Freitag, 19. Oktober 2007

13. Oktober 2007




Eine Erdgeschosswohnung in der Mizingani Road, in den Wohnblöcken aus der DDR Zeit. Abfallhaufen rings um die Häuser, nackter Boden, von Vegetation ist wenig übrig geblieben. Wir treten direkt ins Wohnzimmer ein, und das ist erstaunlich geräumig, nimmt die ganze Tiefe des Gebäudes ein und hat so beidseits Fenster. Ein mit Spannteppichen ausgelegter Raum, einziges Möbelstück ist das Tischchen, das den laufenden TV – natürlich eine Sendung mit predigendem Muslim, diesmal in Englisch, Peace TV nennt sich das - trägt. Sonst ist der Raum gänzlich leer und sauber.
Die Haustür wird vom Hausherrn geöffnet und nach einer Weile springen hinter dem schweren Vorhang, der den Raum von der übrigen Wohnung trennt, noch vier Kinder hervor, zwei Mädchen, etwa acht, neun Jahre alt, haben erstaunlich weisse Haut, ihr Vater ist Araber erfahre ich später, der Hausherr hier nicht ihr leiblicher, eine weitere Patchworkfamilie also. Daneben leben in diesem Haushalt noch die Mutter der Frau und vorübergehend, denn sie wird im November auch heiraten, noch eine Cousine, Aisha. Und das sehr dunkle Mädchen, kaum älter als die zwei hellen, das ist die Hausangestellte, erklärt mir Ali. Später treten dann auch die Frauen ein, die Gastgeberin gibt mir Küsschen, ich erwarte das hier nicht, denn das ist ja nicht Brauch, so bin auch ich verlegen und das ganze wirkt sehr ungeschickt. Der Mann am Fernseher spricht über Jihad und Terrorismus, hätte mich eigentlich sehr interessiert, dieses Thema von einem Muslim diskutiert zu hören, doch zusammen mit den Gesprächen am Tisch wird das zuviel. Halb neun Uhr morgens, wir sind zu dem ersten Festmahl nach Ramadan eingeladen, die Männer waren um sieben Uhr in der Moschee beten, die Frauen vermutlich eifrig am kochen. Bald wird eine Hühnersuppe aufgetragen. Das Huhn selbst ist für meinen Geschmack etwas zu zäh, die Bouillon davon jedoch sehr schmackhaft. Kein Gemüse trübt die Flüssigkeit und auch der Rest dieses reichhaltigen Frühstückes lässt nicht auf Vitamine hoffen. Nebst Chapatis, sehr guten, das muss ich sagen, gibt es noch sechs verschiedene Sorten Gebäck, alles selbst gemacht, von Cakes bis staubtrockenen Güetzis, von eher salzig, über würzig, bis sehr süss. Dazu wird Gewürztee mit Milch serviert und gegessen wird alles zusammen. Das ist hier das Auffälligste: Die Leute machen keine Unterscheidung zwischen süssen und salzigen Speisen, Zucker auf Fleisch, das stört überhaupt nicht. Ich muss von allem versuchen und bin am Schluss entsprechend satt, muss aber sagen, dass das meiste wirklich sehr gut mundet, die Gastgeberin ist als gute Köchin bekannt.

Zwischendurch wird heftig an die Wohnungstüre geklopft, jemand wird hineingelassen, die üblichen langfädigen Grussformeln ausgetauscht, beim Hinausgehen drückt der Hausherr oder die Hausfrau dem Besucher diskret Geld in die Hand. Niemand wird eingeladen abzusitzen und mitzuessen, in was für einer Beziehung die Bittsteller, denn darum muss es sich handeln, zu dem Haushalt stehen, bleibt mir unklar. - Ramadan ist die Zeit, wo sich alle Muslime an ihren Glauben erinnern und Almosen geben ist darin Gebot.

Später gehen die Männer, Ali und der Hausherr sind das, hinaus und ich werde eingeladen, die Frauen und Kinder hinter den schweren Vorhang zu begleiten. In einem recht geräumigen, blau gestrichenen Zimmer stehen zwei Betten, eines davon ein doppeltes. Hier ist die Cousine daran, den zwei hellhäutigen Töchtern Festfrisürchen zu machen, geduldig und stolz sitzen sie da. Und werden anschliessend in schönst-kitschige Festroben und neue Schuhe gesteckt, die in der Hitze hier äusserst unbequem sein müssen, aber mit den weissen Kniesocken zusammen einfach dazu gehören. Alle Festtage hier, es gibt deren viele, scheinen mir vor allem für die Kinder zu sein. Die werden dann sehr sorgfältig, vor allem die Mädchen, zurecht gemacht, häufig auch noch geschminkt, und dann stolz in der Stadt herumgeführt, zu Verwandten gebracht auch, die ihnen darauf Geld zustecken. Womit sie anschliessend auf die „Chilbi“ gehen und sich Süssigkeiten und billiges Spielzeug aus China kaufen. Ich bin etwas erstaunt, dass der Junge, das älteste Kind, der mag gut 13-jährig sein, ebenfalls mit den Mädchen und uns auf dem Bett sitzt. Auch die Frauen machen sich nun schön, zeigen mir ihre reich geschmückten Unterkleider, ich bemerke, dass dies doch schade sei, man sehe das ja gar nie, sei eh später unter schwarzem Umhang und Schleier verborgen. Das sei eben so bei ihnen, meinen die Frauen, das sei nur für den Ehemann bestimmt. Auf meine Bemerkung hin, da müsste der aber häufiger zu Hause sein um dies gebührend zu geniessen, lächeln sie nur verlegen. Was mir auffällt und ich nicht erwartet hätte ist, dass auch häufig Männer hinter diesen Vorhang in die Wohnung kommen - die Frauen werfen sich dann rasch ein Tuch über den Kopf – und schwatzend zuschauen bei dieser Schmückungszeremonie, die später dann auch die Frauen selbst ergreift, wobei hier, logischerweise eigentlich, bei den Frisuren nicht derartig viel Aufwand betrieben wird.

Die Cousine ist gebildet, ihr Englisch perfekt – obwohl sie beim Essen kaum ein Wort gesagt hat, doch dass sie versteht, das habe ich ihrem Gesicht angesehen, wir haben nun ein sehr anregendes Gespräch. Wann denn die Mädchen einen Schleier zu tragen begännen, frage ich. So mit dreizehn Jahren, meint sie. Aber man sehe doch häufig sehr viel kleinere Mädchen bereits einen Schleier tragen. Ja schon, aber das sei nicht obligatorisch, das werde nur gemacht, damit sich die Mädchen gut daran gewöhnen würden, den mit dreizehn Jahren sei das eben etwas spät. Die Cousine Aisha, sie arbeitet in einem Reisebüro, und ich, versprechen, uns bald einmal wieder zu sehen.

12. Oktober 2007




In den Arabischen Ländern – das wusste man bereits gestern Abend – war gestern der letzte Fastentag, der Mond wurde also gesichtet. Hier in Sansibar bis heute Morgen keine Mitteilung, folglich also nicht, es wird weiter gefastet an diesem 30igsten und nun bestimmt letzten Tag des Fastenmonates. - Auf meinem Morgenspaziergang muss ich es bestätigen. Auch ich sehe keine noch so dünne Mondsichel.

Letztes Fastenbrechen-Mahl im Lukmaan. Wieder einmal Gelegenheit mit dem Architekten Mohamed zu sprechen. Wie er es denn damals in Paris gehalten habe, ob er da auch gefastet habe. Doch, natürlich, fasten das täten eigentlich alle, auch in Frankreich, wo sonst die islamischen Regeln betreffend Alkoholverbot und beten eigentlich wenig befolgt würden. Das gehöre einfach dazu. Und sei auch gut so. Einmal pro Jahr lebe man sehr bewusst, falle aus seinen Gewohnheiten heraus, eigentlich empfindet er das genau gleich wie ich. – Zu fasten begännen die Kinder so mit sechs Jahren, zuerst nur einen halben Tag, einen Tag vielleicht. Mohammed erinnert sich an seinen ersten halben Fastentag. Das sei furchtbar gewesen, er habe sich gänzlich schwach gefühlt. Doch später, da sei das wie ein Wettbewerb, man prahle bei seinen Kameraden, man habe vier oder fünf Tage gemacht, sei stolz darauf.

11. Oktober 2007





„Speicherkarte voll“ ist die Mitteilung, die mir meine Kamera heute Morgen in der Nähe des Marktes gibt. Irgendwie bin ich erleichtert. Oft kam ich gar nicht mehr dazu, den Spaziergang richtig zu geniessen; immer auf der Lauer. - Später dann doch wieder schade: Genau dieses Bild hätte ich machen müssen. Die sanft rosagrau, blaugrau und gelblichen Farbtöne in den Wolken. Erste Sonnenstrahlen, die vereinzelt Schiffe streifen, während der Rest des Bildes noch im Schatten ruht.

Riesige Abfallberge rings um den Markt heute Morgen, auch deutlich geschäftiger bereits als die vorderen Tage, man wartet auf den Ansturm der kaufwütigen Festwilligen. Immer noch ist nicht klar, ob nun bereits heute der letzte Fastentag sei, oder erst Morgen. Manchmal hat ein Mondmonat nämlich 29, manchmal 30 Tage. Das scheint man, wird hier gesagt, nicht im voraus berechnen zu können, das gibt eine befugte islamische Stelle bekannt: Ob die Mondsichel bereits gesichtet worden sei. Sicher bin ich, dass der Mond die letzten beiden Nächte weg war. Bis heute Abend also herrscht Unklarheit, doch ich fühle eine Art Unruhe bei den Leuten. Und in den Moscheen sehe ich noch viele Männer herumsitzen nach dem Gebet, manche höre ich singen, das war die anderen Tage nicht so. Ich habe Lust, Fotos durch die Fenster ins Innere der Moscheen zu machen, die sitzenden, teil singenden Männer. Doch getraue ich mich nicht recht, habe das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun.
Mit dem Wissen, dass eben erst des Abends klar wird, wie lange nun der Ramadan noch dauert, wird mir klar, weshalb der erste Abend danach, ein normales Fastenbrechen ist, nichts Besonderes. Erst das Frühstück am nächsten Morgen ist dann ein sehr spezielles Mahl und zum Mittagessen gibt es Biriani oder Pilaui. Und die Kinder kriegen Geschenke.

Auch ich bin heute geschäftig. Morgen kommt meine Schwester mit Familie, ich muss noch das Haus vorbereiten, ein paar Sachen einkaufen, wir haben nur noch zwei Löffel. Seit dem Besuch von Alis Verwandten vom Land, die einen Angehörigen, der von einer Kokospalme herunterfiel, im Spital besuchen wollten, ist der Rest verschwunden. Und am Nachmittag ist ein Besuch bei anderen Verwandten angesagt, die mich in die Küche des Fastenbrechens einführen sollen.
Ab vier Uhr nachmittags sitze ich in dem winzigen Hof eines Hauses in den Vororten und schaue den Frauen beim Kochen zu. Helfen, das wollen sie mich nicht lassen. Der Hof ist zugleich Badezimmer und Küche, die Stelle eben, wo es Wasser gibt. Das in diesem Quartier nicht aus der Leitung fliesst, täglich in Fässern mit Lastwagen angeliefert wird und von den Frauen eimerweise auf dem Kopf herein getragen.
Um halb sieben ist das Fastenbrechen. Kurz vorher treffen noch drei weitere Frauen ein und ein Kind. Im Raum nun - der ist dicht abgeschlossen, die Fensterläden zu, der Fernseher läuft, ein Mann predigt auf dem Bildschirm, die normale Senderwahl hier in Sansibar, mindestens momentan - richten sich zwei der Frauen gegen Mekka aus und verrichten gut eingehüllt in ihre Schleier, denn auch vor Allah ist man ja nicht nackt, ihre Gebete. Zum Glück bleibt eine Frau mit dem Baby sitzen, hat wohl ihr Gebet bereits zu Hause verrichtet, ich bin froh, komme mir sonst immer sehr deplaziert vor. Jetzt treffen auch der Hausherr und sonst noch ein Mann ein, wir sind nun sechs Frauen, vier Kinder und zwei Männer in dem engen Raum auf dem Boden sitzend. Teller Mit Chapati, Maniok in Kokosnussauce, gebratenem Fisch und Fisch in Tomaten-Gemüse-Sauce, Roten Bohnen, unerwartet mit Zimt und Zucker gewürzt. Dazu gibt es einen Ingwer Tee. Kaum fangen die Leute an zu essen, man wünscht sich keinen guten Appetit, beginnt einfach, geht das Licht aus, Stromunterbruch. Stockdunkel ist es in dem abgeschlossenen Raum. Und erstmals begreife ich den wirklichen Nutzen der Natels. Sofort haben ein paar Leute ihr Telefon ergriffen, das liegt ja immer sehr nahe, und irgendeine Taste gedrückt: bläulich-weisse Lichter erglimmen. Das scheint hier in den Vororten, wo Stromunterbrüche weit häufiger sind als im Zentrum, ein eingeübter Handgriff zu sein. Eines der Telefone hat sogar eine kleine Taschenlampe eingebaut, genug Licht, um Kerzen und Gaslaternen zu holen.
Bei uns ist der Begriff „Patchworkfamilie“ momentan sehr modern. Doch erfunden wurde die Patchworkfamilie sicherlich hier in Afrika. Selten begreife ich genau, in welchem Bezug die einzelnen Hausbewohner zueinander stehen. Und auch, wie viele genau dort wohnen und wer nur auf Besuch ist. In diesem Haus ist das zwar noch ganz einfach: Die Frau mit Baby und Kleinkind, der Mann, die ledige Schwester des Mannes, die hier wohnen bleibt bis zu ihrer, hoffentlich baldigen, wie sie antönt, Hochzeit und ein anderes kleines Mädchen, das die Tochter der Schwägerin sei, welche wiederum in einem anderen Stadtteil wohne. Der zweite Mann heute Abend könnte der Vater des Mädchens sein, mindestens begrüsst er es sehr herzlich bei seiner Ankunft. Am Nachmittag ist das Kind im Hof dumpf vor seinem Teller Bohnen gehockt, hat mit den Händen darin herumgestochert, das ganze von Fliegen umschwärmt. Ein trauriges Bild. Für das Abendessen wurde es jedoch gebadet, schön eingekleidet und spielt jetzt freudig mit den anderen zwei Mädchen.
Die Männer gehen nach dem Essen rasch wieder, wir Frauen bleiben sitzen, es wird geschwatzt und ich schliesse mich um etwa neun Uhr Abends den drei Frauen an, die ebenfalls mit den Dalla Dalla, den klapprigen Minibussen zurück in die Stadt wollen. Immer noch kein Strom, das Quartier ist finster und ich fühle mich fast etwas nackt mit meinem entblössten Kopf rund um die nun wieder tief verschleierten Frauen.

Und wieder kommt auch Groll auf gegenüber Ali. Wie kann man nur in einer solchen Religion verwurzelt sein? Meine eifrige, mir selbst auferzwungene Lektüre des Korans bringt mich dieser Religion nicht näher – ganz im Gegenteil. Immer irdischer wird mir dieser Mohammed, ein Herrscher - ob gütiger Imperator oder Diktator, das kann ich nicht beurteilen - der eine Legitimation für seine, sicherlich von ihm als eine Sendung angesehene, das will ich nicht anzweifeln, Herrschaft sucht. Anfangs zu Verteidigungskriegen gegen die Feinde seiner Religion aufruft, dann aber mit dem Erfolg immer dreister auch angreift. Und den Gläubigen, oder Untertanen, wie man das nimmt, androht, dass sie in die Hölle kommen, wenn sie nicht mithelfen im Krieg und das ganze auch finanziell unterstützen. Den gehorsamen Kämpfern hingegen werden die Paradiesgärten mit fliessendem Wasser (das war wohl in den arabischen Wüsten wirklich etwas Besonderes) und Jungfrauen in Aussicht gestellt. Der Gläubige wird belohnt, der Ungläubige bestraft, dies immer wieder, die Botschaft des Korans. - In irgendeiner Sure schreibt Mohammed, oder besser legt er in Allahs Mund, dass die Plünderung der Stadt nach dem Krieg zwar schlecht gewesen sei, weil von Allah nicht erlaubt, dann aber nachträglich von diesem bewilligt worden sei, also verziehen. Und dem Propheten , also ihm, Mohammed selbst und seinen Verwandten, den Waisen, den Armen und dem Wanderer solle ein Fünftel der Beute zukommen.

9. Oktober 2007


Wie ein Jäger auf der Pirsch. Dieses Bild scheint mir wirklich treffend für meine früh morgentlichen Fototouren. Erneut hat man eine Aufnahme verpasst, eine Einstellung, die nie Wiederkommen wird. Mindestens bei beweglichen Sachen. Ich versuche mich heute vermehrt auch mit Menschen. Aufnahmen mit Teleobjektiv haben den Nachteil - vor allem mit sehr wenig Licht - kaum einmal scharf zu werden. Und nahe heran zu gehen an die Leute ist hier schwierig, Männer und Kinder verlangen häufig Geld, weil sie glauben, dass wir mit den Fotos viel verdienen und sie nicht leer ausgehen wollen. Frauen ziehen den Schleier vors Gesicht oder bedecken dieses mit der Hand. - Ali hat wohl schon recht, wenn er meint, die Frauen hier seien mir nicht feindlich gesinnt, die seien einfach scheu. Getrauten sich deshalb ebenfalls nicht, mich anzusprechen. Ich habe das lange als Feindseligkeit empfunden. Vor allem auch, wenn ich dann feststellen musste, das sie eigentlich, vor allem die Jungen, weit besser Englisch sprechen als ich Kiswahili. – Heute Morgen gehe ich in die Offensive. Lächle ein paar Frauen an und sage „hujambo“, wie geht es dir, oder auch einfach Guten Tag. Meistens kommt eine freundliche Antwort zurück oder mindestens ein scheues Lächeln. Frühmorgens hat es wenige Leute auf der Strasse, da geht das einfacher. – Auf einer Bank im Park sitzen drei Schülerinnen, erkennbar an den schwarzen Roben und dem etwas speziellen, weissen Schleier. Ich spreche sie an und frage, ob ich sie fotografieren dürfe. Ziemlich spontan bejahen sie. Und sind dann auf den Fotos trotzdem gehemmt. Doch eigentlich ist das bei uns dasselbe; wenn die Leute wissen, das sie fotografiert werden, geht viel verloren.
Ich perfektioniere meine Arbeit mit dieser Kamera weiter. Ein technischer Nachteil – ich muss im hellsten Himmel oben andrücken, damit die Belichtung möglichst dunkel wird, und dann langsam loslassen auf meinem Sujet, bis mir das Licht gefällt – erweist sich als nützlich. Viele Leute verwirrt dies, sie merken gar nicht, was ich schlussendlich fotografieren will. Bedingt allerdings, dass ich den Bildausschnitt bereits vorher genau ausgewählt habe, denn diesen zu verändern, ist nun nicht mehr möglich. - Leider alles andere, als eine spontane Angelegenheit. Kommt dazu, dass ich nun die Brille, die ich für die Fernsicht unbedingt brauche, zum fotografieren abnehmen muss, sonst kann ich auf dem Display nicht beurteilen, ob das Bild scharf ist.

Die Gerüche. Jeden Morgen, wenn ich um halb sechs Uhr aus dem Haus trete, bin ich überwältigt, von dem süssen Duft verschiedenster Blüten, viel stärker, als jemals tagsüber. Die meisten Blumen hier scheinen von nachtaktiven Tieren bestäubt zu werden. - Oder ist es einfach mein Riechorgan, das am Morgen sensibler ist? Ebenfalls die üblen Kanalisationsgerüche mancherorts scheinen mir jetzt viel intensiver.

Auch heute wieder bin ich überrascht, von dem wahnsinnig raschen Einbruch des Tageslichtes. Und auch etwas frustriert, ich würde diese Momente gerne etwas länger geniessen. Zum Glück habe ich herausgefunden, wie man Dämmerlicht mit der Kamera mit Hilfe der Beleuchtung auch später noch „herstellen“ kann. Dabei hilft mir, dass die Lichter häufig erst ausgeschaltet werden, wenn sie schon lange nicht mehr benötigt werden.

Die vier letzten Tage des Ramadan sind besonders streng. Am 21., 23., 25., 27. oder 29., da habe Allah den Koran übermittelt, ihn uns geschenkt - wobei dieser dann nicht als Ganzes auf die Erde gekommen sei, sondern nur portionenweise, nämlich durch die Offenbahrungen des Engel Gabriels an Mohammed - einer dieser Tage sei nun dieser ganz Spezielle, aber man wisse eben nicht welcher. Mohammed habe nur gesagt, ein ungerader Tag im letzten Drittel der Fastenzeit. Wer nun am richtigen Datum die ganze Nacht intensiv Allah preise, dem werde dies gleich angerechnet wie 1000 Monate gute Taten, also etwa 81 Lebensjahre voller Guthaben. Erzählt mir Ali. Weshalb auch er diese Tage besonders streng lebt.
Sintflutartige Regenfälle seit heute Mittag. Ich stelle fest, dass man selbst die heftigen Sommergewitter, die wir in letzter Zeit auch in der Schweiz hatten, niemals damit vergleichen kann. Doch kein Blitz und Donner, hier legen sich meist warme Schichten über etwas noch wärmere, keine riesigen Temperaturunterschiede.
Die Wolkenbrüche kommen in kurzen Sequenzen, dauern vielleicht 20 Minuten lang, dann bleibt es eine Weile ruhig. Ich denke, nun sei es vorbei und getraue mich hinaus, um dann beim Markt oben, von einem heftigen Guss überrascht zu werden. Zwar habe ich einen Regenschirm, doch auch mit diesem bin ich innert kürzester Zeit tropfnass und das wadentief fliessende Wasser in den Gassen zwingt mich, wie viele anderen, unter einem Dach Zuflucht zu nehmen. Beim Warten kommen dann so die Gedanken: Sintflut, Sündflut, hört denn Allah all diese Gebete nicht, die des Nachts von der Insel zu ihm heraufdringen? – Doch es ist eben an ihm, zu strafen oder zu belohnen, für diese Welt wird uns keine ausgleichende Gerechtigkeit versprochen, auch schlechte Menschen können es sich hier gut gehen lassen. Erst in der nächsten Welt, da wird Gerechtigkeit herrschen, die Guten ins Paradies, die Schlechten ins Höllenfeuer. Wie denn sonst, könnte man all die Ungerechtigkeit auf dieser Erde erklären?

Dienstag, 9. Oktober 2007

8. Oktober 2007




Erneut ein Chaostraum. Ich will mit drei Freundinnen (wem eigentlich?) ein Wochenende verreisen. Die Abfahrtszeit des Zuges rückt heran, doch ich schaffe es einfach nicht, meinen Koffer zu packen, finde meine Sachen nicht, stelle fest, dass ich zwei dicke Pullover eingepackt, jedoch kein Leibchen, reisse wieder alles aus dem Koffer, fange von vorne an, flehe die Freundinnen an mir zu helfen,......... und erwache schliesslich wie aus einem Albtraum. – Wo ich doch in meinem richtigen Leben ein sehr gut organisierter, ordentlicher Mensch bin. Und das Zuspätkommen. Fürchten tue ich mich schon davor. Zug und Flugzeug stressen mich, exakte Abfahrtszeiten machen mich nervös - meist bin ich dann aber viel zu früh vor Ort.

Vor Mitternacht Musik, Lachen, Fernsehgeräusche, die Leute scheinen während dem Ramadan nicht zu ruhen. Nach Mitternacht immer irgendwo Gesang, Gebete - der andere Teil der Bevölkerung. Auch Ali steht um 1 Uhr auf, liest im Koran oder anderen religiösen Schriften, betet, isst dann mit mir die letzte Mahlzeit, dann nochmals ein Gebet – und geht schlafen. – Das finde ich schade, gerade jetzt, wo der Tag erwacht. Was auch der junge Mann, der mich heute langsam joggend den Strand entlang begleitet, findet. Er stehe um drei Uhr auf, bete eine Stunde, lese eine Stunde im Koran, esse etwas, dann komme er an den Strand zum Joggen und um halb acht Uhr sei er dann in seinem Büro. Nach der Arbeit, sie hört jetzt um zwei Uhr auf, gehe er dann schlafen bis am Abend. Er warnt mich davor, hier am Strand mit meiner Kamera unterwegs zu sein. Er habe lange Zeit im Riffhotel am Ende des kilometerlangen Strandes - inzwischen heisst es anders, hat zweimal den Besitzer gewechselt - gearbeitet. Und dort leider ein paar Mal erleben müssen, wie Touristen beraubt, und manchmal auch von Schnittwunden verletzt, zurückgekommen seien. Gerade gegen das Ende des Ramadans würden die Leute viel Geld brauchen, das sei eine besonders gefährliche Zeit. - Er hat wohl recht, ich bin zum ersten Mal alleine an diesem Strand. So bin ich froh, den Weg zusammen mit ihm zu gehen, er joggt langsam, es ist Ramadan, da sei es nicht gut stark zu schwitzen, ich mit langen Schritten ausgreifend. Wir führen ein interessantes Gespräch, er arbeitet jetzt auf dem Finanzministerium. Beklagt sich aber trotzdem über die immense Korruption der Regierenden. Das sei leider überall in Afrika so, warum? Josephine, meine Lehrerin hat mich dies auch schon gefragt. Ich treffe an diesem Strand meist sehr gebildete Leute, die gut Englisch sprechen. Selbst das Bedürfnis nach Sport hat wohl etwas mit Bildung zu tun.
Ein Traumfetzen, als ich mich gegen 10 Uhr morgens zum Schlafen hinlegte. Meine Schwester Babs und ich im Meer. Doch wir schwimmen da nicht - was mich nicht zu erstaunen scheint – wir schreiten auf dem Wasser, indem wir bis zu halber Wadentiefe darin versinken. Plötzlich jedoch bemerke ich, dass das Meer unheimlich schmutzig-trübe wird, man sieht keinen Grund mehr, ich bekomme Angst und wache auf.

Die Öffnungszeiten der Läden sind während dem Ramadan noch unberechenbarer als sonst. Das Internet beim Markt ist auch normalerweise nur jedes zweite Mal, wenn ich vorbei gehe, geöffnet, dafür ist der Inder nur halb so teuer wie die Touristenplätze. Während dem Ramadan, verspricht mir der Angestellte, sei der Laden von 10 Uhr morgens bis 4 Uhr nachmittags geöffnet. Es sei denn – natürlich – es sei nicht gerade Gebetszeit, da sei auch geschlossen.
Mit der Änderung der Gewohnheiten, kein Essen und Trinken tagsüber, sehr früh aufstehen, auch durch den Tag hindurch immer mal wieder eine halbe Stunde sich hinlegen ohne Regel, werden einem viele Gewohnheiten erst richtig bewusst. Beispielsweise habe ich immer nach dem Aufwachen das Bedürfnis nach einem Kaffee oder einem heissen Tee. Aufstehen ohne, ist deshalb merkwürdig. – Mir gefällt das Herausfallen aus dem gewohnten Rhythmus. Schon früher waren die Morgen nach einer durchzechten Nacht immer etwas ganz besonderes – weil selten. Schön aber auch, festzustellen, dass eben alles gar nicht so notwendig ist, wie man meint. Dass es recht gut auch ohne geht.

7. Oktober 2007




„Bi Hawa“, Frau Eva, höre ich hinter mir rufen, als ich im Hafengelände die letzten Fotos meines Frühmorgenrundganges schiesse. Moddy (hier heisst jeder zweite so; eigentlich Mohammed), Student und ein ehemaliger Kellner im Lukmaan, begrüsst mich. Er ist ein Paket in den Hafen bringen gekommen, das nun jemand, der nach Daresalaam fährt, mitnimmt und dort einem seiner Verwandten oder Freunde übergibt. Das ist die Art, wie hier der Transport von Gütern abgewickelt wird. Man hilft sich.
Moddy also, begleitet mich ein gutes Stück durch die Altstadt Richtung Shangani, meinem Wohnquartier, denn wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Doch vielleicht auch, weil es für ihn merkwürdig ist, weil es sich nicht geziemt, dass eine Frau frühmorgens alleine unterwegs ist.

Immer besser gelingt es mir, die automatische Belichtung meiner Videokamera, mit der ich momentan fotografiere, zu beeinflussen. Sie scheint mir lichtempfindlicher, als die digitale Kamera, es gelingen mir, selbst bei geringer Helligkeit, gute Bilder. Diese Dämmerungsbilder faszinieren mich, letzte Lichter noch in den Häusern, Leuchtreklamen, und bereits das erste Tageslicht, im Himmel oft noch blass die jetzt bereits magere Mondsichel. - Die Leute hier müssen sich bei ihrem Anblick freuen: Ramadanende ist bei Neumond.
In der Morgendämmerung treffe ich in der Strasse vor allem Männer. Und finde es ganz angenehm, dass ich die nicht begrüssen muss. Ja, gar nicht darf, es sei denn, sie grüssen zuerst. Mir ist das recht, das ist eh immer eine schwierige Sache, wen man nun grüssen soll und wen nicht, auch bin ich oft nicht sicher, wen ich kennen müsste. So ist die Sache klar: Wenn ich begrüsst werde, grüsse ich zurück. - Mit Frauen ist es schon schwieriger, da wäre es genau so recht, wenn ich zuerst grüssen würde. Doch ist dieses Problem für mich nebensächlich, denn ich kenne sehr viel weniger Frauen hier als Männer.
Frühmorgens, stelle ich fest, ist es einfacher, Leute zu fotografieren. Sie erwarten das nicht, kaum Touristen, sind meist geschäftig irgendwohin unterwegs. Tagsüber strafen mich - gerade auch Frauen - mit einem unsäglich bösen Blick, bereits wenn sie nur meine Kamera sehen.

Letzte Nacht wieder ein sehr merkwürdiger Traum. Ich habe die Aufgabe, mit meiner Videokamera eine Filmproduktion zu begleiten, die Dreharbeiten eines Filmes zu dokumentieren. Das Auffällige im Traum ist, dass ich meine vielen Sachen dauernd irgendwo verlege, nicht mehr finde. Ein unheimliches Chaos veranstalte ich an diesem Drehort. Und bin deshalb auch überall zu spät. Als ich ein Interview zwischen einem Mann, der Claudia Stübi – da bin ich mir ganz sicher; übrigens ist sie honigsüss zu mir – und einem Talkmaster aufnehmen soll beispielsweise, bin ich mit einem Zug in der falschen Richtung unterwegs. Irgendwie zurück am Drehort, sehe ich, dass ich einen Koffer mit Filmmaterial auf dem Dach eines Nachbarhauses liegen habe. Ich will den herunterholen, bevor es Nacht wird, versuche, daran heran zu kommen, doch das gelingt mir nicht, ich kann nicht hinaufklettern. Muss aufgeben - das Interview. Als ich dort ankomme, hat der Talkmaster eben gerade das Gespräch mit einem Schlusswort beendet. Ich wache auf.

4.Oktober 2007






Das Fastenbrechen-Mahl im Lukmaan besteht aus traditionellen, aber nicht besonders reichhaltigen Speisen, Kichererbsen, etwas wie ein Rollgerstenbrei mit einer Hackfleischsauce, der oft noch überzuckert wird, grüne Bananen in Sauce, die ich deutlich weniger schmackhaft finde als die süssen Bananen in Kokosnusssauce, die man üblicherweise im Lukmaan essen kann. Überhaupt finde ich das Essen fade, schlecht gewürzt. Doch wen wundert das, ich könnte auch keinen Topf voll Essen kochen, ohne das ganze zu kosten. Nach diesem Essen gehen die Männer nochmals in die Moschee zum letzten Gebet. Viele gar für ein langes Gebet, das gut 1 Stunde dauert und eigentlich ein Aneinanderfügen mehrerer Gebetssessionen ist, keine Predigt. Danach, etwa um neun Uhr abends, bringt Ali mir Katlesi, gebratene Kartoffelstock-Fischrollen nach Hause, auch Früchte essen wir. Nach kurzem Schlaf wird die letzte Essenszeit am Morgen zwischen vier und fünf Uhr eingenommen. Gerade aufgewacht, schaffe ich es kaum, etwas in meinen Magen zu bringen. Süsser Gewürztee natürlich, Früchte wieder, Jogurt oder Müsli, der Ali hauptsächlich Brot und den Schweizer Käse, den ich mitgebracht habe. Datteln werden auch immer aufgestellt, die gelten als besonders gute Speise während dem Ramadan. Sicherlich weil diese im Lande Mohammeds, in den Arabischen Ländern, eine wichtige Rolle spielen.

Halb sechs Uhr früh, genau die richtige Zeit, um den Tag anbrechen zu sehen. Finster, noch wenige Leute draussen, doch die eifrig schwatzenden Vögel verraten den nahenden Tagesanbruch. Wenige - die hellsten wohl - Sterne noch am Himmel, erste Lichtspuren am östlichen Rand. Und dann geht es sehr rasch, plötzlich ist voller Tag. - Man spricht immer von den kurzen Sonnenuntergängen in den Tropen. Ich finde die kurze Morgendämmerung viel eindrücklicher. Die Stadt ist bis sieben Uhr wenig belebt. Katzen und arme Leute stöbern im Abfall der letzten Nacht, Frauen wischen die engen Gassen, Männer fahren mit Handwagen herum und laden den Abfall auf. Eigentlich unverständlich, dass trotzdem alles Ödland, überall wo Häuser eingestürzt sind, mit Abfall überhäuft wird, die Abfuhr funktioniert ja eigentlich.
Ich bin mit dem Fotoapparat unterwegs und sehe so viele Bilder – und bin dann immer enttäuscht, wie wenig meine Kamera sieht. All die feinen Kontraste gehen verloren. In den Forodhani Gardens umschwärmen mich merkwürdige schneeweisse Punkte. Erst habe ich das Gefühl, dies seien weissflockige Samen irgendwelcher Pflanzen. Bis ich dann feststelle, dass mich das Weiss verfolgt. Und gleichzeitig auch, dass es Insekten sind. Offensichtlich harmlose, sie stechen mich nicht, scheinen mich aus Neugier zu umschwärmen.

Dritter Fastentag. Heute bin ich sehr müde, könnte den ganzen Tag lang schlafen und fühle mich auch etwas schwindlig. Döse oft vor mich hin, in einem Zustand zwischen echten und Tagträumen. Ein Alptraum schreckt mich auf. Ich lebe zusammen mit Leuten – ich kenne sie nicht oder kann mich nicht erinnern - einzig ein Paar bleibt mir gut verhaftet. Hässliche junge Leute, doch sie haben eine gute, zärtliche Beziehung. Irgendetwas mit Kleider waschen, der Traum hat Lücken. Plötzlich stelle ich fest, dass ein Erdbeben losgeht, warum weiss ich leider nicht mehr, das Bild ist weg, doch das erwähnte Paar ist im Treppenhaus, es ist eine Kirche, obwohl sie überhaupt nicht so aussieht und wir dort wohnen, doch im Traum weiss man solches einfach. Genauso wie eine Person, ein Ort Bekannte sind, obwohl ihr Aussehen einen Lüge straft. Die beiden also sind durch das Treppenhaus in den Keller hinunter gegangen um etwas mit ihrer Wäsche zu machen und ich muss sie warnen. Sobald ich jedoch hinein gehe, kippt das ganze Gebäude weg (fällt merkwürdigerweise nicht in sich zusammen) und ich weiss, dass ich nun sterben werde – und erwache. Was soll ich von diesem Traum halten? Ali würde sicher sagen, dass Allah mir ein Zeichen gegeben habe, das ich einfach nicht sehen und akzeptieren wolle. Ich hingegen denke, das mich das Lesen des Korans mit all seinen Drohungen an die Ungläubigen, viele hitzige Diskussionen auch, ganz einfach beschäftigen – und deshalb in meinen Träumen weiter verfolgen.

Sonntag, 7. Oktober 2007

3, Oktober 2007



Meinen ersten Ramadan-Fastentag habe ich bereits überstanden. Wie es war? Eigentlich viel weniger schwierig als ich gedacht habe. Hunger verspürte ich kaum, nicht einmal Gelüste, was mich etwas erstaunt hat. Vielleicht auch, weil es hier tagsüber kaum Essensgerüche gibt. Selbst die Touristen-Restaurants servieren momentan nur drinnen, man nimmt Rücksicht. Den einzigen Geruch, an den ich mich erinnere, ist der Geruch von frischem Popcorn. Der kleine Lebensmittelladen hier im Quartier hat nun auch so eine Maschine angeschafft und tagsüber wird Popcorn produziert und in Säcklein abgepackt. Auf der Strasse hat es Händler, die Getränke, Nüsse und Früchte verkaufen, doch denke ich, dass die aus Gewohnheit dort sitzen, ein grosses Geschäft ist das jetzt kaum tagsüber.
Der Hunger war also kein Problem. Auch die Lust auf Zigaretten eigentlich kaum. Der Durst schon eher und da war ich nicht ganz strikt. Den Mund darf man nämlich mit Wasser spülen, doch sollte man das nachher ausspucken. Was ich nicht gemacht habe. Wenn mein Mund trocken war, dann habe ich eben mit Wasser gespült und dann runter geschluckt. Allerdings auch dies sehr bewusst.
Das auffälligste am Tag: Er war sehr lang, obwohl ich heute erst spät aufgestanden bin, bin immer noch müde von der Reise und dem Klimawechsel. Der Morgen scheint mir unheimlich weit weg und damit natürlich auch bereits wieder mein Leben in der Schweiz. Essen und Trinken sind eben schon Pausen im Tagesgeschehen, wenn das wegfällt, bleibt viel mehr Zeit. Zwar leben die Leute jetzt schon etwas langsamer als sonst, doch bin ich erstaunt, wie viele eben trotzdem auf der Strasse sind. Wie viele auch auf dem Bau arbeiten, das muss ja eindeutig das Schlimmste sein, Bauarbeit ist hier körperlich sehr hart. Zum Glück ist es momentan gar nicht so heiss. Oder bin ich mir die Hitze bereits derart gut gewohnt?

Der Sinn des Ramadans. Da höre ich Verschiedenes. Ali sieht das Ganze vor allem als Übung der Disziplin, als Unterwerfung unter Allahs Gesetze wohl auch. Nützlich auch, um unser Bewusstsein dafür zu stärken, wie es den Leuten zumute ist, die nicht genug zum Essen und Trinken haben. - Othmani, Alis Partner, hat etwas andere Erklärungen. Ramadan sei etwas, wie eine verordnete Ruhezeit für Körper und Geist. Für Alkoholiker und Raucher eine gute Gelegenheit, ihre schlechten Sitten abzulegen, denn viele würden nach diesem Monat dann gar nicht wieder anfangen. Den Dicken helfe die Fastenzeit abzuspecken. - Gleichzeitig eine Übung, vorzusorgen. Denn eigentlich sollte man im Ramadan nicht arbeiten müssen, für einen Monat im voraus genügend Geld beiseite gelegt haben. Nur sei das eben lange nicht allen Leuten hier möglich, weshalb so viele trotzdem arbeiteten. Den Reichen wiederum, die sich gut einen Monat ohne Arbeit durchbringen könnten, denen solle es die Augen öffnen für die Armen, die selbst jetzt schuften müssten.

Am Abend um halb sieben, wenn die Sonne im Meer versinkt und der Muezzin zum Gebet ruft, ist „Breaking Time“, Fastenbrechen. Ich gehe in den „Lukmaan“ und stelle fest, dass er voller hungriger, eifrig essender Männer ist. Kaum Frauen. Es müssen alles Junggesellen sein, denn normalerweise, so sagt man mir, werde das Fastenbrechen im Familienkreis durchgeführt. Da alleinstehende, geschiedene oder verwitwete Frauen hier bei den Eltern bleiben oder in der Familie eines Bruders oder sonstigen Verwandten, machen Frauen das Fastenbrechen im Familienkreis. Und dass der „Lukmaan“ offen sei, das sei ein Geschenk an all die alleinstehenden Männer, sehr wenige einheimische Restaurants sind während dem Ramadan geöffnet. Bei meinem Gang durch die Gassen, ist es überall fast unheimlich ruhig. Verschlossene Eingangstüren, doch Licht drinnen, man will offensichtlich ungestört essen. Kaum Leute auf der Strasse, Othmani findet, Touristen sollten da nicht in der Stadt flanieren, denn was noch draussen sei, das seien düstere Gestalten. – Wobei das Leben dann von neun bis elf Uhr nachts nochmals loslegt. Alle Läden offen, vor allem auch die Kleiderläden, denn zum Fest am Ende des Ramadans erwarten alle Familienmitglieder neue Kleider und die müssen jetzt gekauft werden. Das sei etwas wie Weihnachten bei uns, meint Othmani.

Ich wollte eigentlich zum Fastenbrechen in die Forodhani Gardens gehen, dem Sonnenuntergang zuschauen und dann einen frischen Kokosnusssaft trinken. Unterwegs aber stosse ich auf Moddy. Der lässt etwas geniert eine Dose Orangina hinter seinem Rücken verschwinden. Zum Fastenbrechen meint er, noch nicht geöffnet. Ich gehe dann mit ihm sein neues Boot am Strand anschauen, das eben gerade mit Touristen von einer „Sunset-Segeltour“ zurückkehrt. Er habe die „Sandra“ gut verkaufen können und für etwas mehr Geld nun ein neues Boot gekauft. Doch, es ist schön, das neue Boot, und ich bin glücklich, dass Moddy es offensichtlich nun ohne meine Hilfe schafft.

Was man beim „Lukmaan“ leider noch immer nicht sagen kann. Eine neue Überraschung: Othmani hat nun doch seine vielen Reiswarmhaltekocher gekauft, neue Gestelle bauen lassen und präsentiert die Speisen nun so. Für mich sieht dies kantinemässig aus, jedoch muss ich zugeben, dass nun, während den Ramadan-Stosszeiten, wo alle gleichzeitig essen wollen, dieses System - die Speisen müssen nicht mehr in der Küche gewärmt werden - seinen Vorteil hat. Nur gibt es im Rest des Jahres ja kaum solche Stosszeiten und eine Person in der Küche, da habe ich mich erkundigt, wurde so auch nicht eingespart.
Auch der Moddy hat häufig an seinem Boot herumgebastelt, abändern lassen, investiert. Zum Beispiel die scheusslichen Plastiksessel aus irgend einem abgetakelten Restaurant, die er als Sitze hat installieren lassen. Zum Glück brachen die innert kürzester Zeit auseinander. Viele Fehlinvestitionen also ebenfalls. Auch bei Moddy der dauernde Drang, zu verändern, in der Hoffnung, oder im Glauben, zu verbessern. Und dennoch scheint Moddys Geschäft nun zu stehen.

Von der grossen Nachlässigkeit der Leute hier. Beim Zwischenhalt in Nairobi schaue ich zu, wie aus unserem Flugzeug kleine Container ausgeladen werden. Offensichtlich wurden hierfür unlängst neuste Technologien angeschafft. Ein Wagen mit allseitig drehbaren Rollen auf der Ladefläche, der das Einordnen der Waren erleichtern soll. Der Typ in dem Gabelstapler schmeisst einen ersten Container darauf, dann gleich den zweiten nach, ohne zu schauen, ob sich der erste gut eingeordnet habe. Was der nicht hat, er hat sich quergestelt. Und nun beginnt das grosse Gemurkse. Mir tun die nicht sehr stabil aussehenden Flugzeugcontainer leid. - Oder der Pilot, der mich von Daresalaam nach Sansibar fliegt. Ein Afrikaner, eine Seltenheit, der grösste Teil der Piloten sind europäische Abenteurer, die hier einen – kaum gut bezahlten - aber eben noch spannenden Job finden mit den kleinen Fliegern. Der Pilot also kommt im letzten Moment, lässt sich vom Bodenpersonal die Türe öffnen und die Leiter bereitstellen. Kein Testen der Motoren. In der Warteschlaufe zum Abflug – das sehe ich ganz genau, denn ich sitze direkt hinter ihm – beginnt er bereits den Sportteil seiner Zeitung zu lesen. Schliesst zwischendurch auf, wenn es weitergeht, liest wieder. Während dem Flug, sobald wir über dem Meer sind, beginnt er irgendwelchen Papierkram auszufüllen, sieht überhaupt die ganze Zeit gänzlich unkonzentriert aus. Dass er am Schluss dann aber erstaunlich elegant landet, muss ich zugeben. Trotzdem, diese Haltung beginnt mich zu nerven. Von gleicher Mentalität ist auch die Tatsache, dass die Quaimauern, die nun wirklich repariert werden müssten, weil in höchstem Grade Einsturz gefährdet, dies nicht nur nicht gemacht werden; selbst eine Absperrung fehlt, die Passanten vor einem möglichen Unfall bewahren könnte.

2. Oktober 2007


Ich schlafe sehr gut in Daresalaam. Obwohl ich häufig aufwache, die Fenster sind offen, die Geräusche nah. Hunde, Katzen, Zikaden und am Morgen Vögel. Auch das Telefon in der Lobby gleich hinter meinem Zimmer höre ich. Leute, die mitten in der Nacht laut zusammen schwatzen. Und erstmals fallen mir die Flugzeuge auf, die im Landeflug sehr nahe von hier vorbei fliegen müssen, doch es sind nur deren drei bisher. Immer wieder also wache ich auf. Und schlafe gleich wieder ein, viele Träume, eine bewegte Nacht. Erst als um halb neun Uhr morgens heftiger Wind durchs Zimmer streicht und dicke Regentropfen fallen, entschliesse ich mich, endgültig aufzuwachen. Es ist schon seit langer Zeit Tag hier und mein Taxichauffeur bittet mich per SMS, ihn anzurufen. Mein Flug sei um halb eins. Ankunft in Sansibar nach dem Mittagsgebet.
Inzwischen habe ich in dem wundervoll bewachsenen Garten voller exotischer Gerüche gefrühstückt, bin am Tisch gesessen und musste mich plötzlich aufraffen, noch zu schreiben. Bereits jetzt scheint es mir wieder möglich, einfach dazusitzen, den sanften Bewegungen der vielen, meist grossen und mannigfaltig geschnittenen Blätter und hängenden Blüten zuzuschauen. Den Raben auch, hier Kunguru genannt, mit tiefschwarzer Maske, Schnabel und Flügeln, der Hals ist erstaunlich blass gefärbt. Einfach so. Ohne zu wollen.

Trotz Verständigungsschwierigkeiten – seit drei Tagen (ausgerechnet!) funktionieren hier in Sansibar die SMS nicht mehr - stehen Ali und der Othmani pünktlich am Flughafen. Unser Haus ist sauber aufgeräumt, Böden und teilweise auch Wände neu gestrichen, die Farbe hält ja hier derartig schlecht......, den Pflanzen geht es nicht schlecht, haben mich wohl doch etwas vermisst, und der Kater ist grösser und auch etwas bhäbiger geworden.

Ich mache einen ersten Rundgang in der Stadt. Um diese Zeit war ich eigentlich selten unterwegs, vier Uhr nachmittags, Siestazeit, meist war ich da zu Hause am Kühlen. Heute jedoch treibt es mich hinaus, viele Wolken, es weht ein kühlender Wind, nur die Helligkeit habe ich unterschätzt, ich muss die Augen zusammenkneifen. Zuerst an die Strandpromenade. War wohl ein grösserer Sturm hier während meiner Abwesenheit? An manchen Orten sind die Quaimauern, unterspült bereits, weiter in sich zusammengebrochen. - Oder ganz normaler, fortschreitender Zerfall? Zerfall eben, wie er passiert, wenn man sich nicht um die Sachen kümmert. Es ist Ebbe, ich wandere über den Sand dem Strand entlang. Eine Abwasserleitung, die das Kanalisationswasser weit ins Meer hinaus führen sollte, scheint ebenfalls geborsten zu sein, es riecht unangenehm. Und dies gleich neben dem Fünfstern Hotel „Serena“. Auch die Forodhani Gardens sehen in meinen Augen - noch wenig belebt, keine Händler - besonders jämmerlich aus. Das Gras ist trocken gebrannt und dass die Tische und Stühle, grob zusammen gezimmert und schon längstens faul, am Abend noch Gäste tragen werden ist schwer zu glauben.
Beim „Blue“ dem ersten und legendärsten Touristen-Restaurant Sansibars – vor dem Park auf Stelzen ins Meer hinaus gebaut, die frühere Anlegestelle des Sultans – wird etwas gewerkelt, einige Ziegel ausgewechselt. Seit Jahren schon ist das Restaurant still gelegt. Steuerprobleme mit den Behörden, heisst es. Dafür hat ein Araber etwas weiter vorne im Park mit grossen Mitteln ein Gartenkaffe neu eingerichtet. Gutes, italienischens Gebräu gibt es dort – allerdings für die Einheimischen viel zu teuer. Ich setze meinen Spaziergang im Inneren der Altstadt fort, in den engen, beschatteten Gassen. Viele Leute begrüssen mich. Einige, wie eine alte Bekannte. Vorsichtshalber antworte ich ebenfalls freundlich. Obwohl ich lange nicht immer weiss, ob es sich nur um einen Verkäufer handelt, der mir irgendeinmal etwas verkauft hat, oder eben um jemanden, den ich kennen sollte. Doch, es ist ein schönes Gefühl, das die Leute einen nicht vergessen haben.

1.Oktober 2007


1. Oktober 2007

Ein wundervoller Flug über die Alpen, die Bergspitzen sind vom Neuschnee zugezuckert, ich sehe alles ganz klar und versuche, die Orientierung zu behalten. Dann ein Nebelmeer, einzelne Berggipfel ragen mit ihren Kreten wie krakelige Figuren aus dem weissen Schaum. An Bierschaum denke ich beim Anblick des Nebels. Und es dünkt mich, darunter müsse man ersticken. Ich verliere dann doch die Orientierung. Auf der rechten Seite nun eine Küstenlinie, ich nehme an, es sei Jugoslawien und bin erstaunt, dass die Reise derartig weit gegen Osten geht. Bis ich in den „Flight Informations“ feststelle, dass wir den italienischen Stiefel hinunter fliegen, der Thyrenischen Küste entlang. Stark verbaute Küstenebenen, dazwischen gefurchte Hügel, Wald, wo Steilkanten. Unverständlichen Schriftzeichen gleich die Muster, die diese Waldstreifen in die Landschaft zeichnen. Manchmal auch höhere Berge, die bewaldeten Gipfel sind braun gefärbt, die Kreten meist nackt. Das Ganze erinnert mich an einen von Schaben zernagten Pelz mit abgeschabten Kanten. - Über dem tiefblauen Meer nun. Merkwürdig matt ist die Farbe, kein Glitzern. Ab und zu zerfurchen Schiffe das Blau, eine kurze weisse Spur bleibt stehen. Schäfchenwolken in Zeilen oder Grüppchen über der Tiefe, die Küstenlinie ist tropisch türkisblau gefärbt. Land wieder, Messina, Erosionstäler graben sich tief in den ausgedörrten Boden, ein bewaldeter toter Vulkankegel - vorher, erinnere ich mich jetzt - mit kleinem See in der Mitte. Noch früher, in den Alpen, faszinieren mich die trotzig aufragenden, senkrecht gestellten geologischen Schichten, von der Witterung zerfresse Zahnreihen.

Mittagessen über dem Mittelmeer. Mein Sitznachbar, ein riesiger Kenianer, zwischen den Sitzen erbärmlich eingeklemmt, trinkt drei Fläschchen australischen Rotwein. Er ist in weisses Hemd, Anzug, Gilet und Kravatte gekleidet. Auch seine Tischmanieren sagen mir, dass es sich um einen wohlhabenden Afrikaner handeln muss. Das Pouletgschnätzlets mit Safranreis und gedämpften Karotten ist erstaunlich schmackhaft. – In der Sicherheitskontrolle in Zürich haben sie beim Röntgen meines Handgepäckes die sieben Äpfel gesehen, die ich für den Ali eingepackt habe. Das Eckige sei wahrscheinlich Käse, meint die Kontrolleuse. Es ist. Ganz offensichtlich kein Problem Schweizer Landwirtschaftsprodukte auszuführen.
Als die Küste des afrikanischen Kontinentes auftauchen sollte, bleibt unter uns alles milchig-beige, eine dichte Wolkenschicht hat sich unter das Flugzeug geschoben. Nach einer kurzen Siesta scheint mir keine Veränderung eingetreten zu sein. Doch dann stelle ich fest, dass das Blassbeige sich gegen oben kontinuierlich in Blassblau verwandelt und darüber sogar in ein intensives Blau. Und – mit der Brille sehe ich es ganz genau – die dunklen Flecken unten im Beige sind Felsinseln, die beige Fläche von einer akkurat gezogenen Strasse durchschnitten. - Mein Nachbar schläft immer noch und wird immer breiter. - Rötliche und weisse Schlieren unten in der Wüste. In den Flight Informations auf dem Bildschirm stelle ich fest, dass sich das Flugzeug nun der Grenze zwischen Lybien, Ägypten und dem Sudan nähert. Distanz bis zum Ziel 3120km, in New York ist es jetzt auch Tag geworden, Durchschnittsgeschwindigkeit 913 km/h, Aussentemperatur -49 Grad Celsius.
Die Tibesti-Mountains rechts unten. In der Tiefe sehe ich eine Art riesigen Krater mit weichen Rändern. Hellere Linien ziehen, parallel zueinander liegend, Richtung Süd-Westen durch den Sand. Dünen wohl? Kreisförmige schwarze Flecken übersähen das Beige wie Pickel. Merkwürdigerweise scheinen es mehr denn Erhebungen Vertiefungen, von einem Schattenhof umgeben. Zwischen den Darfur Mountains und Addis Abbeba im Osten sehe ich im Sand unten merkwürdige Strukturen, sie scheinen mir nicht natürlich zu sein. Wie eine riesige Wunde, ein Schlitz, von groben, unregelmässigen Stichen zugenäht. Als ob hier ein Riesenpflug am Werk gewesen wäre. Etwas später dann glänzende Rechtecke, ich deute sie als Wasserflächen, erste unregelmässig-eckige Strukturen in hellem Beige, zerstreut oder in kleinen Gruppen auf dem dunkelbraunbeigen Grund, es muss sich um Felder handeln. Dunklere Punkte. Bäume wohl? - Doch noch nirgendwo zeigt sich die Farbe Grün. Kleine Wasserflächen funkeln nun herauf, ausgetrocknete Flussläufe. Pisten zerschneiden das Land. Keine scharfen Ränder, gebündelte Spuren nur. – Und plötzlich zweifle ich über die Bedeutung des Gesehenen. Darfur Mountains. Könnten die schwarzen Löcher auch Bombenkrater gewesen sein? Und dann die merkwürdige „Wunde“ im Sand?

Ein Schwarzer in Rasta-Locken tänzelt im Gang herum. Auch ihm scheint der Rotwein zu munden. „Kunywa“, trink, ruft er einem Landsmann zu. Breite Riesenarme in dunklerem Farbton tauchen am Boden auf. Beim Überfliegen funkeln gewundene Bänder darin auf, Schlangen gleich. Ein Sumpfgebiet? Die Luft wird nun milchig. Fasten Seat Belts. Auf 11'500 m Höhe mitten im Nebel, eigentlich in einer Wolke, wird das Flugzeug heftig geschüttelt. Als ob in den dichten Wolken Masse wäre, an der sich der schlanke Flugzeugleib reibt. Dann plötzlich aus der Wolke hinaus ins grelle Sonnenlicht, abenteuerlich hohe Wolkentürme ragen zu uns herauf. Ungewohnt schneeweiss von der Sonne beschienen über dem in Dunkelheit liegenden Land. Erstmals seit Stunden sehe ich unten ein helles, kräftiges Grün, eine dicke, dicht gewundene Schlange in der Landschaft. Das beigebraune Würmlein mitten drin muss der Flusslauf sein. Dicht bewaldetes, zerfurchtes Hügelland später.
Ich stelle fest, dass viele Afrikaner im Flugzeug gewaltige Mengen Rotwein trinken. Gratis eben bei der „Swiss“, da muss man profitieren, die genieren sich nicht wie wir, nach dem zweiten Fläschen nochmals nach Alkohol zu fragen. Der tanzende Rasta-Typ beginnt nun die Schweizer zu beschimpfen. Rassisten, doch die Frauen seien gut, schön. Die Stewardessen bleiben erstaunlich gelassen, bringen weiterhin Alkohol, geschmeichelt wohl auch von den Komplimenten. - Und lassen dann trotzdem bei der Landung die Polizei kommen, weil sich der Typ weigert, abzusitzen und sich anzuschnallen bei der Landung. Hier sei er bei sich, das sei sein Land. Hier habe er das Sagen. - Trotzdem, die Polizei hätte ich nicht gerufen. Da müsste ich schon mehr Vertrauen in deren Gerechtigkeit haben.
Mein gut gekleideter Nachbar steigt auch in Nairobi aus. Zieht noch eine Flasche Rotwein aus dem Flugzeugsitz und verstaut sie in seinem Rucksack. Ein Geschenk der „Swiss“ eben.