Mittwoch, 3. Februar 2016

1.Februar 2016



Vor meiner Abreise gebe ich Abu, meinem Lieblingshandwerker und dem Schreiner, der im Erdgeschoss arbeitet noch je 100.- Dollar, denn ich habe noch übriges Geld. Innerhalb von kurzer Zeit sind beide verschwunden. Wahrscheinlich schauen gegangen, wie viele tansanische Shilling man dafür bekommt.
Was werden sie wohl mit dem Geld anstellen? Ein paar Tage lang nicht mehr arbeiten gehen (sorry Salum)? Etwas Spezielles anschaffen, das sie schon lange benötigt oder gewünscht hätten? Oder ganz einfach nur Schulden zurück bezahlen?

Zurück in der Schweiz empfängt mich stürmisches Westwindwetter. In meiner Wohnung fühle ich mich etwas wie in einem Aquarium, Regen rinnt die grossen Scheiben hinunter, alles dringt gedämpft herauf, keine Stimmen sind zu hören. Dass ich mich manchmal über die Geräusche der Züge und Lastwagen in Biel aufregen konnte? Durch die dreifachen Scheiben dringen die nicht lauter herein als des nachts in Sansibar die Geräusche des weiter entfernten Hafens. Ich scheine gerne an Knotenpunkten zu wohnen, hier der Bahnhof, dort der Fährhafen und der Containerhafen. Immer abreisebereit.

Später lichten sich die Wolken etwas, Sonnenstrahlen mitten in der Wohnung. Das geniesse ich hier in der Schweiz. Während ich in Sansibar froh bin, eine Wohnung zu haben, die mit Laubengängen und tiefen Dächern von der Sonne und damit der Hitze abgeschirmt ist. In der Küche räume ich Brotkrumen und Saftspritzer nicht sofort weg, keine Ameisen, keine rasche Verwesung, nicht mehr nötig.

30.Januar 2016

Seit die neue Strasse zur Ostküste fertig gestellt ist, 

herrscht ein riesiger Bauboom 

mitten in den fruchtbarsten Zonen der Insel - obwohl Muhammad
in seinem Ministerium für Planung die Entwicklung zu steuern versucht

Heute morgen zeigt mir Salum das Grundstück im fruchtbaren Mwera, das er für den Ingenieur gekauft hat (Blog: Wie man einen guten Freund los wird ohne ihn zu verärgern). Es liegt ganz nahe von Jumas Farm (Blog: Juma und die Hühnerfarm oder schlechtes Benehmen zahlt sich aus). Um das riesige Grundstück steht nun eine zwei Meter hohe Mauer, die Mango- und Orangenbäumchen, die wir dort vor rund 5 Jahren gepflanzt haben, gucken bereits etwas darüber hinaus, eine grosse Halle ersetzt an einer Stelle die Mauer, das muss die Hühnerfarm sein. Mit solch einem riesigen Grundstück fruchtbarsten Landes müsste man doch mindestens fähig sein zu überleben! Da wäre doch manch einer froh um einen Teil davon. Juma hingegen hängt seit Jahren in der Stown Town herum. Heute morgen, als ich ihn frage, wann er denn zurück nach Kanada gehe, meint er, nicht vor ende März. Die Kälte dort, die möge er gar nicht. - Mich nervt enorm, dass Salum findet, das sei Jumas Sache, da mische er sich nicht ein. Ich finde, dass man einem guten Freund auch seine Meinung sagen sollte, wenn man sein Verhalten missbilligt. Wir kriegen Streit. Das geht dann bis zu: Die Europäer sind Schuld, die geben den afrikanischen Potentaten Geld, damit diese die  Bevölkerung ausbeuten, die dann ungebildet und unterjocht weiter lebt, denn von unwissenden Leuten könne man am besten profitieren. Und von meiner Seite: überlassen wir doch Afrika sich selber. Innert Kürze wird es zurück in die Steinzeit fallen, jetzt bestehen ja die Staatshaushalte der afrikanischen Ländern im Schnitt zu 50% aus Entwicklungsgeldern. - Irgendwie schaffe ich den Abschied hier immer schlecht. Das muss wohl so sein.

Umgekehrt, und wahrscheinlich ist es dies, was mich immer wieder zurück kommen lässt: Afrikaner haben denselben Humor wie ich, da verstehen wir uns genial. Die kann man unbekümmert necken, da gibt es nie Missverständnisse, viel besser als bei uns. Oder gar in Asien, wo lautes Lachen verpönt ist. Lachen kann man hier täglich. Und muss man auch, denn wenn man alles ernst nehmen würde, dann könnte man kaum mehr leben.

Dienstag, 2. Februar 2016

29.Januar 2016




Alle klagen hier dauernd über heisses Wetter, genau wie wir das über kaltes und regnerisches Hudelwetter tun. Das irritiert mich immer. Aber ja, mir wird nach Jahren klar, Afrikaner – ihrem Klima entsprechend – lieben eben kälteres und regnerisches Wetter. Das ist für sie angenehm und besonders.

Ich frage Mgeni, ob es nicht ein komisches Gefühl sei, ob sie nicht Angst habe, nun wo der Bruder gestorben sei und kein Mann mehr dauernd im Haus, denn Salums Anwesenheit ist ja hauptsächlich auf die tiefere Nacht beschränkt. – Ja, doch, meint Mgeni, Angst habe sie schon gehabt, das Zimmer des Toten sei ja gleich hinter der Wand ihres Bettes, das habe sie unheimlich gefunden. – Ich bin etwas erstaunt, habe eigentlich gedacht, dass in natürlicheren Gesellschaften auch der Tod – es wird viel gestorben hier – etwas normales sei. Ist nun die Angst vor Toten doch nicht kulturell bedingt, wie ich mir das vorgestellt habe, sondern etwas ganz natürliches?

Vor zwei Tagen hat mir Mgeni ihre jüngere Schwester vorgestellt. Die lebt in Daresalaam und es scheint, als ob sie dort ihre Liebe gefunden habe, das ist aber noch geheim. Die Frau sieht nicht besonders gut aus, Mgeni ist viel schöner. Sie ist aber sehr aufgeschlossen und sympathisch und meint, Daresalaam, das gefalle ihr sehr, da sei man viel freier als in Sansibar. Sie hoffe, sie kriege den Job, für den sie sich beworben habe. Mgeni meint später, wenn man als Frau einen guten Job habe, dann würden sich heutzutage die Heiratschancen enorm verbessern, das sei ein wichtiger Punkt bei einer Heirat geworden. Und Mody sagt mir, seine Frau die studiert hat, die bewerbe sich momentan für ein Stipendium in verschiedenen Ländern - darunter in Japan und in der Schweiz. Er hoffe, er könne sie dorthin begleiten mit den 5 Kindern, die sie nun zusammen haben. Er fahre sie dann jeweils zur Uni. - Das scheint sowieso die Arbeit der Ehemänner zu sein, die sich ein Auto leisten können. Auch Salum bringt seine Frau meist zu der Schule, in der sie unterrichtet.

Wie man den Wert einer Arbeit berechnet

Angestellter im Passfotoladen zeigt vollen Einsatz

Die Frau, die mir meine Füsse pflegt und schliesslich
die Nägel blau färbt, die kann ich wirklich empfehlen

 
Der Lukman soll eine Gesellschaft werden, schon deshalb wird eine Buchhaltung wichtig. Neben Salum und Othman und Agba möchte sich auch mir Kanzu beteiligen. Ich nenne ihn so, weil er mit diesen Männerröcken handelt, eigentlich Ali, und ebenfalls ehemaliger Schulfreund der beiden. Er hat übriges Geld und möchte das investieren, Geldgeschäfte werden hier meistens ohne Banken erledigt. Es geht nun um die Löhne von Salum und Othman. Othman meint, er brauche 1.5 Mio. Tansanische Shillings um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, mal etwas mehr, mal etwas weniger. Das sind umgerechnet rund 750.- Schweizer Franken. Zuviel findet Agba, das sei seine Arbeit nicht wert, aber auch sie brauche einen Lohn. Wir machen ihr klar, dass sie ohne zu arbeiten keinen monatlichen Lohn beziehen könne. Allenfalls könne man Vorbezüge auf den jährlichen Gewinn machen. Dieselbe Lösung schient für Othman geeignet. Ein Teil Lohn, ein Teil Vorbezüge, denn sonst geht die Sache nicht auf. Auch wenn die Löhne der Angestellten diskutiert werden, geht es vor allem darum, wie viel jemand benötigt um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Hamisi habe ein zweites Kind bekommen und brauche deshalb mehr Lohn. Und einem Angestellten in der Küche, der gut arbeitet und wenig verdient, möchte Franziska gerne den Lohn erhöhen. Bereits 200'000.- TS pro Monat kriege der? Das sei doch genug. Schliesslich studiere er noch und wohne Zuhause. Der brauche doch nicht mehr Geld, findet Othman. - Offensichtlich kann man hier nicht von Leistungslöhnen sprechen das ist ein anderes System. Irgendwie sympathisch. Nur fördert es leider das gewissenhafte Arbeiten überhaupt nicht.





28.Januar 2016



In zwei Tagen fliege ich bereits nach Hause, Endspurt, die Abreise kommt immer zu früh.
Mein Material beginnt langsam zu streiken, das alte MacBook tut zwischendurch bockig, im Blogger kann ich nichts mehr hochladen, bereits 7 Posts warten in meiner Schublade und wann ihr dieses Post lesen könnt steht in den Sternen geschrieben. Ist mit 289 Posts einfach Schluss, der Platz aufgebraucht? Die Kamera ist ebenfalls am Ableben, der LCD-Monitor ist vor einer Woche ausgestiegen, doch mit dem Sucher kann ich sie noch bedienen. Afrika holt mich ein, Zeit zur Abreise. – Wobei ich zugeben muss, dass ich mit altem Material angereist bin, die Videokamera ist mehr als 10-jährig, ein Saurier schon in unserer schnelllebigen Zeit, und auch der Laptop ist in die Jahre gekommen. Mit der salzigen und staubigen Meeresluft hier habe ich keine Lust, neustes Material mitzubringen und eigentlich geht alles recht gut auf. Ich muss mich einfach afrikanisch verhalten. Alles braucht etwas mehr Zeit, weil es meistens nicht auf Anhieb funktioniert, aber schliesslich bin ich ja auch bereits 2 Monate hier und zu Geduld – Schicksal, da kann man nichts machen - wieder einigermassen fähig.



Moritz und Sandra auf der Sunset Tour 

Der Segelmeister Moddy

Seit letzten Samstag sind Moritz und Sandra bei mir, alte Hasen in Sachen Sansibar, bereits haben sie ein Motorrad gemietet und einen Fahrausweis gelöst und den ersten Sonnenbrand.  Arme rot wie Krebse.
Neuigkeiten im Haus. Schlechte, der Bruder von Salum ist vor zwei Tagen gestorben. Unerwartet trotzdem, denn er selber hat bis zum Schluss an eine Heilung geglaubt und wollte letzten Samstag nach Indien zur Pflege reisen. Im Flughafen wurde er jedoch ohne ärztliches Attest nicht ins Flugzeug gelassen. Drei Tage später war es dann soweit.
Neuigkeiten auch im Lukman. Wir haben uns erstmals mit dem Anwalt getroffen, der dem Lukman eine neue juristische Form verpassen soll. Nach Diskussionen entscheidet man sich für „Lukman limited“ (ltb) - wie das hier heisse, meint der Anwalt - was die Leute hier als unlimitierte Kredibilität betrachteten, was aber in Wahrheit nur eine beschränkte Haftung sei. Mit 10 Mio.TS sei man dabei. Hinterlegt werden muss nichts, die Bedeutung dieser Gesellschaft ist deshalb gering, Buchführung wird keine verlangt, ganze 5000.- Schweizer Franken kostet es bei einem Bankrott, so günstig kriegt man das bei uns nie.
Lange wird noch diskutiert, ob ein „partnership-Vertrag“ nicht besser sei. Salum ist erst dafür, denn er liebt keine grossen Schritte bei Veränderungen, was mich regelmässig nervt. Zum Glück kann ich ihn davon überzeugen, dass eine Gesellschaft vor allem für ihn vorteilhaft ist, da bei den übrigen kein Privatvermögen vorhanden ist, bei ihm hingegen - mit dem Haus in bester Lage - für hiesige Verhältnisse sehr viel. Bei einer Gesellschaft könne man nicht auf sein Privatvermögen zurück greifen, lediglich 2 Mio.TS könne ihn das kosten mit seinem Anteil von 20%. Und mich ganze 500.- Schweizer Franken, denn ich kriege auch 10%. – Nun hoffen wir nur noch, dass es in Zukunft ums Verteilen geht und nicht darum, wer wie viel an die Schulden bezahlen muss.

Montag, 1. Februar 2016

21.Januar 2016

Stresstest für die neuen Rollos im TeaHouse

Nochmals ein gewittriger Tag mitten in der Trockenzeit, ab Morgen ist wieder sonniges Wetter angesagt. Es hat immer noch undichte Stellen am Haus, aber bis auf eine Ecke nichts beängstigendes, es sind Orte, wo es schnell wieder abtrocknet und somit dem Gebäude – auch wenn niemand aufwischt – nicht wirklich schaden kann. Die Rollos scheinen nun zu funktionieren. Dank sei dem Regen, ein Test ist immer gut. Leise höre ich die Seile und Hölzer knirschen, ich glaube mein TeaHouse ist wirklich ein Segelschiff.

Mgeni ist schon wieder auf einer Hochzeit, da läuft etwas, diesmal ist es ein Cousin. Schade, findet sie, bei Männern in der Verwandtschaft gäbe es für die Frauen keine Feierlichkeiten. Nur gerade die Hochzeitszeremonie. Erst treffe man sich in einem grossen Haus der Sippe des Bräutigams. Dort gebe es etwas zu essen. Dann fahre man mit zwei Bussen zum Haus der Braut, wo die Hochzeitszeremonie fortgeführt werde. Auch dies dauert bereits einen ganzen Tag. Heute gehe sie jedoch von 13 bis 15:30 arbeiten, meint Mgeni, bereits die letzten beiden Freitage habe sie wegen Hochzeitsfeierlichkeiten in der Schule gefehlt.





Vom Entstehen der Häuser

 
Seit 8 Monaten steht nun dieser Wellblechzaun an
der Strandpromenade und versperrt die Sicht auf das
Meer. Von den Bauarbeiten zur Sanierung der
Stützmauer und zur Verbreiterung der Strasse
ist noch kaum etwas zu sehen.

Salum macht sich Gedanken über das Baukonzept
 
Das Bauen kommt mir hier vor, wie die Arbeit eines Skulpteurs. Dieses Wort gibt es, ich habe in google nachgeschaut, kennen tue ich es natürlich vom Französischen, das ist wahrscheinlich auch eher Neudeutsch. Wie beim Skulpturen kreieren wird hier den Häusern Form gegeben, verputzt, vielleicht bereits gestrichen, wieder aufgespitzt, eine Leitung rein, eine Ecke weg, wieder verputzen, hier vielleicht eine neue Kante, nein doch nicht, weg damit,...... Aber doch, irgend einmal stehen sie ebenfalls, die Häuser. Der Weg dazu ist einfach anders. Und dauert im allgemeinen auch viel länger, da das Geld zwischendurch immer wieder ausgeht.

Die meisten Arbeiten werden noch von Hand erledigt, das macht wenig Lärm, geschliffen wird heute aber auch hier mit Maschinen und auch die Einführung der Trennscheibe hat das Bauen hier leider viel lärmiger gemacht. Und gebaut und renoviert wird eigentlich andauernd. Siehe 1.Teil.

20.Januar 2016

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Mein Schattenbäumchen erholt sich gut

Mit Franziska sitze ich am Abend auf der Dachterrasse eines Hotels in Shanghani, als ich plötzlich einen hell flackernden Feuerschein wahrnehme. Das muss im Malindi-Quartier sein und könnte somit unser Haus oder eines in der Nachbarschaft sein. Unser Haus ist es dann nicht, aber nicht weit entfernt und sehr nahe vom Kiponda Lukmaan brennt ein Haus lichterloh. Zwei weitere Liegenschaften werden vom Feuer erfasst. Personen sind keine zu Schaden gekommen. Trotzdem, ich habe sehr Angst vor Feuer. Zumal unser Haus, wie praktisch alle hier, nicht versichert ist. Salum verspricht, sich nach einem Löschsystem umzuschauen, denn die Feuerwehr kommt schlecht in die engen Gassen und Hydranten habe ich noch nie gesehen. Zur Zeit der Engländer soll es ein funktionierendes Löschsystem gegeben haben, aber das ist lange her. Eine halbe Stunde habe es gestern gedauert, bis Hilfe gekommen sei, erzählt mir Salum.

Gegen Morgen dann, ironisch ist das, ein gewaltiges Gewitter mit Sturmwinden. Obwohl wir nun in der Trockenzeit sind. Wasser dringt durch die vielen Fensterdurchbrüche und Terrassen bis in die Wohnung, doch trocknet das wieder und mein neu gepflanztes Bäumchen ist sehr glücklich darüber. Es hat sich nun, denke ich, endgültig eingelebt bei mir.

17.Januar 2016


Mariam, das Kindermädchen und Asfia

Mgeni  beim Sonntagsausflug nach Mangwapani

Zeina und Asfia im Fond des Autos

Mein zweitletzter Sonntag in Sansibar, das Ende rückt näher. Für meinen Film brauche ich dringend noch Bilder von Salum zusammen mit Mgeni und dem Töchterchen. Zuhause sieht man sie kaum gemeinsam, da müsste ich schon in ihr Schlafzimmer gehen. Ich frage Salum, was sie denn normalerweise zusammen unternehmen würden. Familienbesuche, meint er. Wir beschliessen, einen Ausflug zu seiner Sippe nach Mangwapani zu machen. Dort war Salum’s Mutter zum ersten Mal verheiratet und auch bereits vor seiner Geburt, er war das erste Kind, wieder geschieden. Klein-Nungwi sage man dem Weiler hier. Die Mutter lebte hier mit ihrem 5. Ehemann, der unterdessen gestorben ist. Nun wohnt sie im neu gebauten Haus des jüngeren Bruders, eigentlich Halbbruders von Salum, aber das kommt in Afrika nicht darauf an, zwei verheiratete Halbschwestern wohnen gleich nebenan.
Am Haus, sehr gross und 1-stöckig, wie hier praktisch alle Gebäude, wird seit Jahren gebaut. Aus Zementbacksteinen ist es, nicht mehr aus Lehm und mit einem Wellblechdach gedeckt, kein Palmblattdach mehr. Doch ist es im Rohbau stecken geblieben. Einzig das Zimmer seiner Mutter hat Salum verputzen und streichen lassen, der rohe Betonboden ist mit einer Holzimitatsfolie belegt. Zwei Betten mit Moskitonetzen, eines für allfällige Gäste, füllen es praktisch aus, weder Stuhl noch Tisch noch Schrank, kaum Habseligkeiten, die es zu versorgen gäbe. Es ist das luxuriöseste Zimmer im Gebäude. Das Toilettenhäuschen ist etwas abseits hinter Büschen, kopfhohe Wände um ein Loch über der Sickergrube, das Wasser muss man vom Haus hertragen. Immerhin gibt es nun dort fliessendes Wasser und Strom. - Er habe Mgeni gesagt, sie müsse die Besucher im richtigen Gebrauch unserer Toiletten unterweisen, meint Salum, denn manche Gäste sässen sicher das erste Mal auf solch einem WC.


Papa mit Tochter auch im Busch am Telefon

Die Familie kommt in Mangwapani an

Als wir ankommen packen Mgeni und die zwei Mädchen sofort Spinat, Sardinen und Kochtöpfe aus, im Hinterhof wird am Boden mit Holz ein rauchendes Feuer entfacht. Mgeni kocht, während Salum stolz mit Asfia die ganze Verwandschaft besucht und den herbeigeholten jungen Elektriker anleitet, wie er bei seiner Mutter einen Ventilator zu installieren habe. So bequem wie jetzt hat sie bestimmt noch nie in ihrem Leben gewohnt.

Nach etwa zwei Stunden ist das Essen fertig. Es gibt weissen Reis mit wenig Spinat und einer Sauce aus grünen Mangos, dazu knusprig gebratene Sardinen. Die Mutter isst nicht mit, sie habe bereits gegessen, werde ihren Teil später verzehren. Jeder isst gerade dann, wenn er Hunger hat, gemeinsame Mahlzeiten sind eher zufällig.
Mgeni ist sich die primitive Kocherei mit Holz am Boden nicht mehr gewohnt, sie tut mir leid. War sie doch die ganze Woche nebst dem Schule geben mit den Hochzeitszeremonien ihrer Cousine beschäftigt, sie hätte wohl nichts gegen einen ruhigen Sonntag gehabt. - Während also die Familie von Mgeni letzte Woche mit feiern beschäftigt war, war es Salums Familie mit Krankheit und Todesfällen. Feiern und trauern, Alltag in Afrika, beides tun die Ehegatten getrennt mit ihren jeweiligen Familien. Merkwürdige Gebräuche. Mir fällt auch auf, dass Mgeni gegenüber Salum’s Mutter seltsam unterwürfig ist, was ihr sonst nicht entspricht. Auch dies wohl eine festgeschriebene Rolle. Und Salum wischt das Zimmer der Mutter, was diese dann doch mit einem Lächeln quittiert. Mich hat die sehr herrische Mutter immer als Ihresgleichen behandelt. - Oder ich habe mich so gefühlt und benommen, sie ist ja nicht viel älter als ich.