Dienstag, 29. Juli 2008

15. Juli 2008


Wenn ich alte Texte von mir durchlese, so stelle ich fest, dass ich mehrmals in meinem Leben dieselben Erkenntnisse gehabt habe. Eigentlich bedenklich, die Entwicklung ist also nicht riesig. Und merkwürdigerweise hatte ich doch jedes Mal das Gefühl, etwas zum ersten Mal gedacht oder begriffen zu haben.
Etwa meine Stimmungen - obwohl dies vielleicht doch eher ein Problem des höheren, beziehungsweise wechselnden Alters ist, wird mindestens gesagt. Meine Stimmungen also, die stimmen nicht immer und sind vor allem extrem unberechenbar, das kippt und kentert und richtet sich wieder auf. Ein Schiff ohne Steuermann, nicht einmal ein Ruder hat das. Die Stimmungswechsel überfallen mich einfach, ohne Ankündigung, ohne, oder kaum durch äussere Einflüsse gerechtfertigt.
So die letzten Tage. Zu Beginn des Festivals die Euphorie. Endlich wieder etwas Kulturelles, endlich wieder ein Programm im Tag. Träume ich in der Schweiz oft genug davon, in den Tag hinein leben zu können, so stelle ich hier fest, dass gänzlich ohne Verpflichtungen zu sein eigentlich viel schwieriger ist. Mindestens auf die Dauer. So löst wohl mein durchgeplanter Festivalbesuch in meinem Körper unheimlich viel Adrenalin aus, ich bin gänzlich aufgepuscht, schlafe kaum. Und dann nach drei Tagen ebenso erschöpft, die Stimmung kippt von einer Minute auf die andere und ich werde die Launen zwischen Unlust, Depression und Unzufriedenheit während zweier Tagen nicht mehr los. Reisse einen Streit vom Zaun mit Ali – über Religion natürlich, das bietet sich so wunderbar an - und muss zugeben, dass dies völlig ungerechtfertigt und ungerecht war. Und sicherlich für Ali auch gänzlich unverständlich, vorher war ich ja gerade noch so gut drauf. Der Job, mein Partner zu sein, ist gewiss kein einfacher.
Heute beim Aufwachen noch eine schlechte Laune, aber dann ein brüsker Wechsel. Obwohl unzufrieden mit der Skizze, die ich am frühen Morgen vom Lukmaan gemacht habe - ich mag keine Zuschauer und später am Tag ist die Sicht auf das Restaurant sowieso von parkierten Autos zugebaut - diese Skizze also befriedigt mich nicht. Meist trägt dies nicht gerade zur Hebung meiner Stimmung bei. Doch heute ist es anders, ich wandere durch die erwachende Stadt zum Strand, treffe dort auf Mody und gemeinsam trinken wir einen Kaffee.
Vielleicht hilft auch die Tatsache, dass ich hier in der Stadt schon fast eine Berühmtheit geworden bin, ich werde von vielen Leuten begrüsst. Nachdem ich dem „Superpower“ ein paar Flyers zum Verteilen gegeben habe, Werbung für meinen Film, weiss nun bereits die halbe Stadt davon und die Zahl der Grüssenden, bei denen ich mich erinnere woher ich sie kennen sollte, wird immer kleiner. Dies ist der Effekt einer kleinen Stadt. Man fällt leicht auf. Viele Einheimische sprechen mich darauf an, dass ich frühmorgens am Strand joggen gehe, selbst der Kehrichtmann, ein ausgesprochen hässlicher aber liebenswürdiger Mensch, will mich dort gesehen haben. Auch meine neusten Abenteuer als Motorradfahrerin werden genau beobachtet und kommentiert. In einer kleinen Stadt ist auch vieles einfacher. Gerade für uns „Mzungus“, uns Weisse. Recht schnell gilt man hier als Fachfrau, als Autorität. Bereits Studenten kriegen Jobs angeboten, von denen sie in Europa nur träumen könnten, denn gut qualifizierte Leute sind rar. Der Schnitt der geleisteten Arbeiten deshalb auch weniger gut, man misst mit den hiesigen Ellen. Und wer in Entwicklungsprojekten arbeitet, der tut dies meist freiwillig oder für wenig Geld und wenn man nicht bezahlt, dann kann man auch nicht gross fordern.

Heute habe ich drei Filme gesehen, bei denen ich hinausgelaufen bin, das Niveau ist also wechselhaft. Zwei Filme kamen aus der „Nolywood Production“, der boomenden nigerianischen Filmindustrie. Technisch nicht auf der Höhe, die Bildausschnitte zum Teil ganz gut, viel Musik und laut, das scheint zu gefallen, aber das schlimmste sind eigentlich die Storys. Ich frage mich, in welcher Art hier Drehbücher geschrieben werden, das haut einfach nicht, man kann der Handlung nicht folgen. Spannung schon, bei den Thrillern arbeiten sie ganz gut mit Bild und Ton, auch sind die Filme nicht allzu blutdürstig, ich muss kaum wegschauen, häufig zu düster oder unscharf, die Schiessereien wirken eher wie ein Spiel.

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