Mittwoch, 22. Mai 2024

17.Mai 2024, Utengule Coffee Lodge

Im Flughafen von Mbeya. Ein ganz neuer, kleiner, aber zweckmässiger Flughafen. Glasfronten auf beiden Seiten geben den Blick frei in die Weite des Rift Valeys.

Immer Chinesen, hier überall, und die sehen gar nicht wie Urlauber aus. Das Rift Valey ist  auch ein Gebiet für Goldminen. Und Farmen.


Gestern ist in der Utengule Lodge ein älteres deutsches Ehepaar mit einem riesigen Camper angekommen. Ich bin neugierig. Ja, das sei ihr eigener, den hätten sie nach Südafrika verschiffen lassen. Was südlich von Tansania ist, haben sie bereits in mehreren Reisen erkundet. Seit dem Norden Namibias, wo die Leute sehr arm seien, sei das Rift Valley, sie sind ja gerade erst aus Malawi in Tansania angekommen, die reichste Gegend. Nein, keine Probleme mit dem campen, man finde eigentlich immer etwas. Es gäbe auch eine gute App, wo sich Camper gegenseitig Tipps geben würden und die Orte und Strecken bewerteten. Sicherheitsbedenken haben sie keine. Einzig hoffen sie, dass ihre Gesundheit mitmache. Sie wollen ja bis im nächsten Frühjahr zurück in Deutschland sein. Alles fahren.  Äthiopien und Sudan gingen nicht, zu gefährlich, auch kriege man die Kaution, die man bei der Einreise bezahlen müsse, immerhin im Wert des Autos, nicht zurück. Dies wissen sie aus ihrer Camper App. Auch bei Israel und dem Libanon, wollen sie ihre Route später beschliessen, da müsse man abwarten. Die beiden haben Biss, das muss ich sagen. Sie haben im Sinne, irgendeinmal - ohne den Camper - noch zwei Wochen nach Sansibar zu kommen. Ich gebe ihnen meine Nummer und bin gespannt über ihre Erlebnisse - obwohl sie keine grossen Schwätzer sind.



Die Besitzer der Utengule Coffee Farm und Lodge.

Erst treffe ich Hans, den Schweizer Teilhaber und Boss hier, es ist ein nützliches, nicht herzliches Gespräch. Nein, unsere Wege haben sich bisher nie gekreuzt. Obwohl sie eigentlich durchaus hätten können.

Gestern dann seine Dänische Frau Monika, beide auch ab und zu in Sansibar, das Zanzibar Coffee House gehört auch dazu, doch sind wir uns in all den Jahren nie begegnet. Schweizer suchen sich im Ausland nicht. Dank Monika komme ich dann doch noch zu Lesestoff, es gibt ein Gestell, das die Corona Zeit überlebt hat.

Heute morgen früh - ich will mich ein letztes Mal aufmachen den anfangs steilen Hang hinauf zu wandern - treffe ich dann noch den Thomas, einen Aargauer Agronomen und Mitbesitzer der Farm, der auch seit 30 Jahren in Tansania lebt und mit einer Einheimischen verheiratet ist, ein sehr sympathischer Typ. Bei einem guten Kaffee haben wir ein angeregtes Gespräch über Landwirtschaft, die Sicht der Biologen und diejenige der Agronomen. Er scheint mir ökologisch angehaucht zu sein, hat mindestens  Verständnis dafür, doch man sei keine NGO, das Geschäft muss rentieren.

Biologischer Anbau von Arabica Kaffee sei nicht möglich, doch habe man den Einsatz von Pestiziden schon reduziert. Und Kupfer gegen den Hauptfeind, die Pilzkrankeiten, wie man das beim biologischen Weinbau macht, das sei ja schon gut. Aber eben auch nicht gerade nachhaltig. Das Kupfer verbleibe in den Böden, mit der Zeit seien die damit vergiftet, viele Pflanzen könnten nicht mehr gedeihen und das Vieh dürfe dort nicht weiden, es würde sterben. Doch merkwürdigerweise seien die Reben resistent gegen Kupfer, weshalb man dort spritzen könne. Wir sind uns einig, dass sowohl Kaffee, wie Wein nicht lebenswichtige Güter seien, man könnte darauf verzichten. - Doch wollen wir das?


Auf weniger Fläche durch intensiveren Anbau mehr zu produzieren halte Flächen frei, die man der Natur überlassen könne, auf der Utengule Farm seien es 60% der Fläche, die steilen Waldhänge. Oder das, was davon übrig geblieben ist. Dieser Hangwald wird von den Einheimischen trotzdem genutzt. Thomas klagt über weidendes Vieh. Vieh sehe ich hier wenig, aber die Leute nutzen die Wälder intensiv zur Brennholz-Gewinnung und dies seit langer Zeit. Das sieht man den Wäldern an, grössere Bäume haben abgehackte Äste, Kleinere werden mit der Machete gänzlich abgehackt. Ich denke, die Einführung von Solarkochern oder mindestens Gas, würde der afrikanischen Landschaft stark helfen. Mit dem Bevölkerungsdruck ist die Brennholz-Gewinnung meiner Meinung nach ein wichtiger Faktor der Zerstörung der Wälder. - Allerdings kann man dann nicht einfach Geld spenden, in Kocher umwandeln und diese der Bevölkerung schenken. Afrikaner sind sehr konservativ und auch misstrauisch unserem Tun gegenüber. Die muss man überzeugen, dass das etwas Gutes ist, das braucht Erziehung, Geduld und Zeit. Gerade dort scheitern leider viele Entwicklungsprojekte. - Das wertvolle Bau- und Möbelholz ist seit langem aus den Wäldern herausgeholt worden, dickere gerade Stämme von Edelhölzern sehe ich keine. Allerdings weiss ich auch nicht, wie stark diese in der Gegend verbreitet waren.

Es ist sehr trocken hier. Ende August sei alles verdorrt, meint Thomas, und die Bäume hätten keine Blätter mehr, wie bei uns im Winter. Dann sei auch die Zeit der Brände. Kleine kontrollierte Brände brauche es ja, die meisten Baumsamen könnten erst nach Feuer keimen, eine Verjüngung des Waldes gebe es nur so. Doch grossflächig und angezündet, wie das jetzt geschehe, schade auch dies den Wäldern.

Thomas ist der Boss der Kaffeerösterei und Abpackerei in Daresalaam, er gibt mir seine Adresse. Er lebe mit seiner Frau gleich neben der Rösterei. Sansibar - er hat das Zanzibar Coffee House 2005 renoviert, wir hätten uns wirklich begegnen sollen - sei nun verdorben vom Tourismus, all die Bautätigkeit. Ich gebe ihm recht, doch auch Daresalaam habe sich in den letzten 20 Jahren extrem verändert. Wir sind uns einig, dass die Entwicklung in Tansania - und wohl auch in anderen afrikanischen Ländern - in den letzten 20 Jahren extrem vorangeschritten sei, quasi explodiert. Mit Vorteilen und Nachteilen. Doch, vielen Leuten geht es jetzt hier besser. - Doch wenn ich an meine Begegnungen zu Fuss auf dem Land denke, gibt es eben auch eine immer grössere Spaltung zwischen arm und reich, das sind verschiedene Welten. Und wahrscheinlich lebt eben doch immer noch der grössere Teil der Bevölkerung verborgen im Land in grosser Armut, die Jungen wollen weg, suchen Arbeit und Bargeld.




Auf dem Weg Richtung Mbeya Peak auf der untersten Terrasse in Idugumibi.


In der Tasche meiner leichten Jacke - die ist jetzt wieder überflüssig, war aber in Utengule sehr nützlich - finde ich ein paar Erdnüsschen, die mir die zwei lächelnden, fast zahnlosen Alten, ein Paar, beim Aufstieg geschenkt haben. Sie sind unterwegs zu ihren Feldern im Tal. Das sind immer wahnsinnig schöne Begegnungen, die meisten Leute hier sind freundlich. Nachträglich frage ich mich, ob ich ihnen nicht etwas Bargeld hätte geben sollen, denn daran mangelt es hier. Aber dann wären sie vielleicht bereits verdorben worden und hätten dann jeden Weissen um Geld angegangen. Oft weiss ich hier nicht recht, was richtig wäre.......

Nach dem steilen Aufstieg durch den lichten Hangwald kommt man auf eine Terrasse, die mit kleinflächigstem Ackerbau überzogen ist. Dazwischen, weit zerstreut, unverputzte Häuser, zum Teil grösser oft in einer Hofanordnung. Viele haben neue Wellblechdächer, manche sind am zerfallen, doch gibt es auch ein paar ganz neue verputzte und gestrichene Häuser. Oft steht dann ein Motorrad oder sogar Auto davor. Manche Bauern scheinen doch mit dem Kaffeeanbau auch reicher zu werden. Ich treffe vor allem alte Leute an, selten Kinder, die sind wohl in der Schule, auch jüngere Erwachsene kaum. Gut möglich, dass die nun, während der rund 3-monatigen Kaffeeernte alle in irgend einer Kaffeeplantage arbeiten, auch hier oben hat es eine grössere Kaffeefarm. Mein Ziel, bis zum nächsten Dorf Ihombe zu gelangen erreiche ich zwar nicht, die Zeit ruft, zurück zum Flieger, doch picknicke ich in einem Wald mit Sicht auf den Mbeya Pick, den höchsten Berg hier. - Ich bin stolz, wie ich mich ohne Karte in der Landschaft zurecht finde, erst hatte ich etwas Angst, mich zu verlaufen. Doch die App maps.me erweist sich als sehr nützlich, das kann ich empfehlen. Karten werden auf das Telefon geladen, so dass man anschliessend nur noch GPS Empfang braucht und der  ist selbst hier sehr gut. Die Karte der Fusspfade, es hat ja kaum grössere befahrbare Wege, ist zwar ungenau, man sieht aber trotzdem, ob man sich in der richtigen Richtung bewegt. Kleine Fusswege gibt es sehr viele, die sind austauschbar.




Auf dem Weg Richtung Mbeya Peak, den ich heute nicht erreichen werde, auf der ersten Terrasse in Idugumbi.


Im Flugzeug nach Daresalaam. Sehr lange fliegen wir über stark genutzte Flächen, man sieht dies aus der Luft sehr gut, erst Richtung Iringa sehe ich grössere zusammenhängende Waldflächen, im übrigen sieht es etwa aus wie in der Schweiz. - Oder schlimmer. Aus der Höhe sind viele sich windende Flussläufe sichtbar, die nun aber offensichtlich verlandet sind. Dunkelgrüne, geometrisch begrenzte Flächen stechen aus der Landschaft hervor. Irgendwelche Farmen. Es könnte Kaffee sein, aber auch Tee, oder Edelholzanbau. In Afrika ist Grossgrundbesitz immer noch verbreitet. Heutzutage kommen die Besitzer auch aus Asien.

Wir überfliegen einen grösseren mäandrierenden Fluss, den ich an einem charakteristischen Knick als Rufji River zu erkennen glaube. Doch Richtung Meer sehe ich eine grosse, seicht aussehende Wasserfläche, die ich auf den Karten nirgendwo finde. Wurde denn dieser umstrittene Staudamm nun doch gebaut? - Später im Internet finde ich heraus, das zwei Staudämme bereits existieren und zwei neu gebaut werden sollen, darunter das umstrittene. Die Wasserfläche, die ich aus dem Flugzeug sehe, muss das überschwemmte Land sein, das im April nach langen Regenfällen, man musste den Staudamm sicherheitshalber etwas entleeren, überflutet worden ist und riesige Schäden an Kulturen und Häusern verursacht  hat. - Zurück ins Flugzeug. Dann endlich wieder eine grössere Waldfläche, die unberührt scheint aus der Luft. Doch selbst hier trockenere baumlose Flächen, doch kann ich keine Spuren von Landwirtschaft aus sicher der Luft entziffern. Nun wird bereits der Anflug auf Daresalaam verkündet, diese grösste Waldfläche auf dem Flug nach Mbeya, muss nahe an der südlichen Stadtgrenze beginnen und ist dort sicher auch dem Bevölkerungsdruck und dem explodierenden Daresalaam ausgeliefert.


Die Landschaft sieht von oben, doch recht leer aus, wenige Waldflächen sind übrig geblieben

Plantagen, erkennbar an den rechtwinkligen Grenzen.

Bereits beginnt Daresalaam. Wir erreichen die Stadt in Rekordzeit, mit starkem Rückenwind, SüdWestpassat.

Übernachtung im Slipway auf der Msasani-Halbinsel. Hier wohnen die meisten Weissen und hier sind die meisten Organisationen und NGO's angesiedelt. Was für ein Kontrast zu heute Morgen. Das könnte in einer Grossstadt irgendwo auf der Welt sein.

Sonnenuntergang von der Westseite der Msasani-Halbinsel in Daresalaam aus.



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