Sonntag, 24. Mai 2009

29. April 2009


Bereits wieder im Flughafenrestaurant von Daresalaam. Was übrigens übersetzt nicht Ort der Freiheit heisst, wie ein Freund mir einmal sagte und was ich dann blind auch nachgeplappert habe, sondern Ort des Friedens. Ort der Ruhe auch. Und könnte daher kommen, dass der Hafen sehr gut vor der Brandung geschützt ist.
Zurück zum Restaurant. Nachdem man in Dar eingecheckt hat, gibt es nicht mehr viel zu tun, ausser warten. Wie überall auf der Welt, zugegeben. Hier gab es bisher nur ein einziges Restaurant mit einer grässlichen Plastikmöblierung. Nicht dass das Konkurrenz bekommen hätte. Doch eine kleine Verbesserung. Eine neue geschmacklose Plastik-Metall Möblierung mit Kunststoff-Furnier statt reinem Plastik, und eine Glasfront, die den Raum von der Wartehalle abtrennt. Da dort die Klimaanlage chronisch nicht funktioniert. Was sie auch heute nicht tut. – Die im Restaurant arbeitende Klimaanlage plus die vielen Ventilatoren veranlassen mich jetzt allerdings, ein Kanga um meine Schultern zu schlingen, so kühl ist es.
Am Nebentisch palavern zwei Tamilen – scheint mir mindestens – man könnte sich bereits in der Schweiz fühlen. Auch viel Schweizerdeutsch, viele Entwicklungshelfer, wie ich den Gesprächen an den Nachbartischen entnehme, man kennt sich. Bier scheint hier das Standartgetränk zu sein, bevorzugt die Marke „Kilimanjaro“. Ich bestelle ein „Tusker“, denn in meinem Buch „Zanzibar chest“, wird dieses als die älteste Biermarke Ostafrikas gelobt.
Ein absolut uncharmanter Ort, der Flughafen von Daresalaam. Doch das ungewohnte Bier muntert meine Stimmung auf.
Spätestens in fünf Monaten sei ich zurück, meint Ali noch im Flughafen. Und Othman, sein Partner meint, in einem Monat solle ich wieder kommen. Es ist ein schwieriger Abschied diesmal.

Gestern nochmals in Mangwapani. Es war eine gute Idee, aufs Land hinaus zu fahren, trotz ungewissem Wetter, die letzten Tage waren nicht mehr sehr stabil. Wir besuchen Alis Familie. In Mangwapani hat es viel mehr geregnet als bei uns in der Stadt. Unter dem grünen Blätterdach, die Gegend ist sehr fruchtbar, Brotbäume, Fruchtbäume jeder Art, Manjok, Bananen, baden Hühner und Enten in den vielen Pfützen, wir lassen das Motorrad stehen und gehen die letzten Schritte durch sumpfigen Morast. Die Sonne scheint bereits wieder stechend scharf durch das Blattwerk, der Boden dampft, eine erstaunliche Schwüle, der Schweiss tropft an uns herunter. Der Halbbruder Alis, der sein primitives Gehöft gleich neben dem seiner Mutter, die mit dem vierten Mann zusammenlebt, hat, will nun auch ein Steinhaus bauen. Die Fundamente aus Korallenstein sind gelegt, Backsteinhaufen zwischen den Bäumen, Material ist da, eigentlich könnte gearbeitet werden. Der Bruder ist Schreiner und Bauer. So wie der neue Angestellte von Ali - ein ehemaliger Schulkollege – der Sohn eines Baumeisters und Schneiders war. Und so Schneider wurde und arbeitslos. Falsch, meint Ali, sei das gewesen. Baumeister hätte der werden müssen wie sein Vater. Und arbeitet nun im Lukmaan.
In den Sumpf von Mangwapani zurück. Der Halbbruder entschuldigt sich, er spricht erstaunlicherweise Englisch, „a mess“ sei es heute, das sehe ich auch. Und eine Hochzeit soll nächstens gefeiert werden, das Mädchen, das vor einem Jahr ein uneheliches Kind gebar, fand nun einen Mann. Ob das der Vater ist, weiss niemand. Sie hat nie darüber gesprochen. Und Alis Mutter hat einen Laden aufgemacht. Ein winziges Häuschen, nicht mehr als einen Quadratmeter gross, hinten eine Türe und vorne ein Fensterladen. Darin ein Sack Mehl, Zigaretten und Seife. Ali meint, so sei das Geld mindestens nicht sofort weg. Eine Reserve. Ich hinterlasse 40 Franken, die Ali verteilt, teils in Geld, teils in Naturalien. Bohnenkerne, Zucker und Mehl. Man ist zufrieden.
Wir gehen anschliessend in die nahe gelegene Mangwapani Bucht, wo das Serena Hotel ein einsames Strandrestaurant in idyllischer Lage eingerichtet hat. Es ist Flut, das Wasser wunderbar erfrischend und klar, ich geniesse mein Bad. Das Essen auf der lauschigen Terrasse zwischen den Bäumen ist zwar nicht schlecht, doch auch nichts Besonderes, ich zahle dafür mehr als 30 Franken. Mit soviel Geld lebt auf dem Land eine ganze Sippe eine Weile.

Hinter meinem Labtop-Schirm sehe ich, dass unterdessen das „Boarding“ begonnen hat, soviel läuft nicht hier im Flughafen, das muss mein Flug sein. Ich muss also abbrechen. Und frage mich, ob ich mich nun darüber aufregen soll, dass die Serviererin mir mein Wechselgeld nicht bringt. Es wäre nicht mehr viel, ich habe noch ein zweites Bier nachbestellt und bereits einmal bezahlt, und auch gut Trinkgeld gegeben. Was mich nervt ist, dass man darüber nicht froh ist, sondern sofort denkt, okay, eine Dumme, diesmal bringe ich gar kein Wechselgeld mehr. Soll ich nun reklamieren, mich aufregen? Besser einfach vergessen. „You critizize too much“, meint Ali oft. Das stimmt wohl auch. Selbst wenn er genau weiss, dass ich meist recht habe. Auch ich würde das nicht ertragen, wenn man in der Schweiz dauernd über mein Volk lästern würde. Das beleidigt. Selbst wenn ich mich überhaupt nicht als Durchschnittsschweizerin fühle. Was auch Ali in Sansibar nicht tut. Trotzdem, es tut irgendwie weh, man erträgt diese Kritik nicht. Das stimmt schon, da hat er recht. Und ist sicherlich ein weiterer Grund für Missverständnisse und –harmonie.

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