geworden, dass es den meisten Leuten hier nicht nur an guter Bildung mangelt, sondern dass auch ihr Gehirn langsamer funktioniert. Das läuft nun nicht auf einen rassistischen Diskurs hinaus. Mir ist ganz plötzlich klar geworden, dass das Gehirn, wie alle Teile des Menschen, wie Muskeln, das Herz und die Lunge, trainiert werden muss. - Eigentlich klar. Und wenn das Denken in der Schule nicht gefördert wird, dann wird das eben nie richtig 

trainiert und gemacht und bleibt folglich langsam und unbeholfen.


Und ja, es muss etwas ändern. Ich schaffe es nicht mehr, hier Direktor der Klinik zu sein und gleichzeitig als Direktor der Nature Care Foundation die Bauvorhaben durchzuführen, die ein Einkommen sichern sollen und alle weiteren Massnahmen, die dafür sorgen sollen, dass die Stiftung irgend einmal - wenn nicht selbsttragend - so doch besser selber finanziert sein wird. - Item, Manager wollte ich nie werden. Warum habe ich mich auch nur darauf eingelassen.

Auf die Weissen hier, die Expats, ist leider auch wenig Verlass. Insbesondere seit Corona sind sehr viele gebrochene, verkrachte, auf alle Fälle Leute mit vielen psychologischen Problemen auf die Insel gekommen. Die haben zwar oft gute Bildung, doch ist auf sie kein Verlass. Plötzlich tauchen sie unter oder verschwinden, und dann ist all die Mühe, sie eingearbeitet zu haben für die Katz und nicht für die Katzen. Ja, leider.


Ich bin nun 3 Tage auf der Kaffeefarm und hoffe mir darüber klar zu werden, wie es weiter gehen soll. Eigentlich möchte ich meine verbleibenden Jährchen doch auch noch etwas intensiver geniessen können und nicht nur so ab und zu.

So, es wird frisch hier draussen, ich werde unter die Bettdecke kriechen, solch kalte Nächte sind wir uns in Sansibar nicht gewohnt.

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