Samstag, 16. Januar 2016

15.Januar 2016



Meine Schweizer Freunde



beim "Sundowner" In Jambiani


offensichtlich haben wir es sehr lustig gehabt

Zurück von zwei schönen und erholsamen Tagen an der Ostküste erwartet mich eine herbe Enttäuschung. Die Türe beim Treppenaufgang wurde aufgebrochen, das war nicht schwierig, und auch das Schloss meiner abgeschlossenen Schublade, in der ich die Wertsachen aufbewahre, war kaputt. Weg nichts, die Person ist offensichtlich gestört worden. Da beide Eingangstüren des Hauses ganz sind, musste das fast tagsüber passiert sein, da ist das Erdgeschoss wegen der Handwerker offen. - Ein ungutes Gefühl, denn das muss fast jemand gewesen sein, den ich kenne. Weil nur die wussten, dass ich zwei Tage weg fuhr. Salum will die Handwerker nun hinaus werfen, die können den Platz ja gratis nutzen und fühlen sich dort sehr wohl. Ein kühler Raum, Toiletten, all dies ein Luxus hier.



Jambiani village, beim Warten auf das Daladala


Der Luxus führt mich zum Daladala. Für die Rückkehr von Jambiani habe ich diesen kleinen halboffenen Bus genommen. Ich finde, dass ich das jedes Mal, wenn ich hier bin, einmal tun sollte, denn das ist die normale Transportmöglichkeit der meisten Leute. Die Fahrzeiten sind immer sehr ungewiss, ich musste eine gute Stunde im Dorf warten. Und hatte so genügend Zeit, das Dorfleben zu beobachten und mein Swahili zu üben. Man ist immer sehr nett und findet, meine Sprachkenntnisse seien gut. Obwohl ich oft nicht so ganz alles verstehe, das dann auch sage, „sijafahamu“, ich kapiere es nicht. Das tun die Leute hier umgekehrt selten, was häufig zu Missverständnissen führt.
Bei einem kleinen Laden sitze ich im Schatten. Es gibt erstaunlich viel Kundschaft. Vielleicht auch wegen mir, man muss die Mzungu, die Daladala fahren will und nicht „private hire“, die komfortablere und 20-fach teurere Lösung, anschauen kommen. – Die Strassen auf der Insel sind nun gut, damit das Busfahren komfortabler, praktisch alles geteert, man wird nicht mehr von Staub eingepudert. Ab dem Jambiani Forest wird es allerdings sehr eng, ich sitze gleich hinter der Führerkabine zwischen einer Frau mit Kind und einem Jungen eingeklemmt. Und kriege etwas Platzangst, weil ich feststelle, dass ich im Notfall unmöglich aus diesem Gefährt heraus kommen würde, denn der Gang ist ebenfalls mit kauernden Leuten und Waren vollgestopft. Trotzdem erreichen wir die Stown Town in recht kurzer Zeit, kaum zwei Stunden, mit dem Privatwagen spart man nicht viel.




Das neues Haus in Jambiani

Noch weiter zurück in der Zeit, nach Jambiani. Meine Schweizer Freunde - ich habe sie vor Jahren auf einer Reisen nach Sansibar kennen gelernt -  haben nach dem Brand vor zwei Jahren ihr Haus neu und sehr schön wieder aufgebaut. Diesmal nicht mehr mit „Makuti“ Dach, mit Palmblatt gedecktem Dach, sondern im Arabischen Stil mit Terrassen und Flachdächern.

Dienstag, 12. Januar 2016

12.Januar 2016


Der kleine Schirmbaum in unserer Nachbarschaft wird von
der Sonne beschienen und spendet wunderbaren Schatten.

In unserer Nachbarschaft entdecke ich einen zierlichen Baum mit einer weit ausladenden Krone. Genau  einen solchen brauche ich, der passt in einen meiner grossen Blumentöpfe und wird mir sicher rasch wunderbaren Schatten spenden auf meiner Terrasse.
"Mjenga uwa" heisse er, meint der Schreiner im kleinen Häuschen. Zwei junge Abgänger einer Touristikschule auf Suche nach Arbeit bieten sich an, den Baum mit mir suchen zu gehen. Wir fahren mit einem Daladala nach Bweni, dem schicken Vorort, und werden dort fündig. Wie er heisse? "Mti", Baum, meint die Verkäuferin.
5000.-TS bezahle ich für ihn, die übrigen Passagiere des Gemeinschaftstaxis finden das viel zu viel, der Kontrolleur will nun für das Bäumchen doppelt soviel wie für eine Person, nämlich 600.-TS. Auch meine beiden Begleiter erhalten eine grosszügige Gabe, zwischen Idee und Erfüllung lag diesmal weniger als ein Tag, das ist doch genial.
Nun wartet der Kleine auf meiner Terrasse auf seinen endgültigen Platz. In der Baumschule stand er unter grossen Bäumen, ich muss ihn vorsichtig an die jetzt sehr stechende Sonne gewöhnen, diese Jahreszeit ist nicht gerade gut für mein Projekt. Hoffen wir, er schafft es.


Die junge "Mjenga uwa" wartet auf ihren endgültigen Platz.


11.Januar 2016



Zeina, Mariam und das Kindermädchen, das Ahmedi
bei Mgenis Eltern Zuhause hütet, schauen zu Asfia.


Im noch leeren Saal interessiert sich Asfia für Frauenhandtaschen.
Eine Frau neben mir findet das gar nicht lustig.


Ahmedi hat schon sehr viel von Salum. Liebt schöne neue
Kleider und ist ausserordentlich selbstsicher und gesprächig.

Gestern Abend bin ich mit Mgeni und den Mädchen an eine Hochzeitszeremonie für Frauen gegangen. Die eigentliche Hochzeit findet erst in einer Woche statt. Auf der Einladung stand 18 Uhr, Mgeni sagte mir 19 Uhr, angefangen hat das ganze schliesslich um halb 10. Wir gehörten zu den ersten Gästen. Unangenehm war einzig, dass man auf Bodenmatten sass. Mein Rücken, der sowieso etwas streikt, fand das eine Zumutung. Vermutlich vor allem aus diesem Grunde erwache ich heute Morgen spät – es ist auch spät geworden - und wie gerädert. Vom Alkohol oder sonstigen Drogen kann das nicht herrühren, denn den gab es natürlich nicht.


Ahmedi scheint sich zwischen all den bunt herausgeputzten Frauen
sehr wohl zu fühlen


Die Frau in Schwarz war die einzige an diesem Anlass.
Obwohl diese schwarzen Umhänge aus den arabischen Ländern
noch vor kurzem der letzte Schrei der Städterinnen waren.


in der Mitte  und im Dunkeln Mgeni in Gelb

Trotzdem wurde das ganze mit der Zeit sehr ausgelassen. Endlich kam dann die Braut und wurde auf das Riesensofa gesetzt. Gesänge aus dem Koran und schliesslich Trommeln und Frauenstimmen, es wird rasch ausgelassen getanzt, dazwischen schrille Schreie. Schliesslich und spät, wird Essen gereicht, etwas Indisches, scharf-saures Kürbiscurry, Humusbällchen mit Kokosnusschutney und Fleischspiesschen. Anschliessend eine fantastische Glace. Aus was das gewürzte Eis besteht finde ich nicht heraus. Nun wird es Zeit, die Geschenke zu überreichen, etwas für den Haushalt hat mir Mgeni gesagt, ich bringe einen Thermoskrug. Die Sachen türmen sich hinter der Braut und ihren Helferinnen auf. Erst jetzt sehe ich sie lachen. Vorher sass sie eher verängstigt und ohne Kontakt mit dem Publikum, schön herausgeputzt auf ihrem Sofa. Lehrerin sei sie ebenfalls, meint Mgeni und eine ihrer Cousinen.


Die stark geschminkte Braut bei einem Ritual das ich nicht verstehe


Das Frauentreffen – Männer waren nicht ausgeschlossen, der Filmer und Fotograf war ein Mann, auch ein paar weitere Helfer, das ganze war sehr professionell organisiert und kostete sicher viel Geld - unterschied sich gar nicht so stark von einem ähnlichen Anlass bei uns. Die Frauen geben sich mächtig Mühe, putzen sich heraus, bunte, gerne glitzernde Kleider, die Kopftücher werden kunstvoll und aufwändig, die Vorbereitungen müssen Stunden dauern, aufgetürmt über den meist nicht vorhandenen langen Haaren, alles Stopfmaterial, Schminke ebenfalls, zum Teil sehr stark, Salum findet das nicht lustig.
Salum lasse sie sowieso nicht gerne an Hochzeiten gehen, beklagt sich Mgeni. Obwohl ja Männer und Frauen getrennt feiern, der Bräutigam konnte nicht einmal besichtigt werden. Doch die heutigen Frauen, die wollen auch hinaus und sie tun es auch. Selbst wenn der Mann nicht einverstanden ist. Eitle Frauen sieht man, die beständig von sich Selfies schiessen, schüchterne Frauen aber auch, die den ganzen Abend beobachtend in einer Ecke sitzen. Oder solche wie Mgeni, die es geniessen, von vielen Leuten umgeben und bewundert zu werden und zu schwatzen.
Kinder hat es wenige, Mgeni ist die einzige, die mit zwei Kindern und drei Kindermädchen kommt, die wenigen übrigen Frauen mit Kindern scheinen sie selber zu hüten. Mariam, Asfias Kindermädchen, trägt ein Seidenkopftuch, das Mgeni gehört. Schön, dass diese Mädchen derartig integriert sind. Obwohl sie schüchterne Zuschauerinnen bleiben.

Sonntag, 10. Januar 2016

9.Januar 2016



Gestern mache ich mit Salum ein Interview. Das war in Afrika bisher sehr schwierig. Schon nur, weil es praktisch unmöglich war, an einem ruhigen Ort zu arbeiten. Deshalb bin ich froh, dass wir ein Zimmer im Mashariki Hotel gratis benutzen dürfen. Fensterscheiben und Klimaanlage, was ich sonst nicht mag. Dafür bleibt der Lärm draussen.
Erstmals gibt es wieder ein gutes Interview, Salum ist entspannt und erzählt interessante Sachen, auch Neues über seine Kindheit, ich werde das gut gebrauchen können. Ich überlege mir nun, ob die bisherigen verkrampften Interviews einfach die damaligen Situationen widerspiegeln. Anfangs war es für Salum sehr hart, kein Erfolg,  auch hatte er Mühe, sich in der hiesigen Gesellschaft zurecht zu finden nach 7 Jahren Schweiz. Später dann wohl unsere persönlichen Probleme, die schwierige Beziehung, das häufige Streiten über Glaubensfragen, wahrscheinlich habe ich damals auch aggressiv Fragen gestellt. Das wichtigste ist ja eigentlich, dass man den Interviewparter dazu bringt, sich zu entspannen, sich wohl zu fühlen. Das ist mir diesmal gut gelungen. - Auch wenn Salum häufiger nicht direkt zu mir schaut, was er in der Schweiz noch getan hat. Ich mache ihn darauf aufmerksam. Aber es stimmt schon, hier ist es unhöflich, wenn man jemanden fixiert, das macht niemand, das wird als aufdringlich empfunden. Das geht mir bald selber so.

Die wiedergefundene Kletterpflanze


Für Nichtbotaniker: Die Zistrose ist das Pflänzchen gleich
hinter der Papaya, dem Ding mit den gelappten Blättern.


eh voilà, bereits blüht eine...

Auf meiner Terrasse beginnt der Garten zu spriessen. Endlich sind die zwei grossen Töpfe hier, die Erde, die mitgeliefert wird, ist nahrhaft, einzig die vielen Glas- und Tonscherben darin machen das Arbeiten damit etwas gefährlich. Der IlangIlangbaum scheint sich sofort wohl zu fühlen, er steht auch am Schatten, während die hübsche kleine „Embe za Kisungu“, eine Art Mangos produziert die - mindestens sagt man den Früchten so, die Blätter schauen sehr unterschiedlich aus - die Zügelei schwer erträgt. Dieses Bäumchen wird an der Sonne stehen, ich gebe ihm als Sonnenschutz meinen Regenschirm, der in letzter Zeit nicht gedient hat. Die feine Kletterpflanze, die ich vor Jahren einmal gefunden habe und Samen davon mitgenommen, die ist von selber wieder gekeimt. Merkwürdigerweise diesen Herbst auch noch in Biel. Nachdem sie jahrelang als verschollen galt. Eine weitere Überraschung ist die kleine zistrosenartige Pflanze, die auf meinem Kompost gewachsen ist. Von der Ostküste komme die, meint Salum. Möglich, das ich sie beim Versuch, eine gelbe Kletterlilie der kargen Korallenerden anzuziehen, versehentlich mitgenommen habe. Ich freue mich auf die ersten Blüten.


7.Januar 2016



Das vielfältige Angebot im "Kwality Supermarkt"

Einkaufsmorgen in Mlandege. Bei „Bin Dawood“ kaufe ich ein paar Kleinigkeiten ein, ich mag diesen Laden enorm. Man muss zwar immer sehr lange warten, doch wird man dann perfekt bedient. Ein junger charmanter Mzungu spricht mich an. Er habe mich bereits öfter in der Stown Town bemerkt. Ob ich hier wohne? - Er hier seit einem Jahr, er arbeite auf dem Bau, manage eine Baustelle für Polen. Sehr viele Polen, die hier investieren würden, überhaupt viele Leute aus dem Osten. Er selber sei Italiener. Die Arbeit hier sei hart, die Hitze. Aber man sei dafür sehr selbständig, habe ein gutes Leben. Das Grau, die Computerarbeit Zuhause, da habe er keine Lust mehr darauf.
Immer mehr Europäer arbeiten hier. Gut für den „Kwality Supermarkt“ in den ich mich nachher begebe. Die hier wohnhaften Weissen haben ihre eigenen Bedürfnisse, der „Kwality Supermarkt“ profitiert davon. Heute werde ich in den einzelnen Rayons freundlich begrüsst. Ob man mir helfen könne? Das gab es noch nie. Ein neues Management, frage ich? Bisher sei es ja die Karikatur eines Supermarktes gewesen. Voller schlafender Angestellter, die man erst habe wecken müssen. Auskunft geben, das hätten sie dann auch meist nicht gekonnt. - Der Angesprochene lacht. Genau. Es habe hier ein neue Direktion gegeben.


Vor fünf Tagen lag das Schiff im Hintergrund plötzlich in der
Bucht. Wie ein Geisterschiff sah es aus, direkt vom Meeresgrund
aufgetaucht. Des nachts sah man Licht hinter den Fenstern.
Nun ist es plötzlich wieder weg. Ohne dass ich es
jemals im Hafen gesehen hätte.

Ich spreche mit Salum über diese merkwürdigen Wanderbewegungen. Einerseits immer mehr Europäer, die versuchen, sich hier eine neue Existenz aufzubauen. Andererseits all die Schwarzen, die nach Europa reisen, auf der Suche nach einem besseren Leben. - Das sei doch ideal, meint er. Billige Arbeiter für Europa und Fachleute für Afrika. Wenn das nur wirklich so einfach wäre und aufgehen würde.