Montag, 30. April 2018

2018.04.25, Sansibar

Vor zwei Tagen ist auch Foro gestorben, ich habe zusammen mit ihm gelitten, es war furchtbar. Als ihn der Tierarzt zur Behandlung mitnehmen wollte, bemerkte Salum, dass er aufgehört habe zu atmen. Für mich war das besser, nicht nochmals eine Katze, die unterwegs unter Stress stirbt. Ich habe ihn hochgehoben, er war noch warm und weich und blickte mich zum ersten Mal seit Tagen irgendwie entspannt und glücklich an. Er liegt nun begraben in einem Blumentopf auf meiner Terrasse, wie Jojo. Nierenversagen, dann Nierenblutung meinte der Tierarzt nach der Obduktion, auch in ihn habe ich das Vertrauen verloren. Die dritte meiner Katzen starb, und das in nur einem halben Jahr.




Jetzt bin ich bereits im Flughafen von Daresalaam am Warten, ein aufwühlender Schluss, ich hoffe, meine vier weiteren Katzenwaisen, die mit Foro ihren grossen und einigenden Bruder verloren haben, kommen ohne mich zurecht. Röteli, das übrig gebliebene Männchen ist noch nicht reif, dieses Harem zu übernehmen. Er war nun mir gegenüber wieder zurückhaltender als vor Foros Tod, er war immer ein scheues und ängstliches Wesen. Wie werde ich meine vier Katzen das nächste Mal antreffen? Und : Werde ich sie noch alle antreffen? Abschied nehmen ist so nicht einfach.
Zumal auch noch eine weitere hübsche und merkwürdig charakterstarke Dreifärberin meiner Fürsorge bedürfte. Ein junges dreifarbiges Weibchen, das ich häufig neben der kleinen Moschee beim Holzkohleverkäufer gesehen habe. Ein schmutziger Ort, Abfall lockt die Katzen an. Dieses Weibchen wirkt nicht krank, ist nicht schlecht genährt, ich möchte ihm einen Platz in einem Haushalt finden, doch leider ist es immer furchtbar schmutzig. So kriegt die Dame ein Bad mit Haarshampo, was sie gar nicht mag. Später beginnt sich die Katze aber selber zu putzen und nach zwei Tagen sieht sie bereits viel besser aus. Ich denke, sie gäbe eine gute Hauskatze ab, sehr anhänglich, fast etwas zu viel für mich. Doch im Moment kann ich sie nicht im Haus behalten, sie ist kaum stubenrein und ob die zwei Studentinnen noch mehr als 4 Katzen betreuen möchten ist unwahrscheinlich. So lasse ich sie vor meiner Abreise schweren Herzens in der Gasse zurück. Sie wäre so gerne eine Hauskatze geworden und hat sich Mühe gegeben.

Neben all diesen traurigen Gefühlen ist da aber auch etwas, das mich aufwühlt. Der Besitzer von Chango, ein grosser, sehr gut Englisch sprechender Nachbar. Er ist emotional wie ich, was die Leute hier normalerweise nicht sind, insbesondere Männer. Als Chango stirbt, kämpft er mit den Tränen. Doch heute, als ich ihm sage, dass ich abreise, warum denn jetzt? Da ist etwas, auch bei mir, nicht nur unsere gemeinsame Liebe zu Katzen. Es lässt mich traurig und gleichzeitig verwirrt zurück.

Sonntag, 29. April 2018

2018.04.22, Sansibar

Am Mittwoch war Dr. Rama hier. Erst habe ich ihm erklärt, dass ich in Daresalaam war und dass wir die Sache nun etwas anders, mit Verzögerung, doch besser geplant angehen wollten. Danach hat er dem Foro noch zwei Spritzen gemacht, denn dessen Auge ist schlechter geworden, die ganze Gesichtshälfte ist wieder stark geschwollen und Foro ist ungewohnt ruhig. Als er die Spritze kriegt heult er auf, das tut er normalerweise nicht, er ist recht schmerztolerant,  dann verzieht er sich. Als Rama gegangen ist finde ich ihn im Abfallgarten der Handwerker zusammen gekauert, er schäumt aus dem Mund. Erschrocken rufe ich Rama zurück. Eine allergische Reaktion, das gebe es manchmal als Reaktion auf die Spritze, nein, ein Gegenmedikament habe er nicht dabei. Foro geht es fürchterlich, er erbricht und hat Durchfall und dieser Schaum, hat ihn jemand vergiftet?
Foro mit den zwei Roten. Er ist der Umgänglichste von allen und hat sich immer als erster mit einer neu dazu geholten Waise angefreundet.
Ich rufe Maida an, meine neue Verbündete. Sie organisiert mir sofort ein Taxi und kommt mit zu einem Tierarzt im Stadtteil Kariako. Dort angekommen stelle ich fest, dass es derselbe Tierarzt ist, den ich bereits bei dem Geschwulst bei E.T. gerufen habe. Erst will er ihm gemahlene Kohle gelöst in Milch verabreichen, ein Mittel gegen Gift. Als ihm jedoch Maida die Sache mit den Spritzen erzählt, sie kenne das, meinte sie, ihr Bruder habe auch einmal auf ein Antibiotikum eine gefährliche Reaktion gehabt, findet auch der, da sei eine Allergie wahrscheinlicher und spritzt ihm ein Gegenmittel. Zwei Stunden später geht es Foro schon besser.


Am nächsten Tag geht es Foro bereits recht gut, er frisst wieder und gestern habe ich diesen Tierarzt nochmals gerufen, denn die beiden Weibchen, Häxli und E.T. haben immer noch „Akne“, die ist sogar noch schlimmer geworden. Nicht Bakterien, ein Pilzbefall sei das, er spritzt etwas dagegen, das sollte in ein paar Tagen wieder gut sein. Foros Auge ist auch wieder mehr geschwollen, auch er kriegt nochmals eine Spritze. - Heute Morgen kommt mich Foro nicht begrüssen, apathisch sitzt er in einer Ecke, fressen will er auch nicht, er scheint Beschwerden beim Schlucken zu haben. Foro zieht sich zurück, will weder bei den übrigen Katzen, noch bei mir sein, ein schlechtes Zeichen, am Mittag dann nochmals der Tierarzt, das komme schon wieder, Gift sei das nicht, da wäre er längstens tot. Doch auch am Nachmittag schläft er, dann erbricht er wieder, er ist sehr schwach, ich habe Angst, dass auch er stirbt.

2018.04.21. Sansibar

Mein Hexenring. Die Regenfälle haben bei mir einen Pilz spriessen lassen. Etwas unangenehm zu wissen, dass sich da unter meiner Haut Pilzhyphen ausbreiten.

Ich lerne Maida, die Nachbarin und Lehrerin kennen, die mir als Katzenliebhaberin empfohlen wurde. Eine interessante junge Frau. Nein, ans Kastrieren habe sie bisher nicht gedacht, was sie beschäftige sei, dass hier Katzen misshandelt würden. Sie habe begonnen Fotos von solch armen Geschöpfen zu sammeln und im Sinne gehabt, die zusammen mit ihren Geschichten in eine Filmform zu bringen. In Ich-Form erzählt, das betreffe einem viel stärker, das habe sie mit Rollenspielen an einer Förderschule in Südafrika erfahren. Maida, eine 21-jährige indische Muslimin hat interessante Ideen, ich verspreche ihr, dass wir zusammen etwas machen werden, denn bewegte Bilder sind ja die heutige Form, wenn man bemerkt werden will. Sie wird meinen Textentwurf  mit den Vorteilen einer Kastration für das hiesige Publikum überarbeiten und will auch Gründe aus dem Koran suchen. Geburtenkontrolle habe Mohammed nicht verboten, er habe gesagt, dass man nur Kinder haben solle, wenn diese nicht im Elend aufwachsen müssten. So unterschiedlich also kann man dieses Buch auslegen. An meinem Text gefällt Maida besonders, dass ich geschrieben habe, dass Katzenbesitzer verantwortlich seien für den Nachwuchs ihrer Weibchen, aber ebenso für die Nachkommen, die ihre Kater produzieren würden. Genau, da sage man immer, die Frauen müssten aufpassen beim Kinderkriegen. Ebenso liege das an den Männern.

2018.04.20, Sansibar

Ich sitze im Vorraum des Büros vom ZIFF Festival und warte darauf, vom Direktor empfangen zu werden. Ich habe mich entschlossen, es doch noch einmal zu versuchen mit meinem Film, den ersten Teil haben sie ja sogar im Abendprogramm gezeigt. Der Direktor, ich denke, er ist neu, wirkt professionell, aber freundlich, meint, vor vier Tagen sei die Eingabefrist abgelaufen, aber doch, etwas von Sansibar, das interessiere ihn schon. Ich dürfe mir allerdings nicht zu viel Hoffnung machen, dieses Jahr seien 4000 Filme eingereicht worden und zeigen könnten sie nur 18. Nein, weitere Unterlagen brauche er nicht, bis Mitte Mai sei entschieden. Falls mein Film angenommen werde, könne ich dann noch weiteres einreichen.


Sitzungen im Lukmaan - nun ohne mich, ich mag von den Finanzen nichts mehr wissen. Salum berichtet, man habe beschlossen, dass sich kein Besitzer mehr einfach bedienen dürfe, von nun an würde allen Teilhabern ein Lohn ausbezahlt. Ich und Awadh bekämen je 25’000.-, also etwas mehr als 12.-SFR pro Tag, Othman, Ajba und Salum, Mr.Kanzu oder sein Vertreter Ally wohl ebenfalls, würden 50’000.- also das Doppelte davon erhalten. Das klingt nach wenig, doch ein Monatseinkommen von rund 750.- Dollar ist hier bereits etwas. Dies multipliziert mal vier gibt 3000.- Dollar pro Monat, Awadh und ich werden vermutlich verzichten. 3000.- ist ein rechter Betrag. Wurde bisher soviel einfach „heraus genommen“? Dann würde ja der Lukmaan doch rentieren. Für mich ist das alles immer noch schleierhaft. Ajba und Ally und Othman sehe ich häufig mit Zetteln und Zahlen am Rechnen und Salum scheint nun - wo der Regen wohl für dieses Mal vorbei ist - ernsthaft daran zu sein, die Gartenwirtschaft für den Regen brauchbar zu machen.

Samstag, 21. April 2018

2018.04.19, Sansibar



Eine meiner täglichen Besucherinnen, eine dreifarbige Mutter, stimmgewaltig und auch sonst eine Charakterperson, wo sie ihren Nachwuchs versteckt hat weiss ich nicht.
Seit bald einer Woche zum ersten Mal etwas Sonnenschein, der Regen hat zwar kontinuierlich nachgelassen, die schweren Wolken blieben jedoch hängen, in etwas weniger als einer Woche reise ich ab. Sofort beginne ich mit waschen, denn während der Regentage ist das unmöglich, selbst die trockenen Kleider fühlen sich feucht an.
Vieles hat sich bewegt, vieles müsste noch bewegt werden. Und natürlich mache ich mir bereits Sorgen um all meine Katzen. Die fünf Kleinen im Haus, aber auch die vielen Strassenkatzen, die mich täglich besuchen und Futter bekommen. Viele kommen auch nur vorbei um etwas gestreichelt zu werden. Adoptiert zu werden und Zugang ins Haus wünschen viele, sie taten mir während der starken Regenfälle leid. - Auch Menschen haben gelitten, in den Vororten habe es Überschwemmungen gegeben, hier im Stadtzentrum blieben wir vor solchem verschont. Vielleicht auch, weil man früher noch wusste, wo man bauen darf und wo man es besser bleiben lassen sollte.


Auch die Hühner, sie fressen so ziemlich alles, man sagt dem hier "organic",  mögen mein Katzenfutter
Mit etwas Mühe haben ich es letztes Wochenende doch noch geschafft, das Erdgeschoss fertig zu renovieren, all die Handwerker, die seit Jahren hier etwas wie ein Zuhause hatten - mit gutem Badezimmer, selbst Wäsche wurde gewaschen, die Handys aufgeladen und in der Mittagshitze gedöst, Abu hat hier sein Motorrad parkiert, weil er es Zuhause nicht hinein nehmen kann - mussten ihre Gratisbleibe nun verlassen. Sie taten das ungern und zeigten es mir. Mich nervt das, denn Sie könnten auch sagen, dass sie dankbar sind, hier während so langer Zeit geduldet worden zu sein. - Ausserdem kriegten sie ja einen Raum im neuen Haus, kleiner als bisher und das Badezimmer ist noch nicht renoviert. Trotzdem.


Der endlich geleerte und fertig gepinselte grosse Saal Richtung  Gasse.
Am Montag zogen dann die beiden holländischen Schwestern ein, die Studentinnen, die hier für Hifadhi und mich arbeiten sollen. Ihre ersten Aktivitäten sind etwas anders, als ich mir das vorgestellt habe, ich merke, dass ich von gestern bin. Bevor eigentliche Architekturarbeiten gemacht werden, macht man sich auf den Social Media präsent, Facebook und Instagram, man sendet mir die links, ich bin nun ein follower, Fotos, auch mit den Kindern und Kindermädchen von Salum, schön drapiert dekorieren sie die Liegenschaft von Kiponda, die renoviert werden soll.
Die Kätzchen finden sie zwar mit Worten süss, doch merke ich noch wenig durch ihr Verhalten, ich habe diesbezüglich nicht wirklich ein gutes Gefühl, ja, doch, die Katzen würde man riechen im Erdgeschoss, finden sie.


Freitag, 20. April 2018

2018.04.15, Sansibar

11 Uhr morgens im Baoboab Lukmaan, am Nebentisch sitzt ein Reiseführer, er will seine zwei Gäste anschliessend auf die „Prison Island“ bringen. Das kommt mir vor wie Japaner, die bei Nebel aufs Jungfrau Joch fahren, der Regen ist zwar nicht mehr stark, doch stetig.
Im Restaurant hat es pro Gast mindestens 10 Angestellte, doch man wird deshalb nicht rascher bedient, ich vernehme, dass es kein Gas mehr habe. Seit ein paar Wochen hat es in beiden  Restaurants einen Gastank, die Installation war gratis, Afrika wird nun von den Geschäftsleuten umworben. Das ist gut, das aufwändige Umhängen der Glasflaschen entfällt und damit auch ein Risiko für Fehler. Nur müsste man nun im voraus daran denken, neues Gas zu bestellen. Daran hat sich Othman offensichtlich noch nicht gewöhnt.

Ein Foto aus glücklichen Zeiten, auch Chango ist unterdessen gestorben.
Seit Freitag Abend regnet es, in der Nacht sehr stark, tagsüber etwas schwächer. Die Abläufe sind nach den vereinzelten Regenfällen der Vortage bereits gut durchgespült, das Wasser staut sich nicht, ich sehe keine Schäden.
Frisch inspiriert von meinem Ausflug nach Daresalaam wurde meine gute Laune hier rasch abgekühlt. Der Nachbar, mit dem ich den Chango teile, kommt am Mittag weinend vorbei und erzählt mir, der sei tot. Noch am Morgen habe er vor seinem Haus gespielt. Er sei rasch weg gegangen und als er zurück gekommen sei, sei Chango tot dort gelegen. Die Mutter habe laut gejammert, den die war immer noch stark mit ihrem Sohn verbunden. Chango ist in den letzten Tagen seltener bei mir gewesen, hat aber die Nacht davor bei mir verbracht. Weil es regnete, hat er den Blumentopf, den ich dafür vorgesehen habe, als Toilette benutzt. Die erdigen Fussspuren auf dessen Rand verblassen nun langsam im Regen.

E.T., Foro, die Kleine, die noch keinen Namen hat, Häxli und Röteli haben nun tagsüber freien Ausgang auf die Strasse. Natürlich wird dadurch ihr Leben gefährlicher.
Ich treffe Suzanne aus Holland, die hier für eine NGO Einheimische zu Reiseführern ausbildet, Berend hat mir ihre Adresse angegeben. Sie hat zwei hübsche Mischlingskinder, die eventuell meine Katzen füttern könnten. Die sind zwar begeistert, sie haben selber auch Katzen, doch scheint mir die Belastung nebst der Schule zu gross um zwei Mal täglich vorbei zu kommen, für die nächsten zwei Monate habe ich ja Studentinnen. Suzanne gibt mir auch noch die Telefonnummer einer Nachbarin, Maida, eine junge Inderin, die ihre Kinder unterrichtet, die liebe Katzen, eine sehr interessante Frau. Ich solle doch mit ihr einen Film über das Katzenproblem drehen, die sei sehr gut vor der Kamera. Suzanne kann sich noch an meinen Film erinnern, den ich vor Jahren am Sansibar Filmfestival gezeigt habe.

Der plötzliche Tod von Chango beschäftigt mich. Zwei Tage vorher hat jemand eine halbverrottete Katze vor unsere Türe geschmissen, zum Glück hat Salum sie entfernen lassen bevor ich sie sah, einzig der merkwürdige Geruch an diesem Tag ist mir aufgefallen. Will mir jemand etwas Böses - obwohl er mit Chango noch viel mehr den Nachbarn getroffen hat? Es gibt zwar viele Leute, die am Haus vorbei laufen und mich mit den Katzen sehen und dies wohlwollend kommentieren. Von den vielen Halbwüchsigen auf der Rückseite des Hauses höre ich jedoch auch spöttische Bemerkungen, aber Hass?

Dienstag, 17. April 2018

2018.04.13, Sansibar



Der Fährhafen von Sansibar frühmorgens
Mit dem ersten Schiff fahre ich nach Daresalaam, Abfahrt nach Fahrplan um 7 Uhr. Sobald ich unterwegs bin, stellt sich dieses prickelnde Gefühl ein, Freiheit, Schreibfreudigkeit auch. Im Fährterminal gibt es nun Sicherheitsschleusen, als „Resident“ werde ich durch den VIP Eingang geleitet, Sicherheitsvideos auf dem Schiff. Nun weiss ich, dass es unter meinem Sitz eine Schwimmweste haben müsste, beruhigend, es ist ein regnerischer Tag, das Meer ruhig, das Schiff „Lady of Zanzibar“ neu und sehr komfortabel. Erstmals fahre ich alleine nach Daresalaam, ich bin seit Jahren nicht mehr dort gewesen, denn die meisten Waren kann man nun ebensogut in Sansibar kaufen. 
Die Überfahrt dauert nur noch anderthalb Stunden. Ich sitze auf Anraten von Salum in der „business class“. In Afrika wird man als vermutlich wohlhabend immer sehr zuvorkommend behandelt. Eine hübsche junge Frau mit Baby im Arm, drückt mir beim Absitzen ihre riesige Tasche ins Gesicht. Ich bin nicht traurig, dass der Schiffsbegleiter sie in die „economy class“ verweist. Nach Daresalaam fahre ich, weil es dort die beste Veterinärklinik der Region gibt. Hier werden Tiere behandelt, aber auch Medikamente verkauft. Den Impfstoff gegen Katzenschnupfen haben sie zwar auch nicht vorrätig, der komme erst Ende Monat wieder. Trotzdem möchte ich wegen den übrigen Medikamenten für meine Katzenklinik dort vorbei schauen, denn ich bin im Moment etwas in Zweifel geraten über mein Projekt.

In der "Lady of Zanzibar"
Ist Dr.Rama der richtige Mann, oder besser, ist er der beste Mann, den ich hier finde? Den Tod von Jojo vergebe ich ihm immer noch nicht wirklich und die erste Katzenfang- und Kastrationsaktion, die ich letztes Wochenende durchführen wollte, ist ins Wasser gefallen. Auch buchstäblich. Die Regenzeit meint es nun ernster, täglich stärkere Güsse, da verstecken sich die Katzen. Ich fange einzig ein weisses weibliche Tier, das täglich vorbei kommt und sehr anhänglich ist. Am Abend dann zusammen mit Rama im Hafen noch einen Kater. Als er merkt, dass er gefangen ist, wehrt er sich fürchterlich, das gefällt mir gar nicht, diese Panik, wahrscheinlich bin ich zu dünnhäutig für solches, zum Glück beruhigt er sich bald. Die beiden Katzen bleiben über Nacht ohne Futter. Als ich am Morgen hinüber gehe, stelle ich fest, dass das kleine Weibchen, das merkwürdigerweise bereits grosse Zitzen hat, sich hinten am Kopf grossflächig alle Haare weggeschabt hat und an der Nase blutet. Salum erzählt mir, er habe es frühmorgens, den Kopf im Käfiggitter eingeklemmt, vorgefunden und befreit. Diese Käfige hat Rama machen lassen, sie haben viel gekostet und wir haben sehr lange darauf gewartet. Offensichtlich müssen sie nun noch nachgebessert werden, vorläufig fangen wir keine Katzen mehr. Auch dies ist nicht dienlich für mein Vertrauen, bei den Käfigen hat Dr.Rama sicher mitverdient. Dass er meinte, die Kosten für Medikamente betrügen pro Katze 30’000.-, Anna jedoch von  einem Drittel sprach - die Arbeit mache er gratis, meinte Rama - auch dies hat mich hellhörig gemacht. Nun gehe ich eben selber schauen.


Ankunft in Daresalaam
Daresalaam hat sich weniger verändert als ich gedacht habe, die alten Quartiere sind zwar grösstenteils verschwunden, viele Hochhäuser, doch sobald man aus dem Zentrum heraus kommt immer noch eine weitläufige grüne Stadt - mindestens jetzt, währen der Regenzeit - einzig die hohen Mauern mit Stacheldraht, die alle Besitzungen umgeben, stören das Bild. Die „Vet Care Clinic“ wirkt professionell, ich frage den Tierarzt Dr.Sinare, ob er mich etwas herum führen könne. Eine Luxusklinik für Stubentiger, ich darf selbst in die Behandlungszimmer. Nicht nur, meint der Veterinär und zeigt mir ein Gehege mit Strassenkatzen, die meisten sind jung. Zu einem Grüppchen zusammengedrängt wirken sie gar nicht unglücklich. Man versuche sie zu platzieren, doch mit der Krise sei das schwierig, die Leute dächten dann erst an sich selber. Die Krise, man hört das immer hier, welche genau, es boomt doch alles? Doch scheinen die strenger kontrollierten  Steuergesetze und das neu eingeführte Arbeitsrecht vielen auf afrikanische Art geschäftenden Betrieben - siehe Lukmaan - das Genick zu brechen. Selbst die Coastal Airlines sei in Schwierigkeiten geraten, hört man munkeln, jetzt wo die Massnahmen auf dem Festland langsam greifen.


Die alte Kirche neben dem Anlegeplatz der Schiffe steht noch, das Hochhaus dahinter kenne ich auch bereits, doch die drei Hochhäuser und ein paar weitere, meist nicht so hoch, sind neu und haben die Altstadt mehr oder weniger verdrängt.
Dr.Sinare erweist sich als sehr nützliche Person. Bestens gebildet, zusätzlich Populationsbiologe, kann er mir für vieles die Augen öffnen. Am Schluss gehe ich ohne Medikamente, dafür mit neuen Ideen nach Hause. Wie ich befürchtet habe, bringt ein planloses Eingreifen überhaupt nichts. Sinare erklärt mir, dass in einem ersten Schritt, die Bevölkerung sensibilisiert werden müsse, denn ohne die sei nichts nachhaltig. Man müsse alle Katzenbesitzer überzeugen ihre Tiere kastrieren zu lassen. Vom Islam her nicht einfach, meint er, da jedoch vor gut 10 Jahren eine Kampagne gut funktioniert hat, braucht es nur eine Auffrischung. Man müsse einen Verein gründen und die Kinder sensibilisieren. Wenn ich dann wisse, wieviele Katzenhalter bereit wären ihre Tiere kastrieren zu lassen, könne er mit etwa 10 Einsatztruppen herkommen, junge Tierärzte, die Erfahrung bräuchten, angeleitet natürlich durch eine erfahrene Person - da käme Dr.Rama ins Spiel - auch seine Kontaktperson in Sansibar meint Sinare. Man müsse nur Reise, Unterkunft, Verpflegung und ein Sackgeld übernehmen, für die sei dies ein guter Einstieg ins Berufsleben. Sinare nimmt kein Blatt vor den Mund, ist direkt, das gefällt mir, ohne Geld gehe nichts. Die Medikamente lasse man sich am besten von Europa spendieren, leider habe er aber im Moment keine Zeit solch einen Antrag zu formulieren. Ich denke an die Schweizer Chemie und sage, ich wolle das übernehmen, er müsse mir nur eine Liste der benötigten Medikamente zusenden.
In meiner kurzen verbleibenden Zeit werde ich nun versuchen, den Keim für einen Katzenverein zu streuen.

Nach dem ersten Schritt kommt dann der anspruchsvollere Teil, das Kastrieren der Strassenkatzen. Auch hier hat Sinare Konzepte. Man müsse in einer Region alle Weibchen kastrieren, die Männchen ebenfalls, bis auf ein Alphamännchen, das man nur sterilisiere. Bei dem bleibe der Geschlechtstrieb erhalten, der verteidige weiterhin sein Revier vor anderen Moudis, die einzudringen versuchten. Neu eindringende Weibchen müssten regelmässig eingefangen und kastriert werden. Verringere sich nämlich der Katzenbestand in einem Gebiet, dann werde der rasch durch neu ins Gebiet einwandernde Katzen aufgefüllt.

Schliesslich kaufe ich 20 Dosen Katzenschnupfenimpfung, sie werden später geliefert, mindestens für meine Schützlinge, ein teurer Spass, eine gesponserte Impfaktion wäre auch hier von Nutzen. Sansibar - weil kleinräumig - sei zwar in vielem einfacher als das Festland. Hingegen führe dies zu mehr Inzucht in der Katzenpopulation, was deren Immunsystem nicht gut bekomme, Katzenschnupfen sei weiter verbreitet als anderswo.


zurück in Sansibar

Bereits am Mittag fahre ich zurück nach Sansibar, den Einkauf und das Essen in Daresalaam lasse ich aus wegen dem starken Regen, der eingesetzt hat. Der Angestellte im Fährterminal nötigt mich zu einem Trinkgeld dafür, dass er mich auf das Schiff geleitet, dafür will er 10‘000.-,  ein Tagessalär, ich gebe ihm die Hälfte und finde bereits das eine Frechheit, wegen dem Regen meint er. Auf dem Schiff spricht mich mein junger Sitznachbar an, ob ich Nachrichten gehört habe? In Deutschland verbiete man alle Strassennamen von berühmten Personen. Nein, sage ich etwas beschämt, hier würde ich nicht regelmässig Nachrichten hören. Ich nehme mir vor, dem nachzugehen, sicherlich wurde da etwas falsch verstanden.

Samstag, 14. April 2018

2018.04.10, Sansibar

E.T. mit Hautproblemen und einem Abszess
Die letzten Tage waren extrem stressig, bereits meine fünf Katzenwaisen. E.T. scheint mir verletzt, Wunden am Kopf, ist sie in eine Tür geraten? Drei Tage später hat auch Häxli am Kopf Wunden und merkwürdige Geschwüre und ich habe einen Pilz am Knie. Alle müssen behandelt werden, auch die gesunden Katzen kriegen Spritzen. Einen Tag später hat E.T. ein Riesengeschwür am Schultergelenk und taumelt herum. Eine Folge der Spritzen oder ein Tumor, gar Katzenaids, ich habe die schlimmsten Befürchtungen. Zum Glück erweist sich die Sache als Abszess. Nach zwei Spritzen, nun von einem anderen Tierarzt verabreicht, den mir eine junge Katzenliebhaberin empfohlen hat, geht es rasch besser. Dummerweise ist auch der beim öffentlichen Veterinärdienst in Maruhubi angestellt und kennt natürlich Dr.Rama. Er spricht kaum Englisch, ein Nachteil, dafür kommt er sofort, scheint mir kompetent und verlangt einen Drittel weniger als der. Die beiden bestätigen den Spruch vom ehemaligen deutschen Konsul: Bezahlt werden die Beamten hier, damit sie ihren Posten inne halten. Will man etwas von ihnen, dann kostet das extra. Ich denke nicht, dass die beiden mit all den viel besser bezahlten privaten Aufträgen noch viel Zeit für ihre eigentliche Arbeit haben.

Foro erweist sich als liebevoller Krankenpfleger. Auch er kriegte eine Antibiotika-Spritze und eine Spritze gegen Räude. Als einziger hat er das ohne grosses Jammern über sich ergehen lassen. Nun hoffe ich, dass er sich nicht auch noch mit dieser merkwürdigen Krankheit infiziert.
Sorgen also mit den Katzen. Arbeit ebenfalls, die kleinste Rote ist immer noch nicht zuverlässig sauber und das Elend draussen geht weiter. Ich kann Dr.Rama davon überzeugen, dass er das winzige, von Katzenschnupfen vollkommen blind gewordene, seit Tagen herum irrende jammernde Kätzchen einschläfert - es stirbt in meinen Armen, es wäre ein süsses Kerlchen geworden. Die Mutter hat es aufgegeben, sie lebt mit drei weiteren, noch gesunden Kätzchen nicht weit entfernt. Grausam - doch vielleicht auch eine gesunde Reaktion, denn so riskieren die Verbleibenden weniger eine Erkrankung. Von Rama erfahre ich, dass viele Mütter die Krankheitskeime in sich tragen, diese jedoch meist erst bei den Jungtieren Schaden anrichten.

2018.04.08, Sansibar

Im Lukmaan stelle ich noch keine wirklichen Veränderungen fest, doch ist ein Rascheln fühlbar. Kipara, übersetzt Kahlkopf, ein Übernahme, der österreichisch-indische Manager mit Wurzeln in Kenia, ist bereits wieder abgereist. Hat aufgegeben, würde ich sagen. Er meinte, gesundheitliche Probleme, er hatte einen Gichtanfall, er komme zurück. Da bin ich nicht sicher, habe aber trotzdem sein Flugticket bezahlt wie vorher versprochen. An einer ersten Sitzung hat er mich sehr überzeugt, er sprach gewandt und überlegt. Getan hat er aber in den folgenden Tagen wenig von dem, was er skizziert hat. Als er bemerkt hat, dass zwischen Ausgaben und Einnahmen ein riesiges Missverhältnis besteht, verzagte er und konzentrierte sich darauf, neue Gerichte zu kreieren. Die waren zwar gut, doch ist das Problem ja nicht, das die Gäste mit dem Essen unzufrieden wären. Der Service könnte sicherlich verbessert werden, doch auch damit ist der grösste Teil der Gäste zufrieden. Bis in die Arabischen Länder hat der Lukmaan einen enorm guten Ruf. Doch statt ein Verdienst, resultiert in den meisten Monaten ein Verlust. - Wobei ich nicht einmal mehr darüber so sicher bin. Irgendwie scheinen eben doch alle auf ihre Kosten zu kommen, denn sonst hätten Ajba, Salum und Mr.Kanzu sicherlich schon längstens die Geduld verloren.

Dafür scheint nun das elektronische System der Geldflüsse langsam zu wirken, eine malayische Firma vertreibt dessen Installation aggressiv in Sansibar. Es bedeutet für die Angestellten umlernen und Mehrarbeit und sehr viel weniger Betrugsmöglichkeiten, klar sind die nicht begeistert. Vorerst bringt es mindestens den Kassier an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit, denn jetzt muss noch vieles von Hand erfasst werden. Ein Riesenaufwand. Doch der Moment ist nicht schlecht, „low season“. Das Restaurant ist für den Regen schlecht gerüstet, zusätzlich war gestern den ganzen Tag lang kein Strom auf der Insel. Ein totales Chaos, niemand kann mir sagen, ob der Generator kaputt ist oder ob es an Treibstoff mangelt, von den Besitzern ist keiner dort. Später vernehme ich, dass sie an Verhandlungen waren mit der Besitzerin des Ortes wegen dem Mietzins. Doch nochmals, kein schlechter Moment für die Einführung eines neuen Systems, Gäste sind jetzt wenige zu verlieren. Aber ob das jemals so funktionieren wird wie es sollte? Auf alle Fälle fühlt man im Moment einen Aufbruch.

2018.04.06, Sansibar

Intensive Tage mit Berend, dem Holländischen Architekten, der mir sofort sympathisch ist, wir haben ähnliche Ansichten über das Leben und Afrika. Er ist mit einer Tansanierin verheiratet und hat zwei Teenager, es scheint eine gute Ehe zu sein. Auch die zwei Studentinnen, die nun für drei Monate in Sansibar arbeiten werden, haben einen afrikanischen Hintergrund. Sie werden meine Wohnung hüten, für Katzen und Pflanzen schauen und während dieser Zeit unten im Saal für Hifadhi arbeiten. Das  Haus, dessen Erdgeschoss umgebaut und als Empfangszentrum für Hifadi genutzt werden soll - mit Ausstellungen, Vorträgen, Filmen und Konzerten - liegt gleich nebenan und mein umzubauendes Haus auch nicht weit. Die beiden jungen Frauen, Schwestern, sind mir ebenfalls sympathisch, zwar Hundefreunde, doch machen die das bestimmt gut. Sie freuen sich sehr auf meine Wohnung.
Erdgeschoss des Hauses hinter dem Fischmarkt
Berend macht interessante Skizzen und Vorschläge und rühmt meine Grundrisspläne, die von den Mädchen digitalisiert und bis zur Baueingabe verfeinert, besser vereinfacht werden sollen, denn dafür braucht es hier nicht sehr viel. Wichtig ist vor allem, dass am Schluss ein einheimischer Architekt seinen Stempel darunter setzt. Das ist notwendig, denn ausländische Architekten können hier nur als „consultant“ wirken. Mit Berend einige ich mich, dass ich ihn in Holland bezahle, Hifadhi Zanzibar funktioniert noch nicht wirklich, doch hoffen wir beide, dass bald eine vertrauenswürdige Person gefunden wird, die die Arbeiten überwachen und die Bauabrechnungen abwickeln kann. Ich bin wieder etwas zuversichtlicher.



Querschnitt- und Aufrisszeichnungen von Berend, die das neu geplante TeaHouse zeigen. Es soll als Ausguck dienen und gleichzeitig die Wassertanks beherbergen. Es wird über die Terrasse und einen Teil des Gebäudes zu liegen kommen. Ursprünglich habe ich das über dem Treppenhaus geplant, es war Salum's Idee, es im Südwesten des Gebäudes anzusiedeln. Das hat Vorteile. Einerseits muss das bestehende Dach nicht geändert werden und andererseits ist so das Gebäude gleichzeitig vor unerwünschter Sonneneinstrahlung und Regen besser geschützt.

Dienstag, 3. April 2018

2018.04.01, Sansibar

Die "fruit party" findet im Schulhof der Forodhani Schule statt. Unter den Arkaden steht das grosse Buffet und als Dekoration und zum Sonnenschutz wurden Kangas mit Fruchtmotiven aufgehängt.
Vor einer Woche war der „Tree planting day“, heute soll diese Aktion mit einer  „Matunda Party“, einer Fruchtparty gefeiert werden. Farid Himid, ein umtriebiger Typ, er spricht oft im Fernsehen, vernehme ich, und pflanzt viele Bäume, ist der Eventmaker der Insel. Ich habe bereits von seiner „Mkate Party“ berichtet, der Brotparty im Hyatt Hotel. Diesmal ist es etwas weniger exklusiv, denn die NGO hat wenig Geld, sie können das ganze im Schulhof der Forodhani Schule machen. Tische stehen herum, die Gäste bringen selber Speisen mit Früchten, es werden auch Restaurants eingeladen, ich vertrete heute den Lukmaan. Ich bringe ein traditionell gekochtes Gericht aus unreifen Jackfruits. Das Emerson Hotel zeigt sich generöser, und bringt drei salzige Kreationen mit Früchten, den pikant gewürzte Ananassalat finde ich sehr gut und das ist dann bereits praktisch alles, was ich erhasche. Sobald das Buffet eröffnet wird, stürzt sich die Menge darauf - Reinhard Mai lässt grüssen - viel schlimmer als meine kleinen Katzenwaisen. Das Vordrängeln ist hier ein verbreitetes Übel, auch in den Läden. Einzig bei "Mishmish", werden solch ungezogenen Leute vom Besitzer - aber auch von älteren Männern aus dem Quartier - zurecht gewiesen, nun sei Mama Lukmaan daran. Obwohl das „Hayna desturi nuzuri“, du hast keine gute Erziehung, Salum hat mir das gelernt, manchmal auch beschämte Gesichter zurück lässt, ich verwende es gerne.

Farid Himid, der umtriebige Eventmaker der Insel beim  Fernsehinterview
Farid frägt mich anschliessend, ob es mir gefallen habe. Ich fand die Verbindung zu den Bäumen etwas dürftig, denn es wurden auch Früchte von Stauden präsentiert, etwa Ananas oder Erdbeeren. Doch ist es gut, wenn in den Fernsehinterviews von den Bäumen in der Stadt gesprochen wird, vor Ort war das Essen sicher wichtiger. Und der gesellschaftliche Anlass.

Leluu ist überall mit dabei. Im Hintergrund der ehemalige Sultanspalast der vom marokkanischen König gekauft und nun total verschandelt wurde. Die Arbeiten sind ins Stocken geraten. Kein Geld mehr, oder braucht irgend jemand noch Bakschisch um die Bausünden nachträglich zu genehmigen?






2018.03.30, Sansibar

Ich sitze am Morgen auf der Sitzbank vor dem Haus. Jetzt ist es noch ruhig, meine Zöglinge müssen Gassenluft schnuppern, schliesslich sollen sie den Kontakt dazu nicht verlieren. Ein Junge um die zwölf Jahre kommt zu mir. Er habe keinen Vater und keine Mutter, ich müsse ihm helfen. Wahrscheinlich hat er erfahren, dass ich mich um Katzenwaisen kümmere. Der Knabe ist zwar schlank, doch bestens gekleidet, neue Hosen, ein neues weisses T-shirt, alles sauber, so sehen Strassenkinder nun wirklich nicht aus. Ich sage ihm das. Genau so, wie ich dem unheimlich fetten Behinderten in seinem Gefährt, sein Beruf ist betteln, bereits gesagt habe, ich denke nun wirklich nicht, dass er unter Hunger leide. Und der achtköpfigen Familie, Grossmutter, zwei Töchter, eine Tochter der Tochter und der Rest Kinder, entfernte Verwandte von Salum, er will sie vorübergehend gratis im 1.Stock des neuen Hauses einquartieren weil ihre Liegenschaft renoviert wird, werde ich eine Arbeit übertragen. Die können dafür die Katzenkäfige putzen und auch sonst helfen in meiner Katzenklinik. Hoffentlich finde ich ein paar darunter, die Tiere lieben. Aber ja, ich habe etwas genug von dieser ewigen Bettlerei, es gibt etwas gegen Leistung. Die Leute hier haben sich viel zu stark an ein bequemes Leben gewöhnt.
Häxli zuoberst auf Abus selbstgebasteltem Baugerüst. Sie ist eindeutig die beste Kletterin und bezirzt mich mit ihrem Stimmchen in allen Tonlagen, sie muss sehr musikalisch sein.

Häxli, Foro und E.T. in voller Aktion. Unglaublich, wie rasch meine Zöglinge bei gutem Futter und ein paar Streicheleinheiten sich erholen und gedeihen.


Übrigens verstehe ich endlich, was die Leute meinen mit "paka" und "pesa", also Katzen und Geld. Ob ich für Katzen bezahle? Ich antworte ihnen, ob sie eigentlich verrückt seien, all die Strassenkatzen, für die niemand schaue. Ich nähme die kleinen Waisen zu mir, weil ich das Klagen und das Elend dieser Kätzchen nicht ertragen könne. 

Montag, 2. April 2018

2018.03.26, Sansibar

Diese Tage bleibt es extrem schwül, nicht sehr viel Regen und nur kurz, doch etwas mehr Wolken. Das dämmt zwar die Tagestemperaturen etwas, doch bleiben so auch die Nächte heiss mit über 26 Grad. Nun muss auch ich den Ventilator anstellen, denn gleichzeitig gibt es kaum Wind. Ich beobachte, dass sowohl mein Sonnenschirmbaum wie der IlangIlang täglich Blätter verlieren. Gleichzeitig kommen aber neue hervor. Die Bäume scheinen sich hier den Luxus eines mehrmals jährlich stattfindenden Blattwechsels erlauben zu können.

Foro von seiner weissen Seite mit den zwei neuen Roten. Das dunklere nenne ich Röteli, das hellere hat noch keinen Namen. Ich weiss nicht einmal ob es ein Männchen oder ein Weibchen ist, es lässt sich noch nicht berühren.
Foro von seiner zwei-Punkte-Seite und im Vordergrund Häxli, bei der sowieso alles asymmetrisch ist.

Mit meinen vielen Katzen, inzwischen sind es bereits 5 Katzenbabies plus Chango, ich habe die zwei seit Tagen jammernden brandmageren roten Kätzchen auch herein geholt, komme ich ins Sinnieren über Symmetrie. Eigentlich erwartet man das ja bei Tieren, vier Beine, zwei Augen, zwei Ohren,.... dies im Gegensatz zu den Pflanzen. Bei den meisten Katzen hier ist das aber überhaupt nicht der Fall, da hat der Petrus, oder wer, wild drauflos gepinselt, einzig bei den getigerten Katzen scheint sie eingehalten. Doch habe ich bereits bei Jojo festgestellt, dass sie auch dort nicht perfekt war. Die beiden Flanken, ich habe ihn genügend studiert, zeigten gewisse Unterschiede in der Färbung.

Sonntag, 1. April 2018

2018.03.25, Sansibar

Das Vikokotoni Quartier ist ein sehr lebendiges Quartier,  viele Läden mit Kleidung für die Einheimischen,  die aus der Altstadt verdrängt worden sind. In der Altstadt selbst gibt es bald nur noch Souvenir Shops und kleine Lebensmittelläden. 
In diesem Quartier, eigeklemmt zwischen der Altstadt und dem Handwerkerviertel Mlandege, es wird nun sehr rasch überbaut, soll dieser „tree planting day“ stattfinden. Gewohnt, dass alles zu spät stattfindet, suche ich die Baumpflanzer in den Gassen. Nicht viele Passanten können mir Auskunft geben oder wissen etwas über diese Aktion.....


.......doch schliesslich finde ich das Grüppchen, das etwas wie ein Trauerzug aussieht. Zuvorderst, das ist speziell, die jungen weissen Frauen mit einer Schubkarre und einem winzigen Bäumchen darin. Schliesslich findet der Zug den Ort, wo es gepflanzt werden soll. Die grosse Gruppe der einheimischen Frauen, die zuhinterst mitgelaufen ist, setzt sich auf eine Baraza, alle sind mit Wegwerf-Plastikhandschuhen ausgestattet worden, kritisch schauen sie zu.


Eine Frau meint, dieser Baum werde doch viel zu gross für den Standort, was einer der wenigen jungen Männer, die an der Aktion beteiligt sind, freundlicherweise übersetzt. Ein Nachbar kommt heraus und fragt, was hier eigentlich passiere. Beides stimmt mich nicht gerade optimistisch, mir wurde gesagt, dass alle direkt Betroffenen informiert würden und anschliessend für ihre Bäumchen selber sorgen würden.
Verhindern kann ich wenig, das Bäumchen wird zu tief eingepflanzt, immerhin eine grosse Grube für den Winzling, das erleichtert ihm das Einwachsen. Von meinen Skizzen zum Schutz der Pflanzen bleiben einzig drei recht kurze Stöcke übrig, die nicht einmal tief eingeschlagen werden. Aus denen gibt es sicherlich rasch Feuerholz.
Die Weltverbesserung durch Grün, scheint hauptsächlich von Frauen getragen zu werden. Bei den wenigen jungen Männern gibt es eine merkwürdige Symmetrie zu den jungen weissen Freiwilligen-Frauen.