Mittwoch, 25. April 2007

18.April 2007





18. April 2007

Heute Morgen habe ich endlich den „Sheikha“ vom „Mkunazini“-Quartier getroffen, dort wo das Restaurant liegt und auch das Haus, das ich eigentlich hätte kaufen wollen. Nach dieser Begegnung bin ich überzeugt, dass Ali recht hat, wenn er sagt, dieser Mann stecke mit den Leuten, die den Abriss beauftragt hätten unter einer Decke.

Am Montag Morgen sind wir ins „Stone Town Conservatory Office“ gegangen um dort zu berichten, dass wir festgestellt hätten, dass ein Haus ohne Bewilligung abgerissen werde. Aziza, die für diesen Fall zuständige Frau und ihr ganzes Team zeigen sich sehr interessiert für unsere Geschichte. Sie wollen die Fotos sehen, die ich vom Abriss gemacht habe. Meinen, ich sollte einen Brief an den Direktoren schreiben, den Fall schildern und die Fotos beilegen. Das unterstütze sie in ihrer Arbeit, gebe ihnen mehr Gewicht.

Mit einer Kamera ist man immer irgendwie gewichtig. Ich weiss das und bluffe bewusst. Montag Morgen habe ich die Abrissstelle gefilmt und fotografiert. Ein Arbeiter ist gekommen und meinte, er wolle nicht auf das Bild, denn ich würde das dann teuer in Europa verkaufen. Er ist sehr jung und spricht fliessend Englisch. Ich antworte ihm, dass mich dies nicht interessiere. Dass ich aber fotografiere, weil sie hier etwas Illegales am Tun seien. Es liege keine Bewilligung für den Abriss des Hauses vor und ich sei sehr böse darüber und gedenke, ihnen Ärger zu bereiten. Er solle dies den übrigen Arbeitern übersetzen. Als wir kurz darauf nochmals vorbeischauen, sind die Arbeiter weg. Und haben bis heute, zwei Tage später, ihre Arbeit nicht wieder aufgenommen. Die wussten also genau, dass sie etwas Unerlaubtes taten und kriegten Angst vor meinen, eigentlich ziemlich leeren Drohungen.

Heute Mittwoch ist der Tag des Unesco-Weltkulturerbes. Riesige Festivitäten werden aufgezogen, ein Umzug mit Musik, Plakaten und Tänzern durch die Altstadt findet statt. Später werden in den Forodhani-Gardens in einem symbolischen Akt Bäume gepflanzt. Viele der Umzugsteilnehmer sind nicht freiwillig hier. Ganze Schulklassen wurden engagiert und auch die Beamten müssen mitlaufen, denn schliesslich soll die Sache ja auch nach etwas aussehen. Ich finde das zwar gut, doch bin ich nicht überzeugt, dass den Schulkindern überhaupt genau erklärt wurde um was es hier eigentlich geht.

Gestern habe ich die Schwedin getroffen, die in der NGO arbeitet, die das Unesco Projekt unterstützen soll. Es gehe vor allem darum, den Leuten hier klarzumachen, dass sie mit der Stone Town etwas hätten, auf das sie stolz sein müssten. Etwas, dass es wert sei, bewahrt zu werden. Das Bewusstsein sei einfach noch nicht entwickelt und nur mit Verboten gehe das nicht. Man könne unmöglich alles kontrollieren, die Bewohner hier müssten mitmachen, weil sie eben auch einen Sinn in dem ganzen sähen. – Bedenklich finde ich allerdings, dass der Chef der Organisation, die das Unesco-Projekt unterstützen soll, genau dieser Sheikha ist von dem ich vorhin gesprochen habe. Und heute endlich, an dieser Veranstaltung stellt mir die Frau den Mann dann vor.

Hier kann er mir nicht ausweichen. Seit zwei Tagen haben Ali und ich vergeblich versucht ihn zu erreichen. Gestern Abend noch glaubte ich, es nun geschafft zu haben. Arbeiten tut er wie gesagt, für diese Stone-Town-Erhaltungs-Organisation, einem Verein, bei dem ich im Sinne habe mitzumachen. Leider war er in den letzten Tagen immer an Sitzungen und unerreichbar. Das Amt des Sheikha, des Quartiervorstehers übt er also im Nebenamt aus. Und sein dortiges Büro ist einfach sein Wohnhaus. Gestern Abend klopfte ich dort an die geschlossene Türe und eine junge Frau öffnete mir. Ich fragte, ob der Sheikha zu Hause sei. Sie meinte ja und wies mich an, auf der Polstergruppe im Eingangsraum Platz zu nehmen. Nach einer Weile kam sie zurück und meinte, sie finde ihn nicht, er sei wahrscheinlich wieder ausgegangen. Allerdings hat das Haus nur einen Ausgang und dort ist sie selbst zusammen mit anderen Frauen gesessen als ich kam. - Ich kann mir dies nur so erklären, dass der Mann inzwischen vernommen hat, dass eine „Mzungu“ hartnäckig versuche ihn zu erreichen, wegen dem Abriss des Hauses hinter der Schule. Und dass er, statt erfreut, über übles Treiben unterrichtet zu werden, lieber nichts davon wissen möchte.

Diese Vermutung bestätigt sich heute Morgen, als ich dem Sheikha mitteile, dass ich dringend versucht hätte, ihn zu erreichen. Da die Sache aber dringend sei, hätte ich heute Morgen meinen Brief mit dem Bericht und den Fotos zum Direktor des „Stone Town Conservatory Offices“ gebracht, würde ihm aber gerne eine Kopie davon überlassen. Die Art, wie der Mann mir ausweichend antwortete, sagt genug. Er sei halt die letzten Tage immer sehr beschäftigt gewesen, habe noch keine Zeit gefunden, sich die Sache überhaupt selber anzusehen. - Obwohl Ali meint, dass der Sheikha täglich in der kleinen Moschee gerade hinter der Abrissstelle beten gehe. - Eine Kopie vom Brief hätte er gerne, meint er zwar, aber die Art, wie er sich darauf sofort anderen Leuten zuwendet, lässt mich vermuten, dass die Sache ihm alles andere als angenehm ist.

Im Umzug läuft auch Mohamed, der Architekt, das ist seine Pflicht als Mitglied des „Stone Town Conservatory Offices“. Er meint, am Nachmittag um drei würden dann die Politiker noch Reden halten. Ich habe für den Moment genug gesehen, verabschiede mich und nehme mir vor, am Nachmittag noch schöne Reden filmen zu gehen. Man weiss ja nie, wozu das nützlich sein könnte. Eine Reportage über den Fall machen, das würde ich gerne und mit dem Umzug hätte ich nun auch bereits geeignetes Bildmaterial. Zusammen mit vielen einfach zu findenden guten und schlechten Renovationsbeispielen in der Stone Town. Das was hingegen am wichtigsten, aber auch am schwersten zu beschaffen sein wird, sind Interviews mit den beteiligten Leuten. Ohne letztere ist keine spannende Reportage möglich.

Ali findet es gut, dass ich kämpfen will und unterstützt mich tatkräftig. Meint aber gleichzeitig, dass ich mich bei der Schweizer Botschaft anmelden sollte. Damit die wüssten, dass ich hier wohne. Das habe es immer wieder gegeben, dass Ausländer mit Aufenthaltsbewilligungen dazu aufgefordert wurden, das Land innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Unter fadenscheinigen Vorwänden. Ich möchte vor allem nicht, dass Ali und das Restaurant Schaden nehmen könnten. Mohamed verneint dies entschieden. Nein, das könnten die unmöglich machen. Ist er wohl zu lange weg gewesen und zu kurz wieder zurück auf der Insel, oder ist Ali zu misstrauisch? Mindestens sieht auch Othmani, der Partner von Ali besorgt aus, als wir ihm von der Geschichte erzählen. Das seien mächtige Leute.

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