Samstag, 23. Mai 2015

Sansibar, den 17.Mai 2015




Heute fahre ich endlich nach Jambiani, um meine Krücken und weiteres Material der Krankenstation dort zu vermachen, Salum fährt mich hin. Es ist Mittag, unterwegs halten wir in einer Moschee auf dem Land für das Mittagsgebet. Genügend Zeit um Salums neues Gefährt zu fotografieren. Der schwarze Japaner Wagen hat hinten dunkel getönte Scheiben. Richtig passend. Hat doch Salum uns auf der Fahrt zum Hyatt Hotel erklärt, dass er am Vortag damit die Leiche eines Nachbarn transportiert habe. Der Wagen hat eine Hecktüre - praktisch zum einladen - die Rücksitze kann man gänzlich hinunter legen. Die übrigen hätten alle dumme Autos, kein Platz für Leichen. – Eine normale  Gefälligkeit unter Nachbarn in Afrika.

Sansibar, den 16.Mai 2015






Afrika inspiriert mich. Mit seiner Fähigkeit alles irgendwie weiter zu verwenden und jedes Problem auf irgend eine Art zu lösen. Aus den grossen Trinkwasserbehältern werden bei mir Kompostkübel. Ich sammle Sägespäne von den Schreinern, schmeisse meine Frucht-  und Gemüseabfälle darauf, und solange zementiert wurde, fand ich auch immer etwas Sand für Zwischenlagen. Erde gebe das, habe ich unseren Bauarbeitern gesagt. Sie haben mich angeschaut und gelächelt. Ich wusste was sie dachten: Diese Spinner-Mzungus, das gibt doch nie Erde. Bereits jetzt jedoch habe ich eine ganze Reihe von Limettenkeimlingen. Und irgend ein Riesengewächs mit geteilten Blättern, Suleimann sagt, das sei eine Mango. Dass es aus einem riesigen Stein hervorquillt lässt das vermuten. Die stark geteilten Blätter hingegen lassen mich doch zweifeln. Salum meint, eine „Embe za Kisungu“, eine der kleinen Mangos mit behaartem Stein, die deshalb Europäer-Mango genannt wird, sei das. Auch eine Passionsfrucht ist gekeimt. Kein Wunder. Was da wächst, das habe ich alles auch gegessen.

Übrig bleibt der Flaschenhals. Ideale Form für eine Lampe, das scheint mir offensichtlich. Ich probiere es aus und fixiere das ganze mit Hilfe eines Streifens Gummifolie, die ich voraussehend hierher gebracht habe, sie hat schon häufig gedient. Das Resultat finde ich überwältigend. Die Flasche wirkt in der Nacht als idealer Reflektor. - Ich werde solch einen Flaschenhals nach Biel bringen. Es gefällt mir, Spuren zu streuen zwischen all den Behausungen. Zeichen zu setzen, die ausser mir niemand versteht. Auch die blaue Bettdecke, die für meinen Palastraum zu finster war, wird in Biel eine neue Heimat finden.
Übrigens hat meine Lampenkreation bei unseren Handwerkern grossen Erfolg. Sie halten mich nun für eine Künstlerin. Ich verwirre sie sowieso etwas mit meinen Aktivitäten. Schwinge ich etwas den Pinsel oder Spachtel, fragen sie erstaunt, ob ich Malerin und Gipserin sei, fixiere ich ein leckes Lavabo, halten sie mich für einen Sanitär und dass ich auch noch nähe, das ist doch etwas viel. Was ich normalerweise wirklich so mache in meinem Leben, davon habe ich ihnen noch nie etwas erzählt.

Sonntag, 17. Mai 2015

Sansibar, den 14.Mai 2015




Einzig die Kätzchen stören meine Nachtruhe. Haben mich die kämpfenden und jaulenden Kater, ihre Aktivitäten haben sich in den letzten Tagen gemehrt, noch genervt, so dauern mich die vielen, von ihren Müttern verlassenen winzigen Kätzchen, die in der Nacht vor Hunger und Alleinsein kläglich jammern.  Eines war kurz unten in Erdgeschoss. Mitten in der Nacht höre ich es heute in der Ruine miauen. Ich stehe auf, und bringe ihm von dem unsäglich teuren Katzenfutter für Katzenbabies, das gleich viel kostet wie eine Mahlzeit im Lukmaan. Und stelle dann fest, dass es mindestens zwei dieser Jammerkreaturen geben muss, sehen kann ich sie zwar nicht, aber hören. Seit heute morgen jammern sie erstmals auch tagsüber. Ich sehe eines der Kätzchen kurz zwischen dem Abfall des eingestürzten Hauses und stelle wieder Futter hin.
Gestern Abend im Lukmaan, kam einer dieser Winzlinge miauend ins Restaurant. Gefährlich sah das aus zwischen Stuhlbeinen und Füssen. Ich habe das scheue Tier mit List gefangen und auf die andere Strassenseite befördert und ihm dort meine schlecht abgenagten Pouletknochen überlassen. Gierig frass es. Wo ich doch Angst hatte, das solch ein kleines Ding noch gar keine feste Nahrung vertrage.

Fadhili, der sei fett geworden hänseln die Kellner im Lukmaan. Das ist wahr, der junge Fadhili, ein Sohn eines Bruders von Salum, kam vor zwei Jahren als gertenschlanker Jüngling in den Lukmaan. Ein guter Kellner ist er in dieser Zeit nicht geworden, aber sein Gewicht ist mindestens um 20kg gestiegen. Die Hänselei scheint ihn zu stören. Fett ist also auch hier nicht mehr gut. Einer der Kellner, er ist gertenschlank, schon fast magersüchtig, sagt mir, dass er sich die Chapatis ohne Fett machen lasse und kratzt dabei auch noch den Zucker von der Oberfläche weg. Wegen der schlanken Linie, meint er.

Freitag, 15. Mai 2015

Sansibar, den 13.Mai 2015







Wir kaufen nochmals tüchtig Antiquitäten ein, wobei Antiquität hier von gestern gemacht bis gut 100-jährig bedeutet. Ich finde einen Hocker, der sicherlich noch aus der Jugendstilzeit stammt - es gibt hier Möbel aus Europa, den Arabischen Ländern und Indien, das ist ein echtes Gemisch - und ein paar hochbeinige schlanke Gestelle, die sich gut als Nachtischchen eignen. Der Küchentisch ist nicht alt, eine Kopie. Zusammen mit meinen primitiven Kuhfellstühlen vom Festland gibt das einen spannenden Mix. Für mich. Mische ich doch auch unbekümmert Stoffe für Männer mit Stoffen für Frauen und solche vom Festland mit solchen von hier. Herkunft und Bedeutung wird fallen gelassen, einzig Motive und Farben müssen stimmen.

Heute haben wir drei, Salum, seine Frau Mgeni und ich Geburtstag. Eine wahre Ansammlung von Stieren. Eigentlich erstaunlich, dass es da nicht mehr Stierkämpfe gibt.  Zusammen werden wir 141 Jahre alt. Im neuen Hyatt Hotel wird das mit einem Essen gefeiert. Luxuriös dort – aber lange nicht so schön wie bei mir. Finde ich.

Sansibar, den 10.Mai 2015







Zur Feier meines Umzuges - und auch weil mir Sharifa, die Verkäuferin in dem winzigen Laden, in dem sie Stoffbänder aller Art verkauft, von Glitzerlitzen bis zu robusten Bändern, sehr sympathisch ist – lasse ich mir von ihr Hennazeichnungen an Händen und Füssen machen. Ich habe sie für ihre sehr schönen Motive gelobt, worauf sie meinte, die mache sie selber. Am Sonntag, da arbeite sie nicht, da könne ich zu ihr nach Hause kommen. In Jangombe, einem Vorort wohne sie, ich müsse bei der Station „Mzizizi“ austeigen und nach ihrem Vater, „Mzerungue“ fragen. Salum meint, das finde ich nie und führt mich dort hinaus. Mzerungue scheint ein bekannter Mann zu sein, wir finden ihn leicht, seine Tochter belehrt mich, er sei hier der erste gewesen mit einem Auto. Chauffeur sei er und deshalb bei allen bekannt. Ich werde sehr herzlich empfangen, praktisch der ganze Haushalt, einer nach dem andern, kommt in den Raum und begrüsst mich, die Mutter, der Vater, einer der beiden Söhne und drei der fünf Töchter. Hawa, die schönste und älteste, bereits 29 Jahre alt und noch nicht verheiratet, spricht eine Weile mit mir, auch Fatima, die Schwester, die Schneiderin ist, sitzt lange und meist stumm mit uns zusammen. Es ist eine langwierige Prozedur, malen und trocknen lassen und Henna abrubbeln, das braucht rund drei Stunden. Sharifa ist 25 Jahre alt und meint, sie werde bald einmal ihren Mann finden. Nein, sie sei nicht verliebt, gesehen habe sie ihn noch nicht, das sei so ein Gefühl. Als es eindunkelt begleiten mich Sharifa und Hawa zur nahe gelegenen DalaDala-Station. Glücklich und müde fahre ich nach Hause zurück. Drei Stunden Swahili parlieren und Hände und Füsse in der richtigen Position halten - sonst verschmiert die Sache - das ist ganz schön anstrengend.